UMWELTBILDUNG UND PÄDAGOGIK
Da das Streicheln von Tieren keiner vollumfänglichen Annäherung mit den Lebewesen und deren Haltungsgründen entspricht, ist die Aufgabe der Vermittlung von Wertschätzung der Kleinviehhaltung sicherlich ein wichtiger Bestandteil der Umweltbildung. Das Verständnis von Nahrungskreisläufen und der Lebensläufe der einzelnen Tiere schafft ein solides Wissen über die Entstehung unserer Nahrung.
Auch hier ist die reine Fokussierung auf die Erzeugung von Nahrung unzureichend. Denn die Vermittlung der Schlachtung schafft immer großen Gesprächsbedarf und es wird oft so enden, dass man selbst zwar nicht schlachten möchte, jedoch fertige Würstchen und Braten sehr gerne isst. Wenn die Umweltbildung eindimensional bleibt und nur dem Zweck folgt, dass aus einem Küken später Frikassee wird, dann ist das sicherlich einer der wichtigsten zentralen Gedanken der Tierhaltung, bildet aber keinesfalls ein stabiles Gerüst der Umweltbildung.
Die Zuneigung für ihre Tiere dürfen junge und alte Menschen gleichermaßen zeigen. Sie zeugt von Empathie und Respekt.
Die Heranführung an Tiere zeigt den Kreislauf des Lebens, aber auch die Einbettung in Systeme: von der Natur, der biologischen Vielfalt, bis hin zum Verantwortungsbewusstsein und zu langfristigen Tier-Mensch-Beziehungen. Durch die gemeinschaftliche Haltung wird auch das Miteinander geregelt, denn ohne strenge Vorschriften und Verlässlichkeit ist das Tierwohl schnell in Gefahr.
Neben dem Erlernen der Tierbiografien ist auch für den Menschen einiges Positives dabei. Aspekte aus der Gesundheitsförderung und tiergestützten Therapie werden ganz schnell unbewusst aufgegriffen. Schon das Beobachten einer Hühnerschar oder das Streicheln von Kaninchen fördert in großem Maße die positiven Wirkungen auf die Menschen. In allen Bereichen nützt das selbstverständliche Vorhandensein von Tieren. Regelhaftigkeiten werden geschult. Respekt für und vor den tierischen Mitbewohnern. Verantwortungsbewusstsein und das Gefühl der Wichtigkeit gehen mit der Tierhaltung einher. Aber selbst die stillen Dinge dürfen nicht vergessen werden. Eine Sitzbank in der Nähe des Geheges oder sogar auf der Weide sorgt für eine große Nähe zu den Tieren. Schafe und Hühner hören sich jedes Gespräch an und auch Schweine kennen kein Verplappern, wenn man ihnen von Sorgen und Freuden des Lebens berichtet.
Die frühkindliche Prägung bleibt lange erhalten. In blauer Latzhose nähert sich einer der Autoren hier erstmals den Hühnern an, während der andere Autor ihn dabei fotografiert.
TIERGESTÜTZTE THERAPIE
Viel zu selten werden die heimischen Nutztiere, und vor allem das Kleinvieh, in der tiergestützten Therapie eingesetzt. Während Delfine und Pferde die Vorstellung dieser Therapieform prägen, scheinen die kleineren Nutztiere nicht beachtet zu werden. Dabei sind die Vorteile kleiner Nutztiere ganz erheblich. Auf einem Biolandbauernhof, auf welchem Menschen mit geistiger Behinderung arbeiten, spielen Lamas eine ganz besondere Rolle. Diese Tiere haben ihren Kopf auf Augenhöhe der Menschen und schauen nicht wie die Pferde neutral und scheinbar abwesend zur Seite, sondern sind im Leben mancher Menschen die ersten Bezugspersonen, die den direkten Augenkontakt suchen und ihn auch ertragen. Es ist für diese Menschen Gold wert, dass die Lamas nicht die gleichen Unterscheidungen machen wie wir Menschen. Es ist ihnen schlicht egal, ob der Pfleger sabbert oder ein wenig schief schaut. Was den Besuchern und Fremden entweder die Scheu ins Gesicht treibt oder zu einem unverminderten Abwenden führt, kompensieren die Lamas damit, dass sie einfach auch hin und wieder sabbern. Augenhöhe und standhafter Blickkontakt zeichnen Lamas aus. Eine wunderbare Eigenschaft für Therapietiere.
