Eva Reichl
Mühlviertler Kreuz
Kriminalroman
Zum Buch
Hochzeit mit Folgen Auf der Burgruine Reichenstein wird ausgelassen Hochzeit gefeiert. Am nächsten Morgen hängt die Braut tot in den Bäumen unterhalb der Ruine. Für die Inspektoren Oskar Stern und Mara Grünbrecht vom LKA Linz ist rasch klar, dass das Opfer über die Mauer der Hochburg gestoßen wurde. Bald rücken die Familienmitglieder der Brautleute ins Visier der Ermittler, da sie etwas zu verbergen scheinen. Als dann auch noch eine Überweisung in Höhe von 5 Millionen Euro auftaucht und bekannt wird, dass der Sänger der Hochzeitsband der Braut näher kam als üblich, ist klar, dass das keine normale Hochzeit war. Doch wer profitiert von dem Geld? Und wer vom Tod der Braut? Und wer ist der Unbekannte, der auf der Feier immer wieder mit der Braut getanzt hat und seither wie vom Erdboden verschluckt ist? Die Ermittler gehen auf Täterjagd ins Mühlviertel. Dabei macht einer von ihnen einen bedeutsamen Fehler, den er teuer bezahlen muss.
Eva Reichl wurde in Kirchdorf an der Krems in Oberösterreich geboren und zog bereits als Kleinkind mit ihrer Familie ins Mühlviertel, wo sie bis heute lebt. Neben ihrer Beschäftigung als Controllerin schreibt sie überwiegend Kriminalromane und Kindergeschichten. Mit ihrer Mühlviertler-Krimiserie verwandelt sie ihre Heimat, das wunderschöne Mühlviertel, in einen Tatort getreu dem Motto: Warum in die Ferne schweifen, wenn das Böse liegt so nah.
Impressum
Personen und Handlung sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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© 2021 – Gmeiner-Verlag GmbH
Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
Telefon 0 75 75 / 20 95 - 0
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Katja Ernst
Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Fotos von: © Lisa Reichl
ISBN 978-3-8392-6960-2
Widmung
Für Franz, meinen Ehemann
1. KAPITEL
Die Hochzeit auf der Burgruine Reichenstein im Mühlviertel war in vollem Gange. Marion Balduin tanzte ausgelassen mit Albert Freiherr, ihrem Zubräutigam. Hin und wieder erhaschte sie in dem unbeschwerten Treiben die Blicke ihres frisch angetrauten Ehemannes. Sie vermochte nicht zu sagen, ob er eifersüchtig war, bereits heute am Tag ihrer Hochzeit. Aber eigentlich interessierte sie es nicht. Sie wollte Spaß haben und ausgelassen feiern, wenn sie schon einen Mann heiraten musste, den sie aus freien Stücken niemals genommen hätte. Fabian Hallsteiner.
Er war nicht Marions Typ. Sie bevorzugte ältere, reifere Männer, die wussten, was sie wollten. Fabian hingegen war lieb und nett, ein Träumer. Und er spähte zu ihr herüber. Beobachtete sie bei allem, was sie tat, und strich sich die blonden Haare zurück, die seitlich kurz geschnitten und oben etwas länger waren. Stumm forderte er sie heraus.
Sie reckte das Kinn, zog Alberts Kopf zu sich herab und küsste ihn. Mit Zunge. Leidenschaftlich. Er machte mit, schien den Kuss zu genießen, erwiderte ihn und drückte sie an sich, bis sie seine Erregung spürte. Dann löste sie sich von ihm und drehte sich ausgelassen im Kreis. Sie wusste, dass die Aufmerksamkeit aller Hochzeitsgäste ihr galt, lachte und verlangte nach einem Glas Wein. Jemand reichte es ihr und Albert führte sie von der Tanzfläche.
Doch sie wollte nicht aufhören. Sie wollte tanzen!
