Erbengemeinschaften sind nichts für Weicheier. Anne Schröder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anne Schröder
Издательство: Автор
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Жанр произведения: Юриспруденция, право
Год издания: 0
isbn: 9783962298081
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die Regelmäßigkeit.

      Von dem Impuls, trotzdem zu dem zwei Minuten entfernten Onkel zu laufen, hielt mich Gerd ab. „Ach komm, lass es“, meinte er, „fahren wir nach Hause.“

      Im Auto ließ ich meinen Eindrücken über Karla freien Lauf. „Die dumme Nuss! Zum einen finde ich es unhöflich, einem bei einem Gespräch nie ins Gesicht zu schauen, zum anderen wäre es wirklich höflich gewesen, uns zum Kaffee einzuladen, denn wir haben noch über 100 Kilometer zu fahren. Früher fühlte ich mich schon fast geschmeichelt, wenn Leute uns beide verwechselt haben wegen der Ähnlichkeit. Doch heute kann ich guten Gewissens behaupten, weder innerlich noch äußerlich irgendeine Ähnlichkeit festzustellen.“

      Gerd ließ mich an seinen vielen Bedenken das Anwesen betreffend teilhaben. „Äh, willst du dir das wirklich antun? Oder willst du Bäuerin werden? Na, Frühaufsteherin bist du ja, dann kannst du die Kühe melken und ausmisten“, feixte er. Er kaufe mir auch Gummistiefel.

      Bei einer Tasse Kaffee setzten wir uns und ich erzählte.

      Rückblick

      Meine Eltern hatten nie ein Auto und auch keinen Führerschein besessen. Mein Vater hatte ein kleines Moped, mit dem er nur Kurzstrecken fuhr: entweder zum Einkaufen oder zu seiner Stammkneipe im gleichen Ort. Wollten wir zu Tante Trudel nach Teppach, waren wir auf die Brüder meines Vaters angewiesen, denn eine Busverbindung gab es nicht.

      Ich bin gerne bei Tante Trudel gewesen. Bevor das alte Haus abgerissen worden war und ein größeres gebaut wurde, gab es – so erinnere ich mich – eine gemütliche Wohnküche, wo auch der Universalherd stand, den es später, wie bereits erwähnt, immer noch gab. Mit diesem wurde geheizt und gekocht. Holz hatten sie genug aus dem eigenen Wald. Damals, in den 60ern, wohnten auch der Schwager und die Schwägerin mit im Haus. Beide ledig. Zum Charakter der beiden konnte ich wenig sagen.

      Tante Kuni trug immer eine Kittelschürze und hatte einen Kropf. Ihre Stimme war deshalb kratzend und es war anstrengend für sie, zu sprechen. Onkel Bertram trug stets Cordhosen und eine Weste. Darunter ein kariertes Hemd. Immer! Kuni war quasi die Hauserin, was ich nicht ganz nachvollziehen konnte, denn unter Ordnung und Sauberkeit verstand ich etwas anderes.

      Onkel Bertram war anscheinend der Ersatzvater für Alois, jedoch nicht der Ersatzmann für Tante Trudel.

      Wieder einmal waren wir zur Erntezeit in Teppach. Fünf Brüder, die in der Nähe wohnten, halfen fleißig mit. Der sechste Bruder wohnte damals schon in der Nähe von Stuttgart. Manchmal war auch mein Großvater dabei und verrichtete leichtere Arbeiten.

      Ich liebte es, alles zu erkunden. Ich half meiner Tante, mit der Schubkarre Heu und Stroh von der Scheune zu den Kühen zu schaffen. Irgendwie hatte ich aber das Bedürfnis, im Haus für Sauberkeit zu sorgen. Meine Tante Trudel, die damals schon verhärmt und abgearbeitet aussah, bekam einen wohlwollenden Gesichtsausdruck und wollte zuerst dankend ablehnen. Doch durch meine Frage, wo Besen, Eimer und Putzmittel zu finden seien, merkte sie, dass ich nicht lockerlassen würde. So zeigte sie mir, wo alles zu finden war.

      Ich begann mit der Milchküche, machte in Bad und Küche weiter und merkte nicht, wie schnell die Zeit verging. Später, als ich das Wohnzimmer betrat, lag Alois ganz gemütlich mit einem Kreuzworträtsel auf der Couch. „Äh, Alois, brauchen die Helfer dich nicht bei der Ernte?“, fragte ich. Gelassen sah er mich an und meinte, dass noch Zeit sei, bis er die Ernte holen könne. Aha, und abgesehen davon – ein Blick zur Uhr – dachte ich ans Kühe melken. Als ob er meine Gedanken hätte lesen können, stand er ohne Eile auf, nahm sein Transistorradio und schlenderte Richtung Kuhstall. Mmh, Musik beim Melken. Hatte ich bei unseren Nachbarn noch nicht gesehen oder gehört. Zurück in der Wohnküche empfing mich Tante Trudel mit einem freudigen Lächeln, kam auf mich zu und nahm meine Hände. „Ach Anne, so sauber war es bei uns noch nie.“ Täuschte ich mich oder hatte sie Tränen in den Augen? Ihre rauen und abgearbeiteten Hände drückten meine ganz fest, bis ich sie zögerlich wieder zurückzog: „Ach Tante Trudel, das habe ich doch gerne gemacht.“

      Als die Brüder fertig waren mit der Ernte, gab es noch eine deftige Brotzeit, bevor wir wieder nach Hause fuhren.

