Forschungswerkstatt Geschichtsdidaktik 17. Monika Waldis. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Monika Waldis
Издательство: Bookwire
Серия: Geschichtsdidaktik heute
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783035517088
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Auswertung ergibt, dass die an analogen Schulbüchern gewonnene Einteilung auch in Bezug auf die neue Generation digital angelegter, kompetenzorientierter Lehr- und Lernmedien ihre grundsätzliche Gültigkeit bewahrt, dass die als konstitutiv für die Typen angenommenen Aspekte aber recht deutlich modifiziert werden müssen.

      Die Einteilung der Lehrkräfte in Gruppen erfolgte induktiv, aufgrund der vorgenommenen Codierung und maßgeblich von den Äußerungen über kompetenzorientierte und digitale Unterrichtsaspekte ausgehend. Die gemeinsamen Merkmale der Angehörigen der jeweiligen Gruppe wurden anschließend ausdifferenziert.

      Bevor die die Typenzuordnung bestimmenden Faktoren vorgestellt werden, sollen einige überraschende, typenübergreifende Ergebnisse der Codierung berichtet werden.

      Anders als erwartet, sprachen nicht nur Lehrkräfte, die die »mBook«-Nutzung ablehnten, sondern 18 der 21 Interviewpartner über technische Probleme (Internet- und Serverprobleme oder Funktionsausfall einzelner Tablets). Funktionierende Technik ist also, wiewohl als Grundlage des Einsatzes digitaler Lehrmittel zweifellos bedeutsam, kein entscheidendes Kriterium für die Zugehörigkeit zu einem der Nutzertypen.

      Auch die Vorannahme, junge Lehrkräfte würden das »mBook« besonders intensiv nutzen, wurde nicht bestätigt. Als Indikator für Berufserfahrung gilt langjährige Unterrichtstätigkeit und eine Ausbildung im Fach Geschichte. Lehrkräfte, die kein Lehramt Geschichte studiert haben, und/oder solche mit weniger als vier Jahren Berufserfahrung werden als »unerfahren« codiert. Zwei Lehrkräfte mit mehrjähriger Berufspraxis sind deshalb als unerfahren eingestuft. Mit Blick auf die Nutzertypen zeigt sich: Die Berufserfahrung scheint für die selektive Nutzung keine Rolle zu spielen; die Gruppe teilt sich gleichmäßig auf. Berufserfahrene Lehrkräfte dominieren dagegen die Vollnutzer-Kategorie, während unerfahrene Lehrkräfte oft, d. h. in vier von sechs Fällen, als ablehnende Nutzer auftreten.

      3.1Die »mBook«-Nutzertypen

      Der erste Typ, der in Anlehnung an Gautschi weiterhin als Vollnutzer bezeichnet wird, lässt sich, bezogen auf die Selbstaussagen der Lehrkräfte, durch folgende Gemeinsamkeiten bestimmen:

      1.Der Vollnutzer nutzt das »mBook« digital, lässt also die Schülerinnen und Schüler entweder per PC oder Tablet arbeiten. Er befürwortet die Ausrichtung des Unterrichts hin zur Kompetenzorientierung und sieht in den Möglichkeiten der Multimedialität/Digitalität einen Gewinn für den Unterricht. Dieser Typ zeichnet sich durch Schülerzentrierung aus, und es wird ein differenzierter Unterricht angestrebt. Im Bereich der Kompetenzorientierung thematisiert der Vollnutzer die Förderung verschiedener Kompetenzen, wobei er neben historischer Sach- und Methodenkompetenz auch die komplexeren Kompetenzbereiche der historischen Orientierungs- und Fragekompetenz beachtet. Er zieht für seinen Unterricht die Autoreninterviews des »mBook« heran und zeigt sich notfalls flexibel genug, auch bei technischen Problemen noch unter Verwendung des »mBook« zu unterrichten. Vier Lehrkräfte werden diesem Typ zugerechnet.

      Die Codes »Befürwortung der Kompetenzorientierung«, »digitaler Einsatz des ›mBook‹«, »Multimedialität als Gewinn für den Unterricht«, »Orientierungskompetenz« und »schülerzentrierter Unterricht« oder »differenzierter Unterricht« sind in ihrer Kombination die distinktiven Codes des Vollnutzer-Typs. Zudem finden die Codes »Kritisch gegenüber Digitalität«, »Keine Nutzung der Autoreninterviews« und das Erreichen von »Wissen« als maßgebliches Unterrichtsziel bei keinem der Vollnutzer Verwendung. Die beiden Lehrkräfte dieses Typs, die sich zur Nutzung der Autoreninterviews äußern, geben beide an, diese im Unterricht mit der Klasse zu verwenden. »Fragekompetenz« wird ausschließlich von Lehrkräften dieses Typs thematisiert, ebenso wie differenzierter Unterricht. Die insgesamt positive Einstellung zur Kompetenzorientierung als entscheidender Faktor für die Nutzungsintensität des »mBook« zeigt sich anhand des folgenden grafischen Vergleichs der Codeverteilung auf die einzelnen Nutzertypen (vgl. Abbildungen 1 bis 3):

