Warum in aller Welt machen die Leute so ein Theater, wenn sie zum Zahnarzt sollen? Alles, was man braucht, ist ein bisschen Courage, das ist alles.
Sonntag, 5. Januar
Brachte Anne ohne Hadern und Murren den Tee ans Bett.
Lange Stille Zeit.
Lud Richard Cook, Leonard Thynn und Edwin Burlesford, unseren Gemeindeältesten, zum Sonntagstee ein. Gerald benahm sich bis kurz vor Schluss mustergültig.
Plötzlich beugte er sich geheimnisschwanger vor und sagte mit todernster Miene: »Richard, darf ich dir mal unter dem Siegel der Verschwiegenheit eine wirklich erstaunliche Tatsache verraten?«
Richard lernt es nie.
»Nur zu«, sagte er – gespannt wie ein Regenschirm.
»Wusstest du«, sagte Gerald feierlich, »dass die Buchstaben von Michael Jackson so umgestellt werden können, dass sie Na ja, Milchsocke! ergeben?«
Anne runzelte die Stirn.
Ich erstickte am Tee.
Edwin prustete.
Leonard gackerte.
Richard fragte: »Wer ist Michael Jackson?«
Montag, 6. Januar
Machte auf dem Heimweg von der Arbeit einen Abstecher in den christlichen Buchladen.
All diese Bücher!
Gerald sagt, erbauliche Taschenbücher sind wie chinesisches Essen. Zunächst sehr sättigend, aber es dauert nicht lang, bis man wieder was braucht.
Erwischte aber diesmal ein wirklich gutes Buch über den Glauben. Es heißt: »Du liebe Güte – was in aller Welt tun wir in Gottes Namen um Himmels willen?«
Finde den Titel sehr originell.
Es geht darum, wie Christen durch den Glauben Berge versetzen können, wenn sie wirklich im Einklang mit Gott sind. Sehr inspirierend.
Wartete, bis keiner in der Nähe war und begann, mit einer Büroklammer zu üben. Legte sie auf den Schreibtisch, blickte sie gebieterisch an und wollte, dass sie sich bewegt. Nichts! Versuchte, es ihr mit lauter Stimme zu befehlen.
In diesem Moment kam Gerald herein und fragte: »Warum schreist du so rum, Papa?«
Konnte ihm schlecht erklären, dass ich einer Büroklammer Kommandos gab!
Sagte, ich übe Stimm-Projektion.
Er fragte: »Was ist denn das?«
Ich sagte: »Weiß ich selber nicht.« Fühlte mich wirklich belämmert.
Anne erzählt, dass bald wieder jemand ins leer stehende Haus nebenan einzieht. Wäre schön, wenn es Christen wären oder wenigstens Leichtbekehrbare.
Dienstag, 7. Januar
Gerald hat es geschafft, einen Samstagsjob bei Woolworth zu kriegen. Sagt, das würde dazu beitragen, das musikalische Equipment für die Band zu finanzieren.
Anne fragte: »Bist du sicher, dass du nach einer langen Woche im College nicht zu erschöpft bist?«
Gerald lachte, als hätte sie etwas besonders Albernes von sich gegeben!
Am Abend ein weiteres Rendezvous mit der Büroklammer. Nahm diesmal wirklich Vollmacht über sie in Anspruch. Rührte sich keinen Millimeter vom Fleck.
Sagte Gott, ich würde alles aufgeben, was er von mir verlangt, wenn er sie dazu bringen würde, sich wenigstens drei Zentimeter zu bewegen.
Nichts!
Alles ziemlich besorgniserregend. Wenn man bloß den Glauben von der Größe eines Senfkorns braucht, um einen ganzen Berg zu versetzen, wie viel Hoffnung gibt’s dann für mich, wo ich nicht mal eine Büroklammer motivieren kann, zu machen, was man ihr sagt!
Mittwoch, 8. Januar
Richard und Edwin haben am Abend auf eine Tasse Kaffee reingeschaut. Wir plauderten ein Weilchen, als plötzlich Gerald mit einer Ladung Leitungen und Steckern und ähnlichem Zeug unterm Arm reinkam.
