Unser Vater im Himmel,
offenbare, wer du bist!3
Als ich diese Übersetzung in The Message las, war mein erster Gedanke: Die Übersetzung kann nicht stimmen, sie kann nicht korrekt sein. Das war so anders als in anderen Übersetzungen. Ich konnte keine Ähnlichkeit zwischen „dein Name werde geheiligt“ und „offenbare, wer du bist“ sehen. Ich habe dann nachgeschlagen, wo in der Bibel von seinem heiligen Namen die Rede ist. Nach nur kurzer Zeit stieß ich auf Hesekiel 36. Dort spricht Gott geradezu überdeutlich von seinem heiligen Namen. Wir finden folgende Situation vor: Israel ist in der Verbannung und über die Nationen zerstreut. Obwohl sie ihr Land verlassen haben, hat Gott sie nicht verlassen. Er gebraucht den Propheten Hesekiel, um sein Wort zu seinem Volk zu sprechen. In Hesekiel 36 geht es unter anderem um den Weg und die Taten Israels, als sie noch in ihrem Land wohnten. Gott benutzt hier einen Vergleich, über den ich erstmal in Ruhe nachdenken musste.
Und das Wort des HERRN geschah zu mir so: Menschensohn, als das Haus Israel [noch] in seinem Land wohnte, da machten sie es unrein durch ihren Weg und durch ihre Taten, wie die Unreinheit der Absonderung war ihr Weg vor mir (Hes 36,16-17).
Ich musste an die Frau denken, die zwölf Jahre an Blutfluss gelitten hat. In der damaligen Zeit in Israel lebte sie unter dem Gesetz. Und nach dem Gesetz ist man unrein, sobald man einen Blutfluss hat. Mehr noch: Nicht nur du, sondern auch jeder, den du berührst, wird unrein. Es geht sogar so weit, dass du unrein wirst, wenn der andere sich auf den Stuhl setzt, auf dem du saßt, oder sich auf das Bett legt, auf dem du lagst. Für diese Frau bedeutete das, dass sie zwölf Jahre lang in Isolation leben musste. Niemand durfte sie anfassen; es gab niemanden, der ihr einen Arm um die Schulter legen konnte, niemanden, mit dem sie eng vertraut sein konnte. Jetzt verstehe ich auch das Beispiel, das Gott in obenstehendem Vers benutzt. Er verglich den Weg und die Taten Israels mit jemandem, der an Blutfluss leidet, wodurch es ihm nicht möglich war, in Intimität mit seinem Volk zu treten.
Aber auch das ist noch nicht alles. Er macht deutlich, dass es hier um mehr geht als nur die Verunreinigung des Landes. Es geht um etwas, das ihn persönlich zutiefst trifft. Er sagt: „Ich habe euch unter die Völker zerstreut, aber ihr habt weitergemacht. Und dadurch habt ihr, die ihr meinen Namen tragt, meinen Namen entheiligt …“
Und ich versprengte sie unter die Nationen, und sie wurden in die Länder zerstreut; nach ihrem Weg und nach ihren Taten richtete ich sie. So kamen sie zu den Nationen, [aber] wohin sie [auch] kamen, da entweihten sie meinen heiligen Namen, indem man von ihnen sagte: „Das Volk des HERRN sind diese, und aus seinem Land haben sie hinausziehen [müssen].“ Da tat es mir leid um meinen heiligen Namen, den das Haus Israel unter den Nationen entweiht hatte, wohin sie [auch] kamen. Darum sage zum Haus Israel: So spricht der Herr, HERR: Nicht um euretwillen handle ich, Haus Israel, sondern um meines heiligen Namens willen, den ihr entweiht habt unter den Nationen, zu denen ihr gekommen seid. Und ich werde meinen großen, unter den Nationen entweihten Namen heiligen, den ihr mitten unter ihnen entweiht habt. Und die Nationen werden erkennen, dass ich der HERR bin, spricht der Herr, HERR, wenn ich mich vor ihren Augen an euch als heilig erweise (Hes 36,19-23).
Das ist Gott so wichtig, dass er in nur ein paar Versen fünf Mal (!) erwähnt, dass sie seinen heiligen Namen entheiligt haben. Wenn etwas einmal wiederholt wird, ist uns klar, dass Gott es betonen möchte. Wie wichtig muss das hier also für ihn sein, wenn er es fünf Mal sagt! Ich kenne keine andere Passage in der Bibel, wo dies der Fall ist! Aber wenn es für Gott so wichtig ist, dann ist es auch wichtig zu wissen, warum.
Namensträger
Gott ist dabei, seinen Plan der Wiederherstellung umzusetzen. Von Anfang an war es seine Absicht, dass der Mensch sein Ebenbild ist.
… Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich! (1 Mose 1,26a).