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      Abbildung 1: Einstellung zur Kompetenzorientierung der Vollnutzer

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      Abbildung 2: Einstellung zur Kompetenzorientierung der selektiven Nutzer

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      Abbildung 3: Einstellung zur Kompetenzorientierung der ablehnenden Nutzer

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      Abbildung 4: Anzahl der Lehrkräfte des jeweiligen Nutzertyps, die Multimedialität als Gewinn für den Unterricht betrachten

      Der selektive Nutzertyp definiert sich durch ein reduziertes Auftreten der Vollnutzer-Codes. Sechs der elf Nutzer befürworten sowohl Multimedialität/Digitalität als auch Kompetenzorientierung. Sie thematisieren Kompetenzorientierung allerdings vorrangig im Bereich der historischen Sach- und Methodenkompetenz. Dazu kommt, dass die als selektive Nutzer klassifizierten Lehrkräfte die digitalen Bestandteile des »mBook« zwar nutzen, jedoch nicht unbedingt die einzelnen Schülerinnen und Schüler mit den Tablets arbeiten lassen, sondern auf die Präsentation durch den Beamer ausweichen. Lehrkräfte dieses Typs setzen sich also mit den Möglichkeiten kompetenzorientierter und multimedial-digitaler Lehr-Lern-Mittel auseinander, insgesamt haben sie jedoch noch keinen gesicherten Zugang dazu gefunden, digitales und kompetenzorientiertes Lernen und Lehren systematisch zu verknüpfen. Ein Beispiel hierfür ist die Heterogenität der Gruppe in Bezug auf die Nutzung der Autoreninterviews: Zwei selektive Nutzer geben an, die Autoreninterviews in ihren Schulklassen zu verwenden, zwei weitere nutzen sie nicht. Alle fünf Lehrkräfte, die die Interviews zwar selbst ansehen, jedoch nicht mit ihren Schülerinnen und Schülern nutzen, gehören zu dieser Kategorie. Diese auffällige Heterogenität in den Selbstauskünften der Lehrkräfte dieses Typs tritt auch an anderen Stellen auf.

      Tendenziell könnte sich eine weitere Unterteilung dieses Nutzertyps danach anbieten, dass einmal Kompetenzorientierung, das andere Mal die Verwendung digitaler Medien stärker dem Vollnutzer ähneln, aber nicht kombiniert auftreten. In Bezug auf das vorliegende Sample wurde darauf aber wegen mangelnder Eindeutigkeit verzichtet. Generell definiert sich der selektive Nutzertyp wie folgt:

      2.Der selektive Nutzer ist Digitalität und Kompetenzorientierung gegenüber aufgeschlossen und nutzt das »mBook« auch im Unterricht. Jedoch findet bei ihm keine intensive Auseinandersetzung mit den Anforderungen und Möglichkeiten von Digitalität und Kompetenzorientierung statt, was die Rolle des »mBook« im Unterricht limitiert. Eine Aufteilung in zwei Nutzertypen wäre hier aufgrund der Heterogenität der Selbstauskünfte denkbar, wobei dann entweder Kompetenzorientierung oder die Verwendung von Digitalität im Unterricht stärker ausgeprägt wären.

      Dem ablehnenden Nutzertyp können sechs Lehrkräfte zugeordnet werden. Sie zeichnen sich in erster Linie durch eine Abwesenheit der im Codepool des Vollnutzers gesammelten Merkmale aus, von denen sie jeweils maximal zwei ansprechen. Zwei der drei kritischen Äußerungen gegenüber Digitalität stammen von Lehrkräften dieses Typs. Wie bereits oben angesprochen, fallen die Lehrkräfte dieses Typs auch durch ihre negative bzw. indifferente Haltung gegenüber Kompetenzorientierung auf. Vier der sechs Lehrkräfte erwähnen keinen der spezifischen Kompetenzbereiche. Ein weiteres Indiz ist die Schwierigkeit mit dem Kompetenzbegriff, die zwei der sechs Lehrkräfte ansprechen. Zudem sieht die Hälfte der ablehnenden Nutzer »Wissen« als maßgebliches Ziel des Geschichtsunterrichts. Zusammenfassend lässt sich feststellen:

      3.Der ablehnende Nutzer lehnt die Nutzung von Digitalität im Unterricht weitestgehend ab, auch wenn er vielleicht einzelne Vorteile in multimedialen Unterrichtsmedien sieht. Die Kompetenzorientierung wird von Lehrkräften dieses Typs negativ betrachtet, teilweise aufgrund von Schwierigkeiten mit den Kompetenzbegriffen, aber auch aufgrund eines von ihnen vermuteten Widerspruchs zwischen »Wissen« und »Kompetenz«, was ihrer Meinung nach zu zu geringen Fachkenntnissen führt.

      Zusammengefasst,