Wenig später nahm ein groteskes Theaterstück seinen Anfang. Die Streichermusik verstummte, woraufhin ein Mann und eine Frau das Podium betraten. Die beiden trugen nichts außer unheimliche schwarze Vogelmasken. Sie wechselten ein paar gestelzte Phrasen über Befreiung, Verfolgung und Leidenschaft, dann begann der Mann die spitzen Brüste seiner Partnerin mit seinen Fingern zu stimulieren. Leo war klar, was nun folgen würde. Das Ganze war ein okkult angehauchter Live-Sex-Act.
Unter weiteren eigenartig formulierten Dialogen gingen die beiden Akteure zu Werke. Der Penis des Mannes erigierte, als die Frau ihn beidhändig mit Daumen und Mittelfinger befühlte und streichelte. Die geschlechtliche Vereinigung sollte ihnen jedoch verwehrt bleiben. Weitere Akteure betraten die Bühne und trennten die beiden gewaltsam voneinander. Auch die neu Hinzugekommenen trugen nichts außer Masken am Leib, Masken, die lediglich ihre Augenpartien verhüllten. Eine Frau, deren Stirn eine Pfauenfeder zierte, schwang sich zu einer nach Leos Ansicht weitgehend sinnfreien Rede in Versform auf, woraufhin sich das sexuelle Treiben fortsetzte. Zwei Damen fielen über den Vogelmann her, die Vogelfrau wurde von zwei Herren bedient. Ein weiteres Pärchen ging zu Fuße des Galgens zur Sache.
Unter seiner Robe erigierte auch Leos Penis. Das schamlose Schauspiel nahm ihn gefangen, faszinierte ihn, drohte ihm beinahe die Sinne zu rauben. Er war sich sicher, dass der eigentümlich süßliche Duft, den er schon eine ganze Weile schnupperte, zu seinen Regungen und neuerlichen Fantasien beitrug. Ob Sandra eine der Akteurinnen war? Den Gedanken empfand Leo ungeahnt aufregend. Er beäugte die weiblichen Darsteller ganz genau, ihre gesichtslosen Münder, ihre Brüste, ihre Beine, ihre geöffneten Vaginas. Zehn Jahre waren eine zu lange Zeit, wie er feststellte. Er konnte unmöglich verifizieren, ob einer dieser ekstatisch zuckenden Körper der von Sandra war.
Die orgiastischen Liebesspiele auf dem Podium hielten an und wurden nur hin und wieder von den vermeintlich poetischen Auswürfen der Beteiligten unterbrochen, wenn sich Stellungen und Konstellationen neu ordneten.
Dass sich die Lichtverhältnisse im weiteren Voranschreiten der Inszenierung weiter geändert hatten, war Leo aufgrund des lasziven Schauspiels weitgehend entgangen. Als er bemerkte, dass einige Umstehende ihre Plätze aufgaben und dem Theaterstück den Rücken kehrten, schaute er sich um. Im rückwärtigen Bereich des Saals, wo zuvor alles in Finsternis ruhte, hatten sich ebenfalls Lichter eingeschaltet. Viele kleine Salzkristalllampen tunkten eine Ansammlung von Laken, Polstern und Liegen in ein tiefes Purpur. Etliche Vermummte machten sich auf den Weg in das Areal. Leo beobachtete, wie sie ihre Roben abwarfen und sich dann zu Paaren oder in kleinen Grüppchen niederließen. Eine kollektive Orgie nahm ihren Anfang.
Die Reihen der Zuschauer hatten sich gelichtet, doch die Podiumsaktivisten waren noch leidenschaftlich bei der Sache. Als Leo sich wieder zu ihnen umwandte, sah er sich einem anderen Robenträger gegenüber. Ein Gesicht war unter der Kapuze nicht auszumachen.
Instinktiv wich Leo einen Schritt zurück. Er fühlte sich ertappt, durchschaut, entblößt. Dass sich unter seiner Robe zudem sein erigiertes Glied abzeichnete, intensivierte dieses Gefühl. Obgleich er die Augen seines Gegenübers nicht ausmachen konnte, spürte er, wohin dessen Blick gerichtet war.
Leo war kurz davor, Reißaus zu nehmen, als sich zwei filigrane Hände von der vor ihm stehenden Robengestalt lösten und sich zu der verräterischen Ausbeulung an seiner Körpermitte aufmachten. Es waren zweifellos die Hände einer Frau. Leo ließ zu, dass sie durch den groben Stoff der Robe seinen Penis befühlte, sehnte sich sogar nach dieser intimen Berührung.
»Bist du allein?«, sprach eine leise, feminine Stimme unter der Kapuze.
»Yeahhh«, gab Leo als ein verunglücktes Stöhnen von sich.
Die zärtlichen Finger ließen von seinem Penis ab und strichen über den Stoff zu seiner Brust hinauf. Erst am Ansatz seiner Kapuze machten sie Halt. Leo hingegen hatte seine beiden Hände zur absoluten Untätigkeit eingefroren. Selbst wenn er es gewollt hätte, er hätte nicht verhindern können, dass ihm die vermummte Frau die Kapuze zurückschlug und ihn damit allen Anwesenden preisgab.