      Wann der Abriss des alten Hauses und der Neubau besprochen worden war, hatte ich nicht mitbekommen. Ich konnte mich erinnern, dass mein Vater Ende der 60er-Jahre mehrere Wochen, an Wochenenden, in Teppach gewesen war, um beim Neubau zu helfen. Anscheinend gab es keine Probleme oder Disharmonien. Na, mein Vater, den ich sehr geliebt habe, war kein Mann vieler Worte. Wir zwei verstanden uns auch so.

      Meiner Mutter gefiel es nicht, dass er jedes Wochenende nach Teppach fuhr. Unser großer Gemüsegarten müsse auch gepflegt werden. Auch das Holz für die kommende kalte Jahreszeit säge und hacke sich nicht von selbst. Mein drei Jahre älterer Bruder hatte bei diesen Andeutungen taube Ohren und für solche Arbeiten linke Hände. Er spielte lieber Fußball.

      Meine Mutter war Schneiderin und verdiente sich ein Zubrot, indem sie für Bekannte und Nachbarn schneiderte. Sogar Brautkleider hatte sie in ihrem Programm, was ich bewunderte. Damals hatte sie nur eine mechanische Pfaff-Nähmaschine. Leider hat sie mir ihr Talent nicht vererbt.

       Kapitel 4

       Kontakte zu unbekannten Verwandten und Behörden

      Die Telefonate mit Charlotte häuften sich. Wir überlegten, was zu tun sei. Allmählich hörte ich zwischen Charlottes Worten, dass sie kalte Füße bekam.

      Ein amtliches Schreiben vom Grundbuchamt der Gemeinde besiegelte meine spätere Erbenposition. Es wurde ein Lastschriftmandat für die fälligen Grundsteuern des Anwesens in Teppach benötigt. Ich rief beim Grundbuchamt an, um mich zu erkundigen, wer diese Steuer zahlen solle. Die freundliche Verwaltungsangestellte gab mir den Rat, bei der Bank anzurufen, um die Liquidität zu erfahren.

      Auch bei der Sparkasse gab mir eine nette Angestellte Auskunft. Ich könne die Grundsteuern vom Erbenkonto abbuchen lassen. Ich müsse jedoch meine Personalien angeben. Über genaue Beträge dürfe sie mir noch keine Auskunft geben, weil wir noch keinen Erbschein besäßen. Dies war der Stein, der ins Rollen gebracht werden musste.

      Wieder war es für mich Zeit, im Amtsgericht anzurufen, um zu erfahren, wie der Stand in Sachen Erbermittlung war. Nach etlichen Versuchen, die sich über drei Tage hinzogen, kam ich endlich zum zuständigen Rechtspfleger durch. Ende 2016 war es ein anderer gewesen, der, Gott sei Dank, ein paar Wochen später in Rente gegangen war. Wenn er so gearbeitet hat, wie er redete, na, Gute Nacht…

      Sein Nachfolger sollte sich jedoch als noch schlimmer herausstellen. Da wären hellseherische Fähigkeiten ausnahmsweise sehr angebracht gewesen und ich hätte mir so einiges erspart. Wortkarg ließ er mich wissen, dass noch lange nicht alle Erben ermittelt worden seien. Er erklärte: „Wenn jemand ermittelt wurde und dieser ablehnt, werden dessen Nachkommen ermittelt.“ Die berühmte Frist von sechs Wochen musste immer abgewartet werden, egal ob angenommen oder ausgeschlagen würde. Außerdem könnten auch Kandidaten im Ausland wohnen.

      Meine Gestik, die ich mir seit Beginn dieser „Erben-Ära“ angewöhnte: Ich legte meine linke Hand auf die Stirn, weil ich in der rechten entweder einen Stift oder den Telefonhörer hielt.

      Dann kam der enttäuschende Anruf von Charlotte. „Du Anne, sei nicht böse, aber ich lehne das Erbe ab. Das halten meine Nerven nicht durch. Und du willst wirklich weitermachen?“ „Ja schon, doch ich bin verwundert, denn ich habe dich kämpferisch und mutig eingeschätzt.“ „Ja schon, aber das ist absolutes Neuland, das man nicht einschätzen kann, außerdem habe ich kaum Zeit, mich um die Erbschaft zu kümmern. Wie du weißt, bin ich mit meiner Physiopraxis selbstständig. Wenn ich nicht in der Praxis bin, brauchen mich meine Familie und der Haushalt.“ Das Angebot meiner Mithilfe und Unterstützung konnte sie nicht umstimmen. Sie wünschte mir viel Erfolg.

      Mein Mann verstand die Entscheidung von Charlotte und hoffte, dass ich auch ausschlage. Hätte ich gewusst, was alles auf uns zukommen würde, hätte ich ausgeschlagen.

      Wochen vergingen, keine Reaktion seitens des Amtsgerichts. Eines Tages bestellte ich mir bei der