Er möchte, dass wir ihn widerspiegeln, dass sein Bild durch uns sichtbar wird. Aber weil wir eine Familie sind, sind wir nicht nur Bildträger, sondern auch Namensträger. Ein Name ist etwas sehr Wichtiges. Er bringt das Wesen einer Person zum Ausdruck.
Ein Beispiel
Anneke und ich haben acht Kinder. Das war nicht immer einfach für alle acht. Es gab einige, die in der Schule einen bestimmten „Namen“ hatten. Sobald eines ihrer Geschwister in die Schule kam, hieß es oft schnell: „Oh, bist du eine(r) von den Bruggemans?“ Der Name Bruggeman hatte einen gewissen Ruf, und der war nicht immer sehr positiv. Das wirkte sich aber nicht nur auf die anderen Kinder aus, sondern auch das Lehrerkollegium hatte ein bestimmtes Bild von mir. Als ich mich bei einem Elterngespräch einmal als Henk Bruggeman vorstellte, war die Reaktion: „Ah, Sie sind Herr Bruggeman?“ Dazu möchte ich anmerken, dass ich auf all das gar keinen Einfluss gehabt hatte. Ich war weder in dieser Klasse noch jemals Schüler dieser Schule gewesen. Aber ich hatte einen bestimmten Ruf, und der war nicht sonderlich positiv. Die Lehrer hatten im Zusammenhang mit dem Namen Bruggeman ein gewisses Bild im Kopf, das durch das Verhalten einiger meiner Kinder entstanden war. Woher kommt das? Weil meine Kinder Namensträger sind! Nämlich die Träger meines Namens; sie heißen alle Bruggeman.
Und so sehen wir, dass Gott vor genau demselben Dilemma steht. Seine Kinder tragen seinen Namen, und die Menschen, die seinen Kindern begegnen, meinen, ihn durch seine Kinder zu kennen! Aber wenn seine Kinder durch ihr Verhalten ein falsches Bild von ihm abgeben, hat Gott der Vater ein Problem. Und genau davon spricht Hesekiel.
Zurück zu Gott und seinem Plan
Von Beginn an sehnt sich Gott danach, Vater zu sein und auch als Vater bekannt zu sein. Aufgrund des Sündenfalls wachsen seine Kinder hier auf Erden praktisch vaterlos auf. Sie sind Waisen geworden. Das schmerzt sein Vaterherz.
Nun ist es für den Menschen schwierig, Gott kennenzulernen, weil er Geist ist und wir Fleisch sind. Paulus beschreibt dieses Problem in seinem ersten Brief an die Korinther.
Ein natürlicher Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird (1 Kor 2,14).
Deshalb hat Gott ein Volk auserwählt, um ihm Vater zu sein, das Volk Israel. Noch war nicht alles ideal. Wegen der Sünde konnte er noch nicht eins mit ihnen sein. Aber unter gewissen Bedingungen war es möglich, dass er unter ihnen wohnte. Sie sollten dann auch seinen Namen tragen, und so würde Gott durch sein Volk auf der Erde sichtbar sein. Auf diese Weise könnten andere Völker dann ein Bild davon bekommen, wer Gott wirklich war. So war es jedenfalls gedacht. In dem Textabschnitt aus Hesekiel sehen wir, dass es mit Israel völlig falsch läuft. Es stellt sich heraus, dass Israel nicht fähig ist, Gott in angemessener Weise zu repräsentieren. Das tut Gott weh, aber statt einer Bestrafung geht er die Sache ganz anders an. Eigentlich verkehrt er sie ins Gegenteil! Im Prinzip sagt er: Was ich von euch verlange, könnt ihr nicht tun. Es gelingt euch nicht aus eigener Kraft! Anders gesagt, ihr könnt es nicht, ohne von mir abhängig zu sein.
Gott ergreift die Initiative
Und so sagt Gott zu Hesekiel: „Sag es ihnen. Ich übernehme die Sache. Ich werde dafür sorgen, dass mein Name gereinigt wird. Und warum? Aus welchem Grund? Weil ich will, dass die Völker, die mich nicht kennen oder ein falsches Bild von mir haben, mich kennenlernen, wie ich wirklich bin.“
Darum sage zum Haus Israel: So spricht der Herr, HERR, Nicht um euretwillen handle ich, Haus Israel, sondern um meines heiligen Namens willen, den ihr entweiht habt unter den Nationen, zu denen ihr gekommen seid. Und ich werde meinen großen, unter den Nationen entweihten Namen heiligen, den ihr mitten unter ihnen entweiht habt. Und die Nationen werden erkennen, dass ich der HERR bin, spricht der Herr, HERR, wenn ich mich vor ihren Augen an euch als heilig erweise (Hes 36,22-23).
Diesen Absatz bringt die Message-Übersetzung so eindrucksvoll rüber, dass ich