Szene aus dem Café Jäger. In den einschlägigen Cafés und Clubs kam man sich näher.
© Werner Kohn
Bamberger Jazzer der ersten Stunde zu Gast im Three Top Club der Warner Barracks (v.l.): Günther Kunz (Drums), Tex Döring (Piano), Otto Herzog (Bass), Willi Daubitz (Altsaxophon).
© Alfred Bärtl
Freiheit hinter Stacheldraht
Von den eigentlich einflussreichen Brutstätten der Jazz-Szene nahm indes kaum ein Bürger Notiz. Wie auch? Denn diese Clubs waren für die meisten Menschen so weit weg wie Amerika. Besser: Sie waren Klein-Amerika in der Stadt, auf dem Areal der US-Kaserne gelegen und folglich für die Bamberger Bevölkerung gesperrt. Glücklich, wer hinein durfte. Die täglichen Konzerte boten deutschen Musikern die Gelegenheit, für gutes Geld zu spielen. Wer dort auftrat, konnte zugleich auch Kontakte knüpfen, Noten ergattern und dem amerikanischen Lebensstil frönen, zum Beispiel Torten, Hamburger und dreifarbiges Eis genießen. Für den Bamberger Tex Döring markierte der erste Auftritt 1958 bei den Amerikanern den Beginn einer langen Karriere als ambitionierter Jazz-Pianist. Ähnlich wie der Trompeter Otto Herzog, eine weitere Schlüsselfigur der frühen Jahre, brannte er bereits seit dem Kriegsende für die amerikanische Musik, war er schon in verschiedenen Richtungen musikalisch aktiv, hatte Schallplatten abgehört und nachgespielt.
Das Eisen musste nur noch geschmiedet werden, hierfür waren die Ami-Clubs genau der richtige Ort. Otto Herzog bestätigt, dass er dort das Improvisieren gelernt habe. Das A und O sei die Amiclub-Zeit gewesen, ergänzt Tex Döring. Gespielt wurde im Offiziersclub, zu einem Drink nach dem Essen, als „Chill-Down“, im Ballroom, wo 50 bis 60 Menschen, zum Teil in hocheleganten Ausgehuniformen, die Frauen in Petticoats, das Tanzbein schwangen, im „Three Top Club“, wo die Getränke billig und der Sound zur Unterhaltung der Soldaten kommerzieller sein mussten, und schließlich in der Bar, wo der Tag mit Cocktail-Musik zur Neige ging.
Die Beschäftigung in den amerikanischen NCO-, Officer’s und EM-Clubs (NCO = Non Commissioned Officers, EM = Enlisted Men) schuf die Voraussetzungen für eine eigene künstlerisch motivierte Jazz-Szene, die sich parallel zu Schlagern, Rock and Roll und Beat entwickelte. Albert Mangelsdorff, Hugo Strasser und Klaus Doldinger, um nur einige Recken zu nennen, hatten ihr Handwerk ebenfalls in den Kasernen gelernt. In Bamberg hießen die einschlägigen Bands Remi Dixielanders und Modern Jazz Group. Gelegenheitsjobs waren ihre Masche: Engagements in den Ami-Clubs, Bälle für Verbindungen, Tanzabende, Hochzeitspartys usw. Die Musiker kamen aus der Stadt und aus dem Umland, reisten als Jazz-Fans umher und steckten Freunde mit ihrer Begeisterung an. Und – endlich! – Anfang der 1960er Jahre war die Zeit reif für das erste öffentliche Jazz-Konzert mit einheimischen Musikern.
Pariser Existenzialistenkeller – im Bild: Caveau de la Huchette im Viertel St. Germain – waren Vorbild für viele andere Jazzkeller. Ein europäisches Phänomen: Man feierte Jazz als Kunstmusik und verehrte afroamerikanische Musiker als Stars. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit überall.
© Davis Distel / Caveau de la Huchette
Tanzkapelle im Bamberger Keller La Paloma, Luitpoldstraße, anno 1950. Damals waren Unterhaltungsmusiker noch schick gekleidet.
© Max Gardill / Stadtarchiv Bamberg D 2020+1047-1-7
Hochzeit für ein Jahr – Der Triumphzug des ersten Bamberger Jazzclubs
Der Triumphzug des ersten Bamberger Jazzclubs
„Im Anfang war der Club und der Club war der Anfang.“ Mit diesen geflügelten Worten leitet der Zeitzeuge Tex Döring die Erinnerungen seines ersten Jazzfoto-albums ein. Meinte Tex Döring auch speziell den Ami-Club und seinen ersten öffentlichen Auftritt, lässt die Formulierung doch eine erweiterte Deutung zu. Wo die Amerikaner waren, war der Jazz und von der eigenen kleinen Jazz-Szene in der Stadt war es nur noch ein Schritt zum ersten Bamberger Jazzclub.
Im Wilde Rose Keller, Keßlerstraße.
© Werner Kohn
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