Mein Tipp für diese Situation ist, auf die E-Mail mit einer freundlichen Einladung zu einem ausführlichen persönlichen Gespräch zu antworten. Betonen Sie in dieser E-Mail, dass Sie für eine langfristige zielorientierte Zusammenarbeit den Interessenten genauer kennenlernen möchten und auch für den Interessenten die Möglichkeit des Kennenlernens von hoher Bedeutung ist. Lehnt der Interessent ein persönliches Gespräch ab und insistiert weiter auf die Bekanntgabe eines Honorars, sollten Sie die Anfrage höflich ablehnen. Besonders verdächtig sind E-Mails, in denen bereits gewisse Parameter für die Honorargestaltung (Umsatz, Bilanzsumme, Anzahl der Arbeitnehmer, Buchungsumfang, etc.) detailliert genannt sind. In vielen Fällen hat sich dabei herausgestellt, dass der Interessent für eine bereits von einem anderen Steuerberater erbrachte Leistung Preisangebote einholte, um mit dem bestehenden Steuerberater durch Preisvergleiche das Honorar zu reduzieren. Machen Sie bei derartigen Praktiken nicht mit!
Die zu beachtende Grundregel lautet: Kein Angebot ohne Gespräch. Natürlich könnte Ihnen tatsächlich einmal ein potenziell attraktiver Mandant durch die Lappen gehen und in ausgewählten Einzelfällen ist ein Abweichen von der Grundregel möglicherweise sinnvoll. Im Großen und Ganzen ist jedoch das persönliche Gespräch die entscheidende Voraussetzung für die Erstellung eines Angebots. Ohne die Erwartungen des Mandanten zu kennen, ist es so gut wie unmöglich das passende Leistungsspektrum zu fixieren. Der Fragebogen für das Erstgespräch, den Sie auf meiner Homepage www.stefanlami.com unter Downloads finden, verstärkt diese Auffassung. Durch den Fragebogen erfahren Sie genau jene Faktoren und Haltungen des Mandanten, die es Ihnen erst ermöglichen, den Mandanten entsprechend seinen Wünschen zu betreuen und dafür auch das richtige Honorar festzulegen.
Hinweis
Einen Merksatz gilt es in diesem Zusammenhang auch zu beachten: Der Mandant, der wegen des Preises zu Ihnen kommt, wird Sie auch wegen des Preises wieder verlassen. Diese „Price-Shopper“ sind immer auf der Suche nach dem günstigsten Angebot ohne dem Wert und der Qualität der Beratungsleistung besonderes Augenmerk zu schenken. Auf Dauer werden Sie derartige Mandanten nicht zufriedenstellen, außer, sie reduzieren immer wieder Ihr Honorar.
17. Wie trenne ich mich von Mandanten, die die Leistungen des Steuerberaters einfach nicht schätzen?
In der Beantwortung der Frage 7 bin ich bereits auf ungeliebte Mandanten eingegangen und stellte die Gründe dar, warum Sie sich von C-Mandaten trennen sollten.
In der Beurteilung, ob ein Mandant tatsächlich ein Mandant ist, von dem Sie sich trennen sollten, dürfen Sie sich die Sache nicht zu leicht machen. Haben Sie wirklich alles versucht, um den Mandanten zu verstehen? Erfolgte ein Sachbearbeiterwechsel innerhalb der Kanzlei? Gab es klärende Gespräche mit diesem Mandanten? Wenn Sie all diese Maßnahmen durchgeführt haben, sich in der Art der Zusammenarbeit nichts änderte und Sie daher der festen Überzeugung sind, dass dieser Mandant nicht zu Ihrer Kanzlei passt – ein gutes Anzeichen dafür ist, dass Sie diesen Mandanten nicht noch einmal aufnehmen würden – dann ist es wirklich Zeit, sich von ihm zu trennen.
Anders ist die Situation, wenn die Faktoren der Zusammenarbeit stimmen, der Mandant jedoch nicht bereit ist, das von Ihnen gewünschte Honorar zu bezahlen. Hier ist ein Honoraranpassungsgespräch notwendig, das ich in der Antwort zur Frage 91 beschreibe.
Viele Steuerberater machen sich bei Mandatskündigungen Sorgen um ihr Image am Markt. Diese Ängste kann ich ganz und gar nicht bestätigen. Mandatskündigungen bringen Kanzleien nicht in den Verruf „es nicht mehr nötig zu haben“ oder „sich zu gut zu sein“ etc. Im Gegenteil! Einerseits gewinnen Sie durch die Mandatsbeendigung Zeit, die Sie für Ihre besten Mandanten einsetzen sollten. Deren noch positivere Meinung über Ihre Kanzlei wiegt deutlich mehr als mögliche Zwischenrufe von – meist in der Region bekannten – Dauernörglern.
