Sigrid Uhlig
Mit dem Schreiben von Gedichten begann sie in der achten Klasse. Berufsausbildung, Studium und die Familie waren wichtiger als Hobbys. 1982 zogen sie von Mecklenburg/Vorpommern nach Dessau.
Seit 1984 gehört sie dem Zirkel „Schreibende Arbeiter“ der ehemaligen Maschinenfabrik und Eisengießerei unter der Leitung der Dessauer Autorin Ursula Hörig an. Dieser Zirkel arbeitet noch immer.
Bisherige Veröffentlichungen:
Anthologien und regionale Presse,
„Teneriffa-Märchen“ im Projekte-Verlag,
„Wehre dich deiner Haut“ im Engelsdorfer Verlag.
Sigrid Uhlig
LAND DER GEFÜHLE
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2019
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Mein Dank gilt dem Meeresmuseum Stralsund und der Francisceumsbibliothek in Zerbst, Bilder dieser Einrichtungen veröffentlichen zu dürfen.
Zweite überarbeitete Auflage
Copyright (2019) Engelsdorfer Verlag Leipzig
Alle Rechte beim Autor
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
INHALT
Der schlaue Fischer von Carolinensiel
Das Gefräßige Meer
Der Eisige Bach
Diebesland
Der Diamantenbaum
Frau Angst
Der Süße See
Kreis der Tödlichen Liebe
Das Wissen
Das Hungerschloss
Im Närrischen Meer
Die Heulenburg
Im Unbekannten Land der Frommen
DAS BUMMLICH-FUMMLICH-LAND
Es war einmal, so fangen Märchen an. Aber ich will keine Märchen erzählen, sondern die Abenteuer eines Jungen. Er hat sie wirklich und wahrhaftig erlebt.
Es war einmal ein kleiner Junge mit Namen Peter. Er war sieben Jahre alt. In einigen Wochen sollte er zur Schule gehen. Die Kinder nannten ihn nur Bummelpeter oder: „Seht mal! Da kommt der Bummlich-Fummlich.“
Warum ärgerten sie ihn?
Peter war an technischen Dingen sehr interessiert. Damit er aber nicht mit Geräten spielte, die für Kinder ungeeignet sind, schenkten ihm die Eltern Baukastensysteme. Peter wurde nicht müde, die kniffligsten Vorlagen nachzubauen. Oft erfand er fantasievolle Gebäude und Fahrzeuge, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Im Kindergarten war er der beste Bastler. Aber bei allem, was er tat, ob beim An- oder Ausziehen, Essen, Spazierengehen oder Spielen, Peter war immer der Letzte. Nie wurde er rechtzeitig fertig.
Kinder, könnt Ihr Euch das Durcheinander auf der Welt vorstellen, wenn sich niemand mehr nach der Uhrzeit richtet? Damit das nicht passiert, halfen ihm Vati, Mutti, die fünf Jahre ältere Schwester Marion, die Kinder im Kindergarten und Frau Lustig, die Erzieherin. Peters Vati war Offizier bei der Bundeswehr. Er mochte gar nicht daran denken, was passieren würde, wenn die Soldaten so langsam wären wie sein Sohn.
An einem Regentag hatte Frau Lustig den Kindern die Geschichte vom Schlaraffenland erzählt. Doreen sagte anschließend: „Schade, dass es kein Bummlich-Fummlich-Land gibt. Dann würden wir Peter dort hinschicken.“
Alle Kinder lachten, nur Peter nicht. Traurig verzog er sich in die hinterste Ecke des Zimmers. Er wusste, dass Fummlich eigentlich ein Lob war. Die Kinder bestaunten immer seine Bastelarbeiten. Aber Bummlich?
Er wollte doch gar kein Bummlich sein! Schon oft hatte er sich vorgenommen, schneller zu werden. Doch je mehr er sich anstrengte, umso länger dauerte alles.
Inzwischen hatte sich das immer fröhliche Gesicht von Frau Lustig zu einer drohenden Gewitterwolke verändert. Doreen senkte den Kopf. Sie schämte sich. Eigentlich mochte sie Peter. Aber wenn man ständig auf ihn warten oder ihm helfen musste, da durfte man doch mal die Geduld verlieren. Sie schritt auf Peter zu und reichte ihm die Hand. „Entschuldige bitte.“
Gemeinsam gingen sie zu den anderen Kindern.
Vati war mit seinen Soldaten im Sommer-, Marion im Ferienlager. Muttis Freundin war zu Besuch. Lange hatten sie sich nicht gesehen. Da gab es viel zu erzählen. Sie tranken Wein und waren in ausgelassener Stimmung. Als die Freundin ging, war Mitternacht lange vorbei. Am Morgen wurde das Kind etwas unsanft wachgerüttelt. „Peter, schnell, beeile dich, wir haben die Zeit verschlafen.“
Aber es war wie immer. Alles dauerte noch viel länger als sonst. Während Mutti Peter beim Anziehen half, erklärte sie ihm, dass er allein in den Kindergarten gehen