Sie ließ Albert stehen und eilte zurück auf die Fläche im Burghof, wo sich die Menschen ausgelassen im Rhythmus der Musik bewegten. Jeder von ihnen war froh, endlich wieder gemeinsam feiern zu können, denn während der Hochblüte der Corona-Pandemie war eine so große Hochzeit nicht möglich gewesen.
Gleich neben dem Eingang in die Burgkapelle hatte sich auf einer Bühne die Band positioniert. Canticum Lupi war eine Mittelalterrockband, passend zum Ambiente der Burg, von deren Gemäuer nur noch Teile erhalten waren. Dennoch konnte man sich gut in das Leben zur damaligen Zeit hineinversetzen – oder zumindest in eine moderne Vorstellung davon. Bestimmt hatten einst die tapferen Ritter mit ihren Frauen desgleichen hier gefeiert, wenn sie einen blutigen Sieg errungen hatten. Hatten Tische und Bänke aufgestellt und diese mit Speis und Trank beladen, bis sie zum Bersten voll gewesen waren. Dies war zumindest die romantische Idee davon, und so ähnlich fand es heute auch tatsächlich statt. Geld spielte keine Rolle, Marions Schwiegervater hatte keine Kosten gescheut, die Feier zu einem rauschenden Fest werden zu lassen, denn so mancher der Anwesenden hatte mit dem heutigen Tag wie die Ritter zur damaligen Zeit erreicht, was er wollte.
Die Klänge des Dudelsackes und des Schlagzeuges peitschten Marion hoch und ließen sie dieses Gefühl eines Sieges spüren. Jemand nahm ihre Hand, drehte sie im Kreis, fing sie auf, lachte. Es war ein junger Mann mit strahlenden blauen Augen.
Der Dudelsackspieler von Canticum Lupi vollführte auf der Bühne eine Glanzleistung in dieser sternenklaren Mainacht, unterstützt von der Stimme des Sängers, der ein Lied über Krieg und Frieden zum Besten gab.
Marion verschüttete ihren Wein und sah in die blauen Augen, die sie zu vergöttern schienen. Nur für diese eine Nacht wollte sie seine Königin sein. Nur dieses eine Mal war er ihr blauäugiger Ritter. Danach würde sie sich in die Rolle der Ehefrau fügen und verrotten, wie all die anderen Ehefrauen auch, wenn man den Geschichten derer, die längst verheiratet waren, Glauben schenken durfte. Den Geschichten ihrer Tanten und Cousinen. Der Geschichte ihrer Mutter.
Doch Marion hatte Pläne, Ziele, Visionen, die sie nicht zu begraben gedachte. Sie würde durch die Ehe wachsen, hoffte sie, und sich all das nehmen, was ihr durch den Kopf flatterte wie Schmetterlinge, weil es bislang unausgegorene Ideen waren. Diese Schmetterlinge würden sich zur gegebenen Zeit auf einer Blüte niederlassen. So lange musste sie warten. Dann aber würde sie ihre frisch erhaltene Fessel wieder ablegen.
Der Blauäugige packte Marion an der Taille und zog sie an sich. Sie warf das Glas in die tanzende Menge und konzentrierte sich auf den Unbekannten, auf seine Hände, auf sein Lächeln, und fragte sich, wer ihn eingeladen hatte? Zu ihrer Verwandtschaft gehörte er nicht, auch nicht zu der entferntesten, das wusste sie. Diese Augen und dieser Mund wären ihr bestimmt im Gedächtnis geblieben, hätte sie beides schon mal gesehen.
Vielleicht war er Fabians Cousin? In diesem Fall würde sie den Fremden jetzt öfter sehen, dachte sie und lachte wieder.
Die Musik wurde langsamer. Marion passte ihre Bewegungen dem Takt an. In der Menge suchte sie nach ihrem Ehemann in der Annahme, er würde sie eifersüchtig beobachten. Doch wider