Weil der Raum bis ins Unendliche gekrümmt ist, gibt es Erscheinungen, die einfach verblüffen. Stellen Sie sich zunächst die Größe unserer Sonne vor. Sie hat ein 1,4 millionenfach größeres Volumen als die Erde. Wenn unsere Erde eine Erbse wäre, dann hätte die Sonne einen Durchmesser von etwa einem Meter. Nun stellen Sie sich 4 Millionen Sonnen als eine Massenkugel vor, die hätte in diesem Vergleich einen Durchmesser von 160 Meter. In der Realität hat sie den Durchmesser von 100 Millionen Kilometer! Das Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße hat genau diese Masse von 4 Millionen Sonnen. Aber, weil der Raum am Ort, dort wo sich das Schwarze Loch befindet, unendlich gestaucht ist, machen diese 4 Millionen Sonnenmassen keine Kugel von 100 Millionen Kilometer Durchmesser aus, sondern schrumpfen auf einen Punkt so groß wie eine Nadelspitze zusammen. Ein Schwarzes Loch mit Milliarden von Sonnenmassen hat die Abmessungen einer Nadelspitze! Ist das nicht teuflisch? Diese unglaubliche Tatsache wurde erst in den vergangenen Jahrzehnten zur Gewissheit, weil wir Raum- und Zeitschrumpfungen durch Experimente im kleineren Maßstab prinzipiell bestätigen konnten. Einstein hatte also recht.
Künstlerische Darstellung des Anflugs eines Shuttles auf ein Schwarzes Loch, von dem man nur den Ereignishorizont, die Oberfläche einer schwarzen Kugel, sieht (Bild: NASA/U. Walter)
EINE TEUFLISCHE ERKUNDUNGSREISE
Teuflisch wäre auch eine Reise als Astronaut in einem Raumschiff zu einem Schwarzen Loch, aber doch anders als man sich das vielleicht vorstellt. Was würde man von dem Loch sehen? Nehmen wir an, es ist das Schwarze Loch in unserer Milchstraße. Aus großer Entfernung sähe man dann vor sich eine schwarze Kugel mit etwa 17 Sonnendurchmesser. Diese Kugel ist nicht das Schwarze Loch selbst, sondern ihre Oberfläche, der sogenannte Ereignishorizont, der den Loch-Punkt verhüllt. Was die schwarze Kugel ist und was in ihr passiert, sehen wir gleich.
Außerdem sähen wir glühende Materie in einer Scheibe in einem großen Abstand um das Loch kreisen, die sich ihm dabei langsam nähert. Diese Materie, das Überbleibsel zerrissener Sterne, die dem Loch zu nahe gekommen sind, glüht umso heller, je näher sie dem Loch kommt. Große Sterne werden schon in großer Entfernung zerbröselt, kleinere Gegenstände, wie wir, erst später. Aber noch geht es uns ganz gut.
Wenn wir im Abstand von 24 Millionen Kilometer vom Ereignishorizont in einen Orbit einbiegen, das ist etwa die Hälfte des Abstands zwischen Merkur und Sonne, dann müssen wir bereits verflucht aufpassen. Denn dieser Abstand ist die innere Grenze des Bereiches, wo wir noch eine stabile Umlaufbahn haben, wir fliegen im freien Fall um das Schwarze Loch herum und brauchen dabei nichts tun. Dabei haben wir aber schon fast Lichtgeschwindigkeit, umrunden das Loch also alle 12,5 Minuten.
DER HÖLLENRITT IN EIN SCHWARZES LOCH
Wenn wir uns nun dem Loch etwas weiter nähern, begeben wir uns auf einen unumkehrbaren Höllenritt. Zunächst wird unser Orbit instabil, was bedeutet, wir müssen ständig die Antriebe feuern, damit wir die Bahn beibehalten. Tun wir das nicht und sind bei 6 Millionen Kilometer Abstand vom Ereignishorizont angekommen, nützen uns auch die besten Antriebe nichts mehr, wir werden unweigerlich ins Schwarze Loch stürzen. Bei diesem Abstand fliegt auch Licht nicht mehr gradlinig am Loch vorbei, sondern umkreist es einmal alle 6,5 Minuten. Licht, das vom Loch direkt nach außen fliegt, kann dem Loch aber noch entkommen. Wenn wir den Ereignishorizont erreicht haben, ist aber auch damit Schluss. Wir, mitsamt allem, was sich um das Loch herum bewegt, einschließlich des Lichts, egal wie es anfangs fliegt, fällt auf Nimmerwiedersehen ins Schwarze Loch. Das ist übrigens der Grund dafür, warum die schwarze Kugel um das Loch herum schwarz erscheint. Wenn nämlich nicht einmal mehr Licht der Kugel entkommen kann, fällt von dort auch kein Licht mehr in das Auge eines Betrachters, und daher erscheint der Bereich stockdunkel.