Für die Mandatsbeendigung stehen Ihnen mehrere Varianten zur Auswahl: Als erste Option bietet sich an, diese C-Mandanten „hinaus zu fakturieren“. D. h., das Honorar so lange zu erhöhen, bis sie von selbst gehen. Das mag im einen oder anderen Fall funktionieren. Sollte ein C-Mandant trotz des hohen Honorars immer noch bleiben, können Sie das als Schmerzensgeld betrachten. Als zweite Variante, die ich als die bessere betrachte, bietet sich an, die C-Mandanten einfach per Brief zu kündigen. In der Antwort zur Frage 7 habe ich bereits auf das Musterkündigungsschreiben hingewiesen.
Die aus meiner Sicht beste Alternative ist, den C-Mandanten an einen Kollegen bzw. eine Kollegin weiterzugeben. Am ehesten kommt dafür ein junger Steuerberater in Frage, der erst vor kurzem seine Kanzlei eröffnet hat. Sprechen Sie offen mit ihm. Erzählen Sie von allen Tücken des Mandanten und fragen Sie ihn, ob er Interesse an diesem Mandanten hat. In den meisten Fällen wird das Interesse vorhanden sein. Daraufhin sprechen Sie mit Ihrem C-Mandanten und empfehlen ihm den Steuerberaterwechsel. Wichtig ist dabei nur, dass Sie betonen, dass Sie ein Problem haben: Und zwar das Gefühl, nichts mehr für ihn tun zu können.
Diese Gespräche sind nicht leicht. Sie bedeuten aber sehr viel für Ihre zukünftige Kanzleientwicklung.
Falls Sie immer noch zweifeln und wie oben beschrieben Gedanken hegen wie „das kann ich bei uns in der Stadt nicht machen“ oder „das ist doch nicht sozial“, dann kann ich Ihnen darauf zwei Antworten anbieten:
Erstens, vertrauen Sie darauf, dass die Menschen in Ihrer Umgebung erkennen werden, dass Sie sich um erfolgreiche Unternehmen kümmern wollen (C-Mandanten sind in 99 % der Fälle ertrags- und kapitalschwache Unternehmen). |
Zweitens, falls Sie aus sozialen Motiven gewisse Mandanten weiter betreuen wollen, dann machen Sie es wie die eine oder andere amerikanische Rechtsanwaltskanzlei: Betrachten Sie diese Mandanten als „Pro-Bono-Fälle“. Betreuen Sie sie um der guten Sache willen. Berechnen Sie kein Honorar und beschweren Sie sich nicht über diesen Umstand. |
Hinweis
Abschließend noch ein letzter Tipp: Bereinigen Sie Ihre Mandantenliste mindestens einmal jährlich. Befreien Sie sich – bitte verzeihen Sie den Ausdruck – vom „Bodensatz". Kündigen Sie regelmäßig Ihre allerschlechtesten Mandanten. Mit 100 %iger Sicherheit kommen neue und bessere nach.
18. Immer wieder kommt es vor, dass Kollegen Preisdumping betreiben. Wie soll ich mich dabei verhalten?
Bei der Beurteilung, ob Preisdumping vorliegt, bin ich sehr vorsichtig. Bereits in der Frage 4 habe ich beschrieben, dass es einigen Kanzleien gelingt, produktiver zu arbeiten als viele andere und damit ihre Leistungen günstiger anbieten zu können. Diese Kanzleien verdienen sogar besser als jene Kanzleien, die zu „Marktpreisen“ (siehe dazu Frage 36) abrechnen allerdings deutlich weniger produktiv arbeiten.
Gegenüber dem Kollegen, der Ihrer Ansicht nach die Preise kaputt macht, würde ich gar nichts unternehmen. Dauerhaft gibt es hier nichts zu gewinnen. Ihr Fokus sollte ganz auf den Interessen des Mandanten bzw. potenziellen Mandanten liegen.
Verlangt ein Mandant einen Preisnachlass, dann ist es mehr als verständlich, dass man das im ersten Moment als äußerst unangenehm erlebt. Betrachtet man jedoch die Situation aus der Perspektive des Mandanten, dann sieht die Angelegenheit ganz anders aus: Es ist nämlich die Aufgabe des Mandanten, genauso wie aller Unternehmer, sämtliche Leistungen für sein Unternehmen so günstig wie möglich zu beziehen. Er würde seine Aufgaben als Unternehmer bzw. Geschäftsführer nicht wahrnehmen, wenn er sich nicht um die besten Einstandspreise für sein Unternehmen kümmern würde.
Voraussetzung, um Preisgespräche erfolgreich führen zu können, ist, die eigene Einstellung zu verändern. Preisgespräche, selbst wenn Sie auf Grund von (scheinbaren) Dumpingangeboten von Kollegen entstehen, sollten sie als Chance sehen, um den Mandanten besser verstehen zu lernen, um mehr Vertrauen aufzubauen und um mehr Selbstbewusstsein für die eigenen Leistungen zu erhalten. Beim nächsten Anruf eines Mandanten, der Sie um ein Gespräch wegen des Honorars bittet, sollten Sie sich auf das Gespräch freuen. Wie oft hat man denn die Gelegenheit,