Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten Deutschlands. Wolfram Letzner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Wolfram Letzner
Издательство: Автор
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Жанр произведения: Книги о Путешествиях
Год издания: 0
isbn: 9783943904376
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Länge von 12 m. Summiert man alle Funde, kann man sich durchaus eine kleine stadtähnliche Siedlung vorstellen – auch wenn nicht alle Bauten gleichzeitig genutzt wurden.

      Was aber war die Ursache für den Wohlstand der Siedlung? Eingangs war darauf verwiesen worden, dass sich hier mehrere Fernwege trafen, also ideale Voraussetzungen für Handwerk und Handel bestanden. Als Handelsware kommen etwa Roherze, Metallgeräte und das begehrte Salz infrage. Um 600 v. Chr. brach die Besiedlung ab und die Forschung war lange Zeit der Ansicht, erst im frühen Mittelalter sei der Heeseberg wieder besiedelt worden. Dies ist insofern richtig, als dass hier keine größere Siedlung existierte. Mit den neuen Ausgrabungen konnte aber ein germanisches Gehöft des 2./3. Jhs. n. Chr. nachgewiesen werden.

      Im 6. oder 7. Jh. drangen die „Altsachsen“ in die Gegend ein – dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss verschiedener westgermanischer Stämme, die sich selbst als Sachsen bezeichneten, heute aber Altsachsen genannt werden, um sie von den heutigen Sachsen und der so betitelten Region klar unterscheiden zu können. Natürlich erkannten sie den strategischen Wert des Heesebergs und befestigten ihn erneut mit Erdwall und Palisade.

      Der Name der Befestigung könnte Ocsioburg, Hocseburg oder Hohseoburg gewesen sein. Ein entsprechender Ort wird in fränkischen Reichsannalen mehrfach in den 40er-Jahren des 8. Jhs. als Sitz des sächsischen Fürsten Theoderich erwähnt, der den Aufstand gegen den fränkischen Hausmeier Pippin (714–768, ab 751 König der Franken) unternahm.

      Der sächsische Widerstand gegen die Franken wurde erst durch die Sachsenkriege Karls des Großen zwischen 772 und 804 endgültig gebrochen. Die sächsische Festung auf dem Heeseberg wurde im Laufe dieser kriegerischen Auseinandersetzungen, in denen sie möglicherweise eine zentrale Rolle spielte, zerstört. Bis zu den neuen Ausgrabungen war man davon ausgegangen, der Ort sei danach aufgegeben worden. Jedoch nutzten fränkische Truppen den Platz weiter, denn die strategischen Anforderungen an einen Platz veränderten sich nicht. Wie lange allerdings die fränkische Besetzung des Heesebergs dauerte, konnte noch nicht sicher geklärt werden.

      Heeseberg-Museum Watenstedt

      Das Heeseberg-Museum befindet sich in den Gebäuden eines denkmalgeschützten Bauernhofs. Neben den archäologischen Funden vom Heeseberg finden sich eine volkskundliche Sammlung sowie Fossilien.

      Literatur

      I. Heske, Bronzezeitlicher Herrschaftssitz mit Außensiedlung, AiD 2010/4, 8–13; H. Brandorff, Das Heeseberg-Museum in Watenstedt (2008); S. Grefen-Peters – H. Zellmer, Von der Salzwiese zum Steppenrasen: Erlebnispfad Heeseberg – Großes Bruch – Hünenburg (2008).

      Nordstraße 32, 38384 Watenstedt, Tel. 05345-296, www.samtgemeindeheeseberg.de

      Im Jahr 2008 stand ein seltsamer Fund am Beginn der sensatio-nellen Entdeckung eines antiken Schlachtfeldes im Harz! Wer waren die Akteure, wer war der Sieger und warum kam es hier zur Schlacht? Diese Fragen konnten durch umfangreiche Untersuchungen geklärt werden, die die Beziehungen zwischen dem freien Germanien und dem Römischen Reich im 3. Jh. n. Chr. in einem neuen Licht erscheinen lassen. Wäre das freie Germanien vielleicht doch beinahe noch römisch geworden?

      [16] Northeim: Harzhornschlacht – Geheimoperation Schlachtfeldarchäologie

      Niedersachsen

      Lange glaubte man, mit der katastrophalen Niederlage des Varus im Jahr 9 n. Chr. sei den Römern jegliche Lust vergangen, im freien Germanien Einfluss zu nehmen. Spätere Feldzüge der Römer in germanisches Gebiet, von denen die Quellen berichten, wurden zumeist als Abwehr feindlicher Angriffe oder als begrenzte Strafexpeditionen verstanden.

      Im Jahr 233 n. Chr. waren die Alamannen, ein germanischer Stamm, einmal mehr in römisches Reichsgebiet eingefallen und bis Mainz vorgedrungen. Dies war möglich geworden, da der Kaiser Severus Alexander (222–235 n. Chr.) für einen Feldzug im Orient Truppen aus den westlichen Provinzen abgezogen hatte.

