In Anlehnung an WINTELER könne unter Lernen Folgendes verstanden werden: Wissen vermehren, Auswendiglernen und Reproduzieren, Anwenden, Verstehen, etwas auf eine andere Weise sehen, sich als Person verändern.
Während die ersten drei Lern-Konzeptionen vor allem als etwas verstanden werden könnten, was außerhalb der Person als gegeben gesehen, das von den Menschen aufgenommen, abgelegt und später reproduziert werden könne, komme in den letzten drei Konzeptionen „Sinn und Bedeutung des Wissens eine zentrale Rolle“17 zu.
1.3. Fragestellungen und Zielsetzungen
Lernen in außerschulischen sozialpädagogischen Feldern kann nach Aussagen von MARTIN mit den Aspekten Orientierung an Alltagsproblemen, mit einer relativen Offenheit in seinen institutionellen und organisatorischen Rahmenbedingungen, mit seiner methodischen Vielfalt, mit den Möglichkeiten einer ganzheitlichen Herangehensweise und mit denen der Umsetzung eines aneignenden, erfahrungsbezogenen Vorgehens charakterisiert werden18.
Zudem, so GORGES, werden mit außerschulischem Lernen die Kennzeichen Freiwilligkeit, gemeinsames Erarbeiten von Zielvorstellungen, Inhalten und Vorgehensweisen, Alltags- und Erfahrungsorientiertheit, die gemeinsame Bewertung der Ergebnisse und der Lernprozesse sowie die Tatsache eines als lebenslanges, d.h. nicht auf bestimmte Altersgruppen oder -stufen einzuschränkenden Lernens verbunden19.
In dem vorliegenden Band wird von einem ausgesprochen pädagogischen Verständnis von Sozialer Arbeit ausgegangen. Lernen stellt in diesem Denkzusammenhang das übergeordnete Ziel sozialpädagogischen Handelns im Unterschied zu anderen Formen sozialen Handelns dar20. Folgerichtig kann die oder der professionell sozialpädagogisch Tätige, die oder der Lernen ermöglicht, als Lernhelfer/in bezeichnet werden21.
Das Anregen bzw. Befähigen, Eigenkräfte der Hilfesuchenden zu entwickeln und konstruktiv einzusetzen, Menschen zu befähigen, für sich und ihre Mitmenschen verantwortlich zu handeln, Menschen während bestimmter Phasen ihres Leben professionell zu begleiten und zu betreuen, Menschen für die Hilfe für Mitmenschen zu sensibilisieren22, auf einen Nenner gebracht, Menschen in ihren individuellen Lern- und Entwicklungsprozessen zu betreuen und zu begleiten, also als Lernhelfer zu fungieren, stellen klassisch sozialpädagogische Handlungsformen dar.
Welche möglichen Orientierungshilfen professionell sozialpädagogisch Tätigen in ihren unterschiedlichen Arbeitsfeldern grundsätzlich zur Verfügung stehen, wird als die zentrale Fragestellung im vorliegenden Band zu beantworten sein.
Die in der Literatur auffindbaren Ansätze, Modelle und Konzepte sozialpädagogischen Denkens und Handelns sind jedoch als so vielfältig zu bezeichnen, dass hier nicht der Anspruch auf Vollständigkeit der Darstellung erhoben werden kann und soll.
Als einer derjenigen, der nicht nur in der Theorie, sondern auch mehr als zehn Jahre an der Basis der Sozialen Arbeit tätig war, nehme ich mir an dieser Stelle das Recht, eine Auswahl zu treffen, die aus meiner Sicht mit der Grundvorstellung des Pädagogen als Lernhelfer kompatibel scheint23. Am Ende der jeweils dargestellten Orientierungshilfen werden didaktische Hinweise abgegeben, wie diese im Rahmen von Lehrveranstaltungen an der Hochschule eingeführt werden können. D.h. es sollen nicht ausschließlich fachlich-inhaltliche Aspekte angesprochen werden, nicht nur Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Diskussion und Reflexion von Arbeitspapieren, sondern auch Fragen didaktischer Natur sollen thematisiert werden.
Es sollen also gleichermaßen zwei unterschiedliche Zielgruppen erreicht werden: die Studierenden der Sozialen Arbeit und Sozialwirtschaft auf der einen Seite, die neben- und hauptamtlich Lehrenden auf der anderen Seite.
Zudem werden aus den Erfahrungen mit Lehrveranstaltungen an der Hochschule und deren Reflexion kritische Aspekte der jeweiligen Orientierungshilfen herausgearbeitet, auf deren Grundlage letztlich eine qualitativ-inhaltliche Weiterentwicklung möglich wird.
