»Leela. Und Sie?«
»Mein Kampfname ist Padil.«
»Sie haben einen Kampfnamen?« Leela unternahm keinen Versuch, ihre amüsierte Geringschätzung zu verbergen. »Man hat Ihnen den Namen einer Kriegerin verliehen?«
»Ja«, erklärte die Frau in defensivem Ton. »Ich hab ihn mir selbst ausgesucht. Sie wollen mir bestimmt weismachen, dass Sie Ihren echten Namen verwenden. Und was tragen Sie da eigentlich?«
»Das ist mein Stammes-Ensemble«, sagte Leela. »Was stimmt damit nicht?«
Padil zuckte mit den Schultern. »Ist ’n bisschen schrill, finden Sie nicht? Für eine tarenistische Guerilla-Kämpferin. Capel, Menschlichkeit sei in ihm, ermahnt uns immer, uns für den Kampf unauffällig zu kleiden.«
Leela verlor allmählich die Geduld mit dieser Padil. Sie war nicht in der Stimmung, sich von einer unausgebildeten, gedankenlosen Scharfrichterin Vorträge halten zu lassen, und sie hatte nicht vor, sich von ihr behindern zu lassen, während sie das tat, was getan werden musste. »Ihr Anführer sollte Ihnen zuerst beibringen, wie man kämpft, und nicht, was man dazu anzieht«, sagte sie. Sie hob die Hand, jene Geste, die laut dem Doktor von den meisten Leuten als freundlich erkannt wurde. Dann fuhr sie mit fester Stimme fort: »Leben Sie wohl, Padil.«
Dieses Mal schien die Frau den Wink zu verstehen: Sie versuchte nicht, Leela zu folgen, als sie schließlich um die Ecke des Kuppelbaus verschwand. Prompt liefen ihr zwei Männer über den Weg. Sie trugen die gleichen Stammeszeichen und hatten die gleichen Waffen bei sich wie der Mann, den Padil niedergemacht hatte: jene Dinger, die Stun-Kills hießen.
»Na«, sagte einer von ihnen, »was haben wir denn hier?«
»Spaß«, sagte der andere und fuchtelte mit seinem Stun-Kill in ihre Richtung. »Wir dürfen ein bisschen Spaß haben. Das haben wir uns ja auch redlich verdient.«
Leela ärgerte sich über sich selbst. Sie hätte die Männer kommen hören und diese unnötige Konfrontation vermeiden müssen. Sie ließ sich in eine Kampfhaltung sinken, das Messer vor sich ausgestreckt. Beide Männer kamen auf sie zu und entfernten sich ein wenig voneinander, um sie in die Zange zu nehmen. Leela bewegte sich nach links und wechselte das Messer von einer in die andere Hand und wieder zurück. Sie hoffte, die Männer würden ihre Fingerfertigkeit erkennen und begreifen, dass sie in der Lage war, sie beide umzubringen. Wenn die Drohgebärde sie schon nicht davon überzeugte, sie unbehelligt vorbeizulassen, so würde sie vielleicht wenigstens ein bisschen Zweifel in ihnen aufkommen lassen. Zweifeln macht langsam. Pass auf, dass dein Feind mehr zweifelt als du. Das war eine der ersten Sachen, die sie gelernt hatte, und sie hatte lange gebraucht, um zu begreifen, dass es bei der Lektion vor allem darum ging, ihre eigenen Zweifel unter Kontrolle zu bringen.
»Du musst es dir nicht unnötig schwer machen, Mädel«, sagte der größere der beiden Männer.
»Vielleicht gefällt’s dir ja sogar«, kicherte der andere. »Wenn du dich benimmst.«
»Und uns keine Schwierigkeiten machst.«
»Und nett zu uns bist.«
»Ausgesprochen nett.«
»Nicht, dass du irgendeine Wahl hättest.«
»So allein, wie du hier rumläufst, Mädel. Nur ein halbes Hemd.«
Der kleinere der beiden Männer geriet in Aufregung. »Hübsche Beine«, sagte er und schmatzte geräuschvoll mit den Lippen. »Hübsches Outfit.«
Beide standen sie einfach nur da und grinsten, ohne auch nur auf die Idee zu kommen, eine Verteidigungshaltung anzunehmen. Leela war klar, dass sie keine Chance hatte, die beiden von ihrem Vorhaben abzubringen. Sie waren keine Krieger und erkannten die Gefahr nicht, die von ihr ausging. Manchmal waren solche Leute gefährlicher als ordentlich ausgebildete und ernst zu nehmende Widersacher. Sie konnten unberechenbar sein.