Richard sagte: »Ich höre, du wirst am Sonnabend dem Herrn bei Woolworth dienen, Gerald.«
»Hängt davon ab, ob er reinkommt oder nicht«, sagte Gerald.
Komische Sache – Richard, bei dem die Religion aus allen Knopflöchern trieft, machte eine unheimlich finstere und sauertöpfische Miene, als er das hörte. Edwin dagegen, der Kirchenältester ist und bei uns mehr oder weniger die Gemeinde managt, fiel in seinen Sessel, strampelte mit den Beinen und lachte sich halb tot. Seltsam!
Hoffte, Richard würde vor Edwin aufbrechen, damit ich ein bisschen Seelsorge in Sachen Glaube kriegen könnte, aber die beiden gingen zusammen.
Erzählte Anne später, ich hätte von einem Mann gehört, der versucht hat, durch den Glauben eine Büroklammer zu bewegen, es aber nicht geschafft hat. Sie gähnte und meinte: »Na ja, ein paar abartige Spinner muss es wohl geben.«
Donnerstag, 9. Januar
Am Abend Hauskreis. Wir hörten eine evangelistische Kassette von Billy Graham. Die alte Mrs. Thynn, die fast taub und etwas schwer von Begriff ist, sagte: »Seit Billy Graham im Fernsehen übers Brot des Lebens geredet hat, kauf ich nur noch Graham-Brötchen. Was meint ihr, wie meine Verdauung seitdem funktioniert!«
Danach trotzdem noch gute Gebets- und Anbetungszeit. Vergaß fast eine Stunde lang die Geschichte mit der Büroklammer, weil ich an Jesus dachte und dadurch ganz abgelenkt wurde. Bat Gerald am Ende der Anbetungszeit, die Anzahl der gewünschten Getränke festzustellen.
Er sagte: »Also, ihr goldigen Charismatiker – Hände runter, wer Kaffee will!«
Ich weiß nicht, warum man ihm das alles durchgehen lässt.
Ein ziemlich merkwürdiges Paar war heute zum ersten Mal da, Mr. und Mrs. Flushpool. Sagten den ganzen Abend kein Wort, saßen bloß da und hörten zu. Edwin nahm mich später beiseite und fragte, ob ich die beiden nicht demnächst mal zum Abendessen einladen könnte, weil sie doch gerade erst Gemeindemitglieder geworden sind und noch keinen kennen. Sagte, ich müsste erst mal Anne fragen. Edwin war draußen, bevor ich ansetzen konnte, ihm mein Glaubensproblem anzuvertrauen.
Freitag, 10. Januar
War wieder in der Unity Hall, um zu sehen, wie sich die Band macht. Dieser technische Aufwand! Klang aber schon viel besser. Denke, sie haben jetzt das Stadium erreicht, wo sie sich mit Fug und Recht »Keine besonders gute Nachricht für den Teufel« nennen könnten.
Sie sagten, Sachen wie Plattenverträge würden sie überhaupt nicht reizen, außer natürlich, sie würden in diese Richtung geführt werden. Dieser William Farmer kommt mir allerdings noch immer ein bisschen überspannt vor. Wenn der in dem einen oder anderen christlichen Zirkel auftreten würde, die ich kenne, würde bestimmt irgendwann einer aufstehen und einen Exorzismus vorschlagen.
Anne sagt, die Flushpools könnten nächste Woche Donnerstag kommen. Wirkte dabei nicht übermäßig begeistert. Ungewöhnlich für Anne. Normalerweise ist sie sehr gastfreundlich.
Samstag, 11. Januar
Stand heute zeitiger auf, um dieser verflixten Büroklammer eine letzte Chance zu geben. Endete damit, dass ich sie grimmig, wenn auch phon-schwach (weil ich keinen wecken wollte), anzischte. Als ich aufgab und die Tür aufmachte, stieß ich auf Anne und Gerald im Nachthemd, die gelauscht hatten und ziemlich besorgt aus der Wäsche guckten.
Anne sagte: »Schatz, warum sagst du zu der Büroklammer, du würdest