Als ein erstes Hilfsmittel für ein professionelles Vorgehen zur Entwicklung möglicher Lösungsstrategien der vielfältigen und komplexen Aufgaben Sozialer Arbeit steht den sozialpädagogisch ausgebildeten Lernhelfern als Instrumentarium, als praktisches Handwerkszeug und grundlegende Orientierungshilfe die sogenannte Grundlogik zielorientierten Vorgehens zur Verfügung24.
Darauf folgt ein Rückgriff auf eine der klassischen Methoden der Sozialen Arbeit, die Soziale Einzelfallhilfe, in deren Rahmen zum einen die Zehn Gebote der Sozialarbeit nach LATTKE25, zum anderen die Allgemeinen Prinzipien der Sozialen Einzelfallhilfe nach MAAS26 und nicht zuletzt der sogenannte Methodische-Vier-Schritt 27 als mögliche Orientierungshilfen herangezogen werden können, mit deren Hilfe den sozialpädagogisch Tätigen eine Struktur für ihr professionelles Handeln vorgeschlagen wird.
Der Methodische Vier-Schritt, ursprünglich aus dem Konzept der Sozialen Einzelfallhilfe entwickelt, wird in der Literatur in zwei unterschiedlichen Varianten beschrieben, in dem sogenannten Medizinischen Modell, auch Modell professioneller Expertenschaft genannt, und dem sogenannten Sozialwissenschaftlichen Modell, dem Modell klienteler Kompetenz 28.
Kritisch anzumerken ist im Rahmen der Betrachtung beider Varianten des traditionellen Methodischen Vier-Schrittes die Beobachtung, dass die Aspekte Kompetenz- und Ressourcenorientierung sowie das explizite Formulieren von Zielfragen nicht aufgenommen werden. Dies findet zum Teil erst in dem im Jahre 2011 entwickelten, aus sieben Phasen bestehenden Modell der Kooperativen Prozessgestaltung in der Sozialen Arbeit in Ansätzen statt29.
Des Weiteren wird in aller erforderlichen Kürze in das Konzept des Pädagogen als Lernhelfer nach GIESECKE eingeführt, ein Konzept, das er bereits im Jahre 1987 ausarbeitete und der interessierten Fachöffentlichkeit in Erstauflage vorstellte30.
Da didaktische Überlegungen in Ansätzen immer wieder angebracht werden, lohnt ein einführender Blick auf die Entwicklung einer Didaktik (in) der sozialpädagogischen Arbeit 31.
Die Grundlogik zielorientierten Vorgehens wird in diesem Zusammenhang in pädagogische bzw. didaktische Fachterminologie übersetzt und liegt in deren Anlehnung als Didaktische Analyse nach MARTIN, als Verlaufsmodell der didaktischen Arbeit nach GORGES und als grundlegendes Modell professionellen Handelns mit den Schritten Analysieren, Planen, Handeln und Auswerten/Reflektieren der angebahnten Lern-, Hilfe- und Entwicklungsprozesse vor.
Die Sinnhaftigkeit und Praktikabilität des aus diesen Ansätzen entwickelten Modells der didaktischen W-Fragen wird in Kapitel 3 anhand eines realen Praxisbeispiels aus der sozialpädagogischen Arbeit in einem Neurologischen Rehabilitationszentrum für hirngeschädigte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene veranschaulicht.
Pädagogische, hier im engeren Sinne didaktische Überlegungen können dazu beitragen, weitreichende Lern-, Hilfe- und Entwicklungsprozesse in professioneller Weise planen, durchführen und auswerten zu können.
In Kap. 3 fließen die bislang lediglich auf theoretischer Ebene angestellten Überlegungen ein und werden mit praktischen Erfordernissen in Verbindung gebracht. Anhand eines konkreten Beispiels aus der sozialpädagogischen Arbeit werden die zuvor erläuterten Orientierungshilfen auf ihre Sinnhaftigkeit und praktische Anwendbarkeit hin überprüft32.
Im Rahmen von Kap. 4 werden die wesentlichen Erkenntnisse zusammengetragen und einer kritischen Reflexion unterzogen. Als Erkenntnis werden schließlich sozialpädagogische Grundsätze formuliert, die den außerschulisch tätigen Kolleginnen und Kollegen als Orientierungshilfe für ihr professionell sozialpädagogisches Handeln dienen können. Sie sollen ein Angebot darstellen, über die Grundlagen des eigenen professionellen Handelns (selbst-) kritisch nachzudenken und u.U. neue Perspektiven zu entwickeln.
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