»Wirf das Messer weg, Mädel.«
Diese beiden waren natürlich völlig berechenbar.
»Die Stiefel sind echt sexy.«
Wie der, mit dem sie es zuvor zu tun gehabt hatte, waren sie kaum trainiert oder kampferprobt, das erkannte Leela sofort. Ihre Reaktionen würden langsam sein und Schmerz würde sie noch mehr verlangsamen. Sie waren dumm und abstoßend, aber reichte das als Grund, sie umzubringen?
Eine weitere Explosion erklang in der Ferne und die beiden Männer wechselten einen Blick. »Sieht so aus, als hätten wir keine Zeit«, meinte der Größere.
»Ach, komm schon, Hudge.« Der Kleinere wirkte enttäuscht. »Wie lange kann es schon dauern?«
»Bring sie um und dann verschwinden wir.« Der mit dem Namen Hudge stellte seinen Stun-Kill so ein, wie Padil es getan hatte. Leela wusste also, dass die Waffe nun tödlich war. »Du wirst dich mit dem Kopfgeld zufrieden geben müssen.«
Der kleinere der beiden regelte seinen Stun-Kill auf dieselbe Weise hoch. »Was für eine Verschwendung«, maulte er. »Wir hätten das Geld kriegen und unseren Spaß mit ihr haben können. Das ist die Leckerste, die uns bis jetzt begegnet ist.«
»Du würdest zu lange brauchen, du gieriger kleiner Perversling«, sagte Hudge. »Weißt du nicht mehr, was letztes Mal passiert ist?« Er streckte den tödlichen Stab vor sich aus und kam auf Leela zu. »Wir bringen sie um und fertig.«
Leela ließ das Messer ein Stück sinken und machte einen halben Schritt rückwärts. Sie neigte sich leicht zur Seite, als wollte sie versuchen, außer Reichweite des Stun-Kill zu gelangen.
»Leicht verdientes Geld«, höhnte Hudge und machte einen Satz auf sie zu.
Leela ließ zu, dass Hudge durch seinen eigenen Schwung aus dem Gleichgewicht geriet. Im letzten Moment trat sie seinen ausgestreckten Arm mit dem Stun-Kill beiseite und rammte ihm das Messer von unten in den Brustkorb. Der Mann hatte kaum Zeit, ein überraschtes Gesicht zu machen, ehe er starb.
»Halt sie fest, Hudge!« Der kleinere Mann eilte herbei und fuchtelte wild mit seinem Stun-Kill, wollte Leela unbedingt niederbrennen, bevor sie sich befreien konnte. Da er so wahllos um sich schlug, ließ sich schwer erkennen, ob er wusste, dass Hudge bereits tot war. Wie es schien, hätte er den Tod seines Kameraden ohne mit der Wimper zu zucken in Kauf genommen, um an Leela heranzukommen. Fast beiläufig drehte sie den Waffenarm des Toten nach außen und der kleinere Mann lief geradewegs in den geladenen Stun-Kill hinein. Leela spürte den Stromstoß, der ihn durchfuhr. In einer Wolke qualmender Funken wurde er zu Boden geschleudert. Dort wand er sich und zuckte. Leela zog dem größeren Mann das Messer aus der Brust und ließ den Leichnam fallen.
»Ich dachte, Sie halten nichts vom Töten«, sagte Padil hinter ihr. »Soll aber keine Kritik sein.« Sie lächelte voll unverhohlener Bewunderung. »Das war beeindruckend.«
»Es war deren Entscheidung«, sagte Leela.
»Zu sterben?«
»Sie haben sich fürs Töten entschieden.« Es war ihr unangenehm, dass Padil sie für etwas lobte, worauf sie selbst nicht stolz war. Es war ein barbarischer Kampf gewesen, unnötig und ohne jedes Können.
Padil nickte grimmig. »Töten gehört zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. Gehen wir jetzt?«
Leela wandte sich wieder dem Kuppelbau zu. »Ich muss wieder da rein.«
»Das geht aber nicht ohne reichlich Sprengstoff«, sagte Padil. »Sobald der Alarm losgeht, kommt man in keine der Kuppelbauten mehr rein. Das gehört zu dem, was wir rausfinden wollten. Das, und wie gut die Sicherheitsleute sind.« Sie blickte sich nervös um. »Und wie viele es gibt.«
Leela machte eine Kopfbewegung in Richtung der zwei Männer, die sie umgebracht hatte. »Das sind die Sicherheitsleute?«
»Abschaum aus den Sewerpits.«
»Was ist ihr Zweck?« Sie hockte sich hin, um sich die Stammeszeichen