Dass wir uns bereits in der schwarzen Kugel befinden, davon merken wir aber nichts, denn über uns, aber auch seitlich, fällt ständig neues Licht nach, sodass es recht hell um uns herum ist. Dann geht aber alles sehr schnell. Innerhalb des Bruchteils einer Sekunde wird das Shuttle durch die sogenannten Gezeitenkräfte, also der Zunahme der Schwerkraft in Flugrichtung, zerrissen, dann unser Körper zerfetzt. Schließlich lösen sich die Fetzen in einzelne Atome auf, und die wiederum werden in einzelne Elementarteilchen aufgespalten, die auf das Zentrum treffen, dort wo die 4 Millionen Sonnenmassen lagern und durch unsere Körpermassen weiter anwachsen. Aber davon merken wir schon nichts mehr.
Schwarze Löcher sind also Nimmersatts, sie werden mit der Zeit immer schwerer, bis sie irgendwann die gesamte Materie im Universum in sich aufgesaugt haben. Aber bis dahin ist es noch sehr, sehr lange hin, viele Milliarden Milliarden Milliarden Jahre. Bis dahin lassen wir uns faszinieren von den anderen Geheimnissen, die uns dieses Universum zu bieten hat.
Begleiten Sie mich in diesem Buch auf dieser Erkundungsreise durch unser Universum.
Ulrich Walter
D-2 Astronaut
SPACE ROCKS!
Mehr als 100 Astronauten aus allen Ländern
trafen sich im September 2015 in Stockholm und
begeisterten bei ihren Besuchen in Schulen landesweit
Tausende Schüler – und die Schüler uns.
Es ist inzwischen eine alte Tradition. Einmal im Jahr treffen sich Astronauten irgendwo auf der Welt, nicht nur, um sich wiederzusehen, sondern auch um wichtige Raumfahrtthemen zu diskutieren und sich mit jungen Menschen zu treffen.
WAS ASTRONAUTEN VON RAUMFAHRERN UNTERSCHEIDET
Es ist schon ein sehr exklusiver Club, die ASE, die Association of Space Explorers, also die Vereinigung aller geflogenen Astronauten weltweit. Nicht jeder, der im Weltraum war, sogenannte Raumfahrer (space travelers), darf Mitglied werden, da ist die ASE pingelig. Tatsächlich stammt von der ASE die einzige Definition, wer Astronauten sind, und hier zählt jedes Wort: »[Ein Astronaut ist] jede Person, die wenigstens eine Erdumrundung in einem Raumfahrzeug vollzogen hat.«
Es gibt halt auch Weltraumtouristen, die lediglich suborbital fliegen, also einen kurzen Hopser über 100 Kilometer Höhe machen, dort wo laut IAF der Weltraum beginnt, und gleich wieder im Sturzflug zurückfliegen. Solche Raumfahrer waren zwar im Weltraum und erhalten von Unternehmen wie Virgin Galactic, die solche Flüge für 250.000 $ anbieten, auch ein schönes Zertifikat, das das bestätigt, aber sie sind eben keine orbitalen Astronauten. Sie bekommen von den Amerikanern sogar die sogenannten »Astronaut Wings«, weil nach amerikanischer Tradition jeder, der über 50 nautische Meilen – etwa 80 Kilometer – hoch fliegt, ein solches Abzeichen bekommt.
WIE FIRMEN MIT RAUMFAHRT GELD MACHEN
Aber das ist nach internationalen Normen nichts wert (siehe mein Kapitel Wem gehört der Mond?), genauso wie man beim Amerikaner Dennis Hope Grundstücke auf dem Mond kaufen kann und dafür auch ein Zertifikat bekommt. Nach amerikanischem Recht ist dagegen nichts einzuwenden, aber nach internationalem Recht, dem sogenannten Outer Space Treaty, ist die Beanspruchung von Territorien außerhalb der Erde nicht zulässig.
Dass Weltraumtouristen, die für wenige Minuten in den Weltraum hopsen und dafür Astronaut Wings erhalten, trotzdem keine Astronauten sind und nicht in die ASE aufgenommen werden, dafür habe ich bereits bitterböse E-Mails von denen erhalten, die solche Flüge gekauft haben. Aber da ist die ASE hart.
TOURISTEN-ASTRONAUT-SEIN KOSTET
Es gibt natürlich auch Weltraumtouristen, die auf der Internationalen Raumstation waren und somit viele Erdumkreisungen gemacht haben. Sie sind daher ASE-Mitglieder. Dieses Jahr waren zwei von ihnen dabei, die bildhübsche Anoushi Ansari und der steinreiche Richard Garriott. Er ist übrigens der Sohn des berühmten Apollo-Astronauten Owen Garriott. Auch er ist bei allen ASE-Treffen dabei. Die Garriotts gibt’s bei den ASE-Treffen also immer im 4er-Pack mit ihren Frauen. Geld ist für ISS-Touristen übrigens nicht unwichtig, denn ein Flug dorthin kostet zurzeit 45 Millionen $. Beneidenswert, die Menschen, die so etwas aus der Portokasse zahlen können. Berufsastronaut zu werden und nichts zu zahlen, ist aber auch nicht schlecht.
Die