Schafe, Ziegen, Schweine, aber auch Hühner und Gänse haben jeweils hervorragende Eigenschaften, um in der tiergestützten Therapie genutzt zu werden. Die tiergestützte Therapie ist ein vielfältiges Feld. Die Ziele sind so unterschiedlich, wie das Angebot und die Nachfrage. Von der reinen Aktivität mit Tieren bis hin zu einem zielorientierten Ansatz ist alles möglich. Es kommt auf die Qualifikation des Anbieters und die Bedürfnisse des Patienten an.
Hahn und Lämmchen auf dem Strohbett. Ein vorzüglich eingestreuter Platz. Für das Wohl der Tiere ist gesorgt.
Schweine lassen sich durch ihr großes Bedürfnis am „Suchen“ und „Wühlen“ gut begleiten und letztendlich gezielt motivieren – was den Klienten ebenfalls motiviert. Schafe sind passiv und nicht fordernd und bieten so Wärme und haptische Erlebnisse. Hühner sind neugierig und lassen sich gut anfüttern, wobei das Aufschlagen der Flügel und der Fluchtreflex große Ruhe und Beharrlichkeit bei den Patienten fordern. Der Schnabel schult Vorsicht und Mut und die Zerbrechlichkeit eines Kükens die Zärtlichkeit. Esel erfordern Aufmerksamkeit und Respekt und sind zugleich starke Partner. Neben den einzelnen Tierarten spielen auch die generellen Erfahrungen im Hofumfeld eine große Rolle: Vom Füttern über das Misten bis hin zum Einrichten eines neuen Freigeheges mit gemeinsamem Umzug der Tiere.
Patentrezepte zur Nutzung von Kleinvieh in der Therapie gibt es nicht. Eine menschennahe Aufzucht ist nötig, da die Tiere sonst scheu sind. Tiere sind keine Menschen und verhalten sich anders, das heißt, eine Vermenschlichung kann zu Unfällen führen und setzt geschultes Personal voraus. Beachtet man alle möglichen Aspekte einer Tier-Mensch-Therapiebeziehung so können sehr wertvolle Erfahrungen und Bindungen entstehen.
DER HERD IST DAS ZIEL: MILCH, FLEISCH, EIER
Zierpflanzen und Nutzpflanzen sind die groben Unterscheidungsmerkmale im Gartenbau. Bei Tieren ist das recht ähnlich. Dennoch gibt es von den wenigsten Arten reine „Zierrassen“. Zierrassen sind Tierrassen, die vor allem auf optische Merkmale gezüchtet wurden. Der weit größere Teil und eben auch die Zierrassen enden irgendwann auf dem Teller. So ist jedenfalls der ursprüngliche Ansatz.
Durch das Halten von Tieren wird die „ökologische Nische“ oder das Nahrungsspektrum des Menschen erweitert. Nahrungsressourcen werden durch die Tiere für den Menschen zugänglich, die ihm sonst verschlossen bleiben. So wandelt ein Karpfen algiges und nährstoffreiches Wasser in Speisefisch um. Ein Pferd, eine Ziege, ein Schaf verwandeln Gras in Kraft, Fleisch, Pelz, Leder und Milch. Schweine und Hühner veredeln Speisereste, ungenießbare Knollen und kleine Samen in Fleisch und Eier.
Dieser Schritt der Veredelung von für den Menschen Unnutzbarem ist die einzigartige Chance der Tierhaltung. Es ist zugleich auch das stärkste Argument gegen die Veganisierung der Ernährung, die industriell und künstlich ist. Die klimagerechte Bewirtschaftung des Grünlands (Weiden und Wiesen) und der Wälder, die Aufwertung von Ungenießbarem und die Nutzung nachhaltiger Kreisläufe sind unverzichtbare Bestandteile einer klimaschützenden und biodiversitätsfördernden Ernährung. Somit ist der Herd ein nachhaltiges Ziel der Kleinviehhaltung.
Zwei Blickwinkel prägen unsere Beziehung zum Kleinvieh. Optisch bereichert es jeden Blick aufs Land. Auch ein kulinarischer Blick lohnt sich: Ein duftender Gänsebraten, frischer Schafskäse und ein feines Schnitzel erfreuen Leib und Seele.
Die Isolationswirkung von Wolle zeigt der Schnee, der auf dem lebenden Schaf liegen bleibt.
TIERISCHE „NONFOOD“-PRODUKTE
Tierische Nonfood-Produkte können unterschiedlich