Selbst jetzt konnte Leo nur an Sandra denken. Schaute sie ihm gerade zu? Steckte sie unter einer der Kapuzen? Oder war das Geschöpf ihm gegenüber gar niemand anderes als sie?
Die nagende Neugier brachte Kraft und Leben in seine Hände zurück. Er strich seinem Gegenüber behutsam über die Schultern und nahm ihre Kapuze in Besitz. Als er sie zurückschlug, kam ein hübsches Gesicht, eingerahmt von langen dunkelroten Haaren, zum Vorschein. Ihr Anblick verdrängte sogar das imaginäre Gesicht von Sandra ein paar Momente lang aus Leos Bewusstsein.
»Komm«, sprach die Unbekannte und nahm Leo an die Hand.
Er wusste, was nun geschehen würde - und nichts wollte er im Augenblick mehr. Die junge Frau, sie war vielleicht sechsundzwanzig, älter nicht, führte ihn ins purpurne Gelage, wo sich längst Dutzende Körper ungehemmt ihrer Lust hingaben. Leo wurde Zeuge verschiedenster Variationen menschlicher Paarungsgewohnheiten. Nicht wenige wurden zu dritt, zu viert und mehreren auf engstem Raum ausgelebt.
Als seine Begleiterin begann, ihre Robe aufzuschnüren, gehörte Leos Aufmerksamkeit ganz ihr. Sie entblößte einen betörend schönen, schlanken Körper mit üppigen Brüsten, dessen Anblick Leo den Atem raubte. Seine Hände waren dadurch erneut zur Untätigkeit verdammt, somit oblag es ihr, ihm seine Robe auszuziehen. Ihre Finger lösten die Schleife am Halsansatz, dann hob sie die Kutte über seinen Kopf hinweg und warf ihn über einen niedrigen Mauerlauf aus dem Wirkungskreis der Salzlampen.
Hände und Körper fanden zueinander. Ihre Finger strichen wie prüfend über seine verkümmerte Brustmuskulatur, seine Finger fanden ihre aufgerichteten Nippel. Leo wollte sich in diese vollen Brüste vergraben, doch noch hielt sie ihn auf Distanz.
»Ist dir dieser Platz genehm?«, schnurrte sie und wies auf etwa drei Quadratmeter Bodenraum, der gerade von niemandem der anderen Vögelnden beansprucht wurde.
Leo konnte nur nicken. Er hätte auch genickt, hätte sie ihn gefragt, ob er mal schnell zum Mond fliegen könne.
Sie ließ sich nieder und zog ihn mit sich. Auf Knien konnte Leo endlich seinem vorangegangenen Verlangen nachgeben und machte sich mit Händen und Lippen über ihre Brüste her, womit er ihr ein verzücktes Stöhnen entlockte. Sandra war plötzlich bedeutungslos, ebenso die ungewisse Örtlichkeit. Die Leute um sie herum waren vergessen. Leo knetete und bearbeitete ihre Brüste wie im Akkord. Sie wand sich gefällig unter ihm, schmiegte sich an ihn und ermunterte ihn fordernd fortzufahren. Leo entsprach ihrem Wunsch. Seine Hände bei ihren Brüsten verweilend, arbeitete er sich tiefer, leckte Bauch und Nabel, bevor er sich ihrem Süßesten annahm. Durch einen synchron gestutzten Flaum dunklen Schamhaares erschmeckte er mit seiner Zunge das Zentrum ihrer Weiblichkeit.
Ihre Schenkel kneteten seinen Kopf, während Leos Zunge die inneren Regionen ihrer Vulva erforschte und auch ihre Perle benetzte. Die Rothaarige zuckte begierig, trieb ihn mit Händen und ihren Fersen auf seinem Rücken an, tiefer vorzudringen. Leo war mehr als bereit dazu. Er befreite seinen Kopf aus dem Mahlwerk ihrer Schenkel und brachte seinen Penis in Position, in sie einzudringen. Sie aber wies ihn zurück. Leo verstand nicht und fürchtete, etwas falsch gemacht zu haben.
»Nicht so schnell, Stürmer«, gemahnte sie ihn mit einem provozierenden Lächeln.
Sie langte an ihm vorbei zu ihrer Robe und holte ein Präservativ aus einer Tasche.
Die schleichende Erkenntnis, wie dumm und leichtsinnig er gerade zu handeln bereit war, entriss Leo seinen ureigenen Welten blinder Begierde. Hätte sie sich nicht prompt über sein Glied hergemacht, er hätte womöglich aus Scham vor sich selbst und seiner Verantwortungslosigkeit das Weite gesucht. So aber entrollte sie mit geübten Fingern das Kondom, während ihre andere Hand zärtlich seine Hoden wog. Ungewollt gab Leo ein lustvolles Ächzen von sich.
Dann legte sie sich zurück und öffnete ihre Schenkel.
»Nun komm, mein Mittelstürmer«, verlangte sie mit fordernden Blicken.
Leo kam der Einladung augenblicklich nach und drang in sie ein. Nachfolgend arbeitete er in ihr, als müsste