      Nachdem der Kaiser den Krieg im Orient verloren hatte, widmete er sich dem Vergeltungsangriff gegen Germanien. Dazu zog er 234 n. Chr. in Mainz ein Heer zusammen und bereitete den Aufmarsch durch eine Brücke über den Rhein vor. Statt nun den Feldzug auch durchzuführen, wollte er den Alamannen aber lieber riesige Geldsummen bezahlen. Die Truppen in Mainz, darunter die 4. Legion, meuterten, ermordeten Severus Alexander und riefen den erfahrenen Feldherrn Maximinus Thrax (235–238 n. Chr.) zum neuen Kaiser aus. Maximinus führte den Feldzug durch, doch wurde über dessen Verlauf und Ausmaß fast nichts überliefert.

      Umso bedeutender sollte daher ein Ereignis im Jahr 2008 sein, als zwei glücklicherweise ehrliche Sondengänger unweit der Stadt Northeim in einem Waldstück immer wieder auf Metallfunde stießen. Die Vielzahl der Objekte veranlasste die Finder, sich mit der zuständigen Kreisarchäologie in Verbindung zu setzen, auch auf die Gefahr hin, sich gewaltigen Ärger einzuhandeln, da es sich bei ihrem Hobby eigentlich um ein illegales handelt.

      Die Fachleute erkannten schnell, dass hier eine ganz besondere Fundstelle vorliegen müsse. Sofort begann man unter größter Geheimhaltung die Stelle zu begehen. Zahllose Metallgegenstände – Waffen, Münzen und Schuhnägel, mit denen die Sohlen römischer Soldatenstiefel beschlagen waren, und andere militärische Ausrüstungsgegenstände – deuteten auf die Anwesenheit einer größeren römischen Truppe hin. Aufgrund der Verteilung der Funde und ihrer Zusammensetzung war schnell klar, dass hier kein römisches Lager zu finden war, sondern dass es sich offenkundig um ein antikes Schlachtfeld handelte.

      Die weiterführenden Untersuchungen, die den Begehungen folgten, erlaubten es, den Ablauf des Geschehens zu rekonstruieren. Danach war eine römische Armee vermutlich bis zur Elbe vorgestoßen. Weil bei deren Rückmarsch eine schmale Senke zwischen dem Harzhorn im Westen und dem unwegsamen Bergland im Osten passiert werden musste, blockierten die Germanen den Weg, um aus sicherer Position heraus die Römer angreifen zu können. Jedoch konnten die Römer aufgrund der überlegenen Waffentechnik und eines geschickten Umgehungsmanövers den Durchbruch erzwingen und in verschiedenen Einzelgefechten die germanischen Gegner besiegen. Damit war der Rückweg frei. (Abb. 16)

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      In den nächsten Jahren wird man den Verlauf der Schlacht noch viel genauer darstellen können. Drei Voraussetzungen für diese Prognose spielen dabei eine wichtige Rolle: Das Schlachtfeld lag seit den Geschehnissen so abseits, dass es nie bebaut oder auch nur als Ackerland genutzt wurde. Daneben bot der kalkhaltige Boden optimale Voraussetzungen für die Konservierung von Metallobjekten. Und schließlich muss man das Verhalten der damaligen Konfliktparteien näher betrachten. Die siegreichen Römer wollten ihren Erfolg nicht aufs Spiel setzen, indem sie sich um das Aufräumen eines Schlachtfeldes kümmerten, während die Germanen, die sonst gerne das Schlachtfeld plünderten, den Ort ihrer Niederlage aus religiösen Gründen oder des Aberglaubens wegen mieden.

      Noch heute lassen sich die Positionen der Gegner genau nachvollziehen. Dort, wo viele römische Pfeilspitzen gefunden wurden, befanden sich die Ziele der Römer, die germanischen Stellungen. Genauso lässt sich aus der Verteilung der Schuhnägel ein römisches Bewegungsprofil ableiten.

      Die Ausgräber stellten sich natürlich sofort die Frage, mit welchem geschichtlichen Ereignis diese Schlacht verbunden gewesen sein könnte. Eine Antwort gaben die Funde: Unter den zahlreichen römischen Münzen stammten die jüngsten aus dem Jahr 228 n. Chr.; damit musste die Schlacht nach diesem Datum stattgefunden haben. Im Jahr 2011 kam ein weiterer Schlüsselfund ans Tageslicht: Eine hervorragend erhaltene römische Pionieraxt konnte durch eine Inschrift dem Material der 4. Legion zugeordnet werden, die 234/235 n. Chr. zu den in Mainz ansässigen Truppen gehörte. Damit war klar, dass hier ein Zeugnis jenes Feldzuges vorlag, den Severus Alexander geplant, Maximinus Thrax aber durchgeführt hatte. Die Dimensionen deuten auch darauf hin, dass Rom sein Interesse