Die 2000 Guineas-Sieger Charibert und Galliard haben beide ihren Lebensabend in Deutschland verbracht. Ersterer, der eine Birdcatcher-Enkelin zur Mutter hatte, war als Zweijähriger in den Champagne Stakes erfolgreich, heftete vierjährig die über 1.000 Meter führenden King’s Stands Stakes zu Ascot an seine Farben, als auch den Sieg in den July Stakes, in denen er sich 12 Monate später erneut durchsetzte. Insgesamt ergaben 37 Starts 10 Siege. Galliard, der 4 x 4 auf Voltaire und Birdcatcher ingezogen war, hatte eine Macaroni-Stute zur Mutter. Auf der Rennbahn gewann er sechs von acht Starts, darunter auch die in den Prince Of Wales- und St. Jame’s Palace Stakