Vorwort
„Auf Pad“ in Namibia
Wer Namibia kennenlernen möchte, der muss dieses faszinierende und vielschichtige Land mit allen Sinnen ergründen. Für den Blick hinter die Kulissen und ein tieferes Verständnis von Land und Leuten sind längere Aufenthalte oder ein regelmäßiges Wiederkehren nötig. Für die internationalen Besucher ist eine Selbstfahrertour im Camping-Fahrzeug der ideale Weg, um das Land mit all seinen Facetten kennen zu lernen. Der gesamte Reiseverlauf kann auf individuelle Interessen und Wünsche abgestimmt werden. Man ist also vollkommen unabhängig von festen Tagesabläufen und vorgegebenen Routen. Eine Reise im allradgetriebenen Camping-Fahrzeug durch das Südliche Afrika vermittelt ein Gefühl von Freiheit und Individualität, das sowohl die internationalen Gäste als auch die lokalen Reisenden in ihren Bann zieht.
Weniger die große Freiheit als vielmehr Wissenschaft bzw. Leidenschaft führten mich nach Abschluss meines Biologie-Studiums im Jahr 2007 zum ersten Mal nach Namibia. Nachdem in Kapstadt eigens ein VW Bus (T3) erworben wurde, ging es mit diesem auf eine große Reise durchs Südliche Afrika. Diese Reise endete auf der namibischen Farm Claratal, wo ich mehrere Monate verbrachte – vornehmlich um ökologische Daten zur Verbuschungsproblematik zu sammeln. Ganz nebenbei bekam ich so aber auch einen tiefen Einblick in das Leben und Arbeiten in Namibia. In den anschließenden Jahren führte mich meine Arbeit als Reiseleiter und wissenschaftlicher Mitarbeiter nach Südamerika und Ostafrika. Erst 2013 reiste ich wiederum nach Namibia, wobei aus dem privaten Besucher über die Jahre ein zukünftiger Doktorand und schließlich sogar der Verwalter einer Farm wurde. Auf der Jagd- und Gästefarm Okomitundu untersuchte ich zusammen mit anderen Wissenschaftlern (und auch Touristen) im Auftrag des Zoologischen Forschungsmuseums Alexander Koenig die Ökologie von Leopard und Brauner Hyäne auf kommerziellem Farmland. Gern hätten wir unsere Forschung vor Ort weitergeführt, doch wurde das Projekt jäh durch den Verkauf der Farm beendet. So bleiben meiner Lebensgefährtin und mir nur die regelmäßigen, alljährlichen Besuche vor Ort, um Freundschaften zu pflegen und neue Bekanntschaften zu machen – immer auf der Suche nach neuen Forschungsprojekten und unbekannten Zielen und Strecken im Lande.
Die über die Jahre erworbenen Länderkenntnisse und die Erfahrungen im internationalen Tourismus bilden die Grundlage für diesen Reiseratgeber, dem man mit Sicherheit meine Begeisterung für die Region und meine biologische Grundausbildung anmerkt.
Der erste Teil des Buches kommt noch etwas nüchtern daher, liefert aber erste grundlegende Informationen über den Verkehr in Namibia. Neben den offiziellen Verkehrsregeln gibt es Tipps und Tricks für das Fahren auf Namibias Straßen, Pisten oder auch abseits der Wege.
Um die Auswahl von Wegen und Routen geht es im zweiten Teil: von der Planung der Reiseroute über spezielle Hinweise für das Reisen mit Kindern bis hin zu konkreten Routen-Vorschlägen. Die vorgeschlagenen Routen machen dabei an den Grenzen Namibias nicht halt, sondern decken vielmehr das Südliche Afrika ab und reichen weit bis nach Südafrika, Botswana und Simbabwe hinein.
In Teil 3 dreht sich alles darum, das passende Fahrzeug für eine Reise durch Namibia zu finden. Dazu bedarf es detaillierten Informationen über Vermieter und die Mietbedingungen sowie die verschiedenen Fahrzeuge und deren Ausstattung. Wer lieber mit dem eigenen Fahrzeug unterwegs ist, findet Auskünfte über Alternativen zur Miete wie z. B. Verschiffung oder Autokauf.
Im vierten Teil geht die Reise dann endlich richtig los. Die Reise beginnt in Windhoek mit der Abholung des Fahrzeugs vom Vermieter. Danach geht es „auf Pad“, wo alltägliche Situationen (Tanken, Pausen etc.) mit unerwarteten Eventualitäten (Pannen, Unfälle, Tiere etc.) abwechseln. Doch mehr und mehr wird das Leben im Camper zu einem wohlgeordneten Alltag, den es zu beherrschen gilt. Aufgrund der Fülle der Erlebnisse vergehen die Tage in Namibia viel zu schnell; die Nächte werden im trauten, rollenden Heim oder in einer festen Unterkunft verbracht.
Im letzten Teil des Buches rundet der Anhang die Thematik mit nützlichen Adressen und Tipps ab. Er sollte nicht überblättert werden, da er nicht nur verschiedene Kontakte, sondern auch viele Vor-Ort-Tipps sowie ein umfangreiches Wörterbuch in Englisch und Afrikaans enthält. Ein kurzer, schneller Blick in den Anhang kann das ein oder andere Problem lösen!
Auf ein Wiedersehen in Namibia und immerzu „Gute Pad!“,
Bernhard Vogt
Denke ich an Namibia, so erinnere ich mich auch an Katha, Tatonka, Renate, Balu und Ocki.
Denke ich an dieses Buch, danke ich der Verlegerfamilie Walter für das Vertrauen und Verständnis, Jörg Ehrlich und seinem Team von DIAMIR für die Möglichkeiten, meiner Familie und meinen Freunden für die Unterstützung – ganz besonders Johanna, Katrin, Michi, Kuddel, Kristina und Jenny.
Teil 1 Namibia – Afrikas Selbstfahrerparadies
Namibias Weite!
1. Das Straßennetz Namibias
Dem Horizont entgegen!
1. Das Straßennetz Namibias
Namibia besitzt ein hervorragend ausgebautes Straßennetz mit einer Gesamtlänge von über 45.000 Kilometern. Die Infrastruktur hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht und steht heute in vielerlei Hinsicht an der Spitze der afrikanischen Länder. Mit rund 250 Kilometern ausgebauter und staatlich unterhaltener Straßen pro 10.000 Einwohnern dürfte Namibia sogar den Weltrekord in der Kategorie „Straßendichte je Einwohner“ halten.
Nun weisen aber nicht alle 45.000 Straßenkilometer dieselbe Qualität bzw. Fahrbahnbeschaffenheit auf. Nur gut 7000 Kilometer des gesamten Straßennetzes Namibias sind asphaltiert; beim Rest handelt es sich um nicht-geteerte Straßen (Schotter, Sand, Salz etc.). Darum werden auch die Straßentypen und deren Nummerierung entsprechend der Fahrbahndecken kategorisiert.
Straßen
A-Straßen
Autobahnen mit mindestens zwei Fahrspuren pro Richtung und stets asphaltiert
B-Straßen
Nationalstraßen: mindestens zweispurig und asphaltiert
C-Straßen (neu: MR-Straßen)
Hauptstraßen (main roads): teilweise asphaltiert, sonst mit Kiestragschicht, d. h. Schotter
D-Straßen (neu: DR-Straßen)
Distrikstraßen (district roads): unterschiedlich gut gewartete Schotterpisten; in wenigen Ausnahmefällen (DR3608) auch asphaltiert
M-Straßen
ersetzen bzw. ergänzen teilweise die Bezeichnungen der C- und D-Straßen und sind länderübergreifend angelegt
P-Straßen (neu: F-Straßen)
schmale und nicht regelmäßig gepflegte private Zufahrtswege zu Farmen, die nicht direkt über eine der anderen Straßen erreichbar sind
Windhoek