Daher soll Berufsausbildung die Auszubildenden auch befähigen, sich mit Veränderungen auseinanderzusetzen und zukünftige Anforderungen besser bewältigen zu können. Berufsausbildung schafft damit auch die Grundlage, ein Leben lang zu lernen.
Ein modernes Ausbildungssystem muss also im Ergebnis des Qualifizierungsprozesses auf berufliche Handlungsfähigkeit ausgerichtet sein. Deshalb ist nach dem Berufsbildungsgesetz (§ 1) im Rahmen der Berufsausbildung berufliche Handlungsfähigkeit in einem Ausbildungsberuf zu vermitteln. Der Gesetzgeber stellt hierbei den Anspruch, dass nach erfolgreich bestandener Gesellen- oder Abschlussprüfung die volle berufliche Handlungsfähigkeit für den jeweiligen Ausbildungsberuf vorhanden ist.
Handlungskompetenz
In diesem Zusammenhang spricht die Berufs- und Arbeitspädagogik von der beruflichen Handlungskompetenz. Diese berufliche Handlungskompetenz bezieht sich nicht nur auf die rein fachliche Kompetenz (einschließlich Methodenkompetenz), sondern auch auf persönliche Eigenschaften und den Umgang mit Kollegen, Kunden sowie Vorgesetzten.
Kompetenzbereiche
Die berufliche Handlungskompetenz umfasst also mehrere unterschiedliche Einzelkompetenzen. Die drei wichtigsten Teilbereiche sind
>fachliche Kompetenz (einschließlich Methodenkompetenz),
>persönliche Kompetenz und
>soziale Kompetenz.
Die einzelnen Kompetenzbereiche können wiederum mit vielfältigen Eigenschaften charakterisiert werden. Man nennt sie auch Schlüsselqualifikationen.
1.1.1.2 Schlüsselqualifikationen
Schlüsselqualifikationen sind Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die nicht nur mit dem eigentlichen Beruf, sondern auch mit anderen Berufsfeldern, Tätigkeiten und Funktionen zusammenhängen, also berufsübergreifend sind. Sie beziehen sich auch auf Fähigkeiten, die nicht nur zur Bewältigung gegenwärtiger, sondern vor allem zukünftiger Anforderungen des Berufslebens geeignet sind.
Fachkompetenz mit Methodenkompetenz
Schlüsselqualifikationen aus dem Bereich der Fachkompetenz sind:
>fachliche Fertigkeiten
>fachliche Kenntnisse
>Lern- und Arbeitstechniken
>Problemlösungsstrategien
>Methodenkompetenz.
Methodenkompetenz bedeutet dabei die Fähigkeit zur Anwendung bestimmter Lern- und Arbeitsmethoden, die für die Ausprägung der Fachkompetenz erforderlich sind.
Persönlichkeitskompetenz
Schlüsselqualifikationen aus dem Bereich der Persönlichkeitskompetenz sind:
>Leistungsbereitschaft
>Zuverlässigkeit
>Sorgfalt
>Lernfähigkeit und -bereitschaft
>Urteilsvermögen, Entscheidungsfähigkeit
>abstraktes, analytisches und logisches Denken
>Kreativität, Flexibilität
>Gesprächsbereitschaft
>Eigeninitiative.
Sozialkompetenz
Schlüsselqualifikationen aus dem Bereich der Sozialkompetenz sind:
>Kollegialität
>Kontakt-, Kommunikationsfähigkeit
>Kooperationsbereitschaft, Teamfähigkeit
>Verantwortungsbewusstsein, Einfühlungsvermögen
>Toleranz
>Hilfsbereitschaft
>Kompromiss-, Durchsetzungsfähigkeit
>Fähigkeit zur Selbstreflexion.
Handlungskompetenz ist nicht bereits dann gegeben, wenn ein Bereich möglichst gut ausgeprägt ist, sondern sie erfordert sowohl fachliche wie auch persönliche und soziale Schlüsselqualifikationen.
1.1.1.3 Befähigung zum selbstständigen Planen, Durchführen und Kontrollieren, prozessorientierte Ausbildung
Handlungskompetenz Handlungsorientierte Ausbildung
Handlungskompetenz besitzt, wer selbstständig planen, durchführen und kontrollieren kann. Dies soll erreicht werden, indem der Auszubildende im Lernvorgang selbst bereits diese Schritte der vollständigen Handlung, also planen, durchführen und kontrollieren, umsetzt. In diesem Fall spricht man auch von einer handlungsorientierten Ausbildung.
Die Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sollen so vermittelt werden, dass der Auszubildende zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit befähigt wird, die insbesondere selbstständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren an seinem Arbeitsplatz einschließt.
In der konkreten betrieblichen Praxis bedeutet dies:
>Selbstständiges Planen: Der Lehrling soll in der Lage sein, den Arbeitsvorgang bzw. Arbeitsprozess selbst zu planen.
>Selbstständiges Durchführen: Der Lehrling kann den von ihm geplanten Arbeitsablauf auch ohne fremde Hilfe ausführen.
>Selbstständiges Kontrollieren: Der Lehrling lernt, seine eigenen Leistungen selbstkritisch zu prüfen sowie Fehler und deren Ursachen und Möglichkeiten zu ihrer Beseitigung zu erkennen.
Prozessorientierte Ausbildung
Im Zuge der praktischen Umsetzung der „Prozessorientierung“ als neues didaktisches Konzept in der Ausbildung sehen Ausbildungsordnungen zusätzlich vermehrt vor, dass die notwendigen Fertigkeiten, Kenntnisse und Qualifikationen auch auf Geschäfts- und Arbeitsprozesse (Abläufe) bezogen zu vermitteln sind. Die Vermittlung soll die Fähigkeit zum Handeln im betrieblichen Gesamtzusammenhang einschließen. Die Ausbildung ist somit prozessorientiert und geschäftsprozessbasiert zu planen und durchzuführen.
Prozesskompetenz
Diese „prozessbezogene“ Vermittlung von Qualifikationen bedeutet eine veränderte Ausbildungsgestaltung und zusätzliche, neue Anforderungen an das Ausbildungspersonal. Die vorgegebenen Inhalte der Ausbildungsordnungen sind dabei auf betriebliche Geschäfts- und Arbeitsprozesse zu beziehen. In der Ausbildung soll „Prozesskompetenz“, also die Fähigkeit zum sachverständigen Handeln im betrieblichen Gesamtzusammenhang und somit die Fähigkeit zur Prozessgestaltung und Prozessveränderung, vermittelt werden. Dabei kommt den Gesichtspunkten Qualitäts- und Effizienzoptimierung eine große Bedeutung zu. Prozesskompetenz bezieht, so gesehen, auch die Fähigkeit, an dieser Optimierung (bestmöglichen Gestaltung) mitzuwirken, ein.
1.1.2 Bedeutung der Ausbildung für Jugendliche, Wirtschaft und Gesellschaft
1.1.2.1 Bedeutung der Berufsbildung für den Jugendlichen
Die Bedeutung der Berufsausbildung für den Einzelnen liegt in folgenden Bereichen:
>wichtiger Einstieg ins Berufsleben
>Sicherung eines Arbeitsplatzes
>Sicherung des Lebensunterhalts und der finanziellen Existenzgrundlage
>stufenweise Einführung in die Berufs- und Arbeitswelt
>Erwerb von Verhaltensformen im Betrieb
>Schaffung einer Grundlage für berufliche Mobilität (örtliche und fachliche Beweglichkeit)
>Lernen von selbstständigem