Onora O’Neill zählt zu den wichtigsten Stimmen der politischen Philosophie unserer Zeit. Der Kantischen Tradition eng verbunden, sucht sie in ihrem Buch sowohl Gerechtigkeits- als auch Tugendprinzipien zu begründen. Beide nehmen ihren Ausgang beim Handelnden und seinen Pflichten. Gerechtigkeit verlangt die Verhinderung jeglicher Verletzung von Personen, Tugend verbietet Gleichgültigkeit angesichts fremder Not.
In der globalisierten Welt sind alle Akteure nicht mehr nur auf lokaler, sondern auch auf globaler Ebene in der Pflicht. Daraus folgt, dass die Bekämpfung von Armut, Machtmissbrauch und Unterdrückung in allen Teilen der Welt kein Akt der Güte, sondern vielmehr moralische Pflicht ist.
Onora O’Neill wurde 1941 in Nordirland geboren. Sie ist emeritierte Professorin für Philosophie an der Universität Cambridge und als Baroness O’Neill of Bengarve Mitglied des britischen Oberhauses. 2017 wurde sie mit dem Holberg-Preis ausgezeichnet.
Titel der englischen Originalausgabe:
Justice Across Boundaries. Whose Obligations?
© Onora O’Neill 2016
Die Übersetzung erfolgte in Abstimmung mit Cambridge University Press.
Copyright der deutschen Ausgabe © Claudius Verlag, München 2019
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Umschlaggestaltung: Weiss Werkstatt, München
Layout: Mario Moths
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH, 2019
ISBN 978-3-532-60048-1
INHALT
Teil I Grenzüberschreitender Hunger
2 Rechte, Pflichten und der Hunger in der Welt
Teil II Grenzüberschreitende Rechtfertigungen
5 Ethische Überlegungen und ideologischer Pluralismus
6 Begrenzte und kosmopolitische Gerechtigkeit
7 Pluralismus, Positivismus und die Rechtfertigung der Menschenrechte
Teil III Grenzüberschreitendes Handeln
8 Von Edmund Burke bis zu den Menschenrechten im 21. Jahrhundert
9 Von einer staatsorientierten zu einer globalen Konzeption der Gerechtigkeit
10 Globale Gerechtigkeit: Pflichten in der globalisierten Welt
12 Die dunkle Seite der Menschenrechte
Teil IV Grenzüberschreitende Gesundheit
13 Gesundheitswesen oder Medizinethik: über Grenzen hinaus gedacht
14 Erweiterung der Bioethik: Medizinethik, öffentliche Gesundheit und globale Gesundheit
Dank
Ich bin vielen Freunden, Kollegen und Studenten unendlich dankbar, aber auch meinen Lesern in aller Welt, die mein Nachdenken über Gerechtigkeit und ihre Grenzen in den letzten Jahrzehnten kommentiert und dadurch vertieft haben.
Einführung
Gute Zäune, gute Nachbarn?
In seinem einfachen und doch tiefgründigen Gedicht Mending Wall erzählt uns Robert Frost von einem fiktiven Gespräch, das er mit einem seiner Nachbarn in Neu-England führt. Es geht um die Reparatur der verfallenen Trockenmauer, die ihre beiden Farmen trennt. Farmen, auf denen kein Vieh mehr gehalten wird:
There where it is we do not need the wall:
He is all pine and I am apple orchard.
My apple trees will never get across
And eat the cones under his pines, I tell him.
An diesem Platz bedarf es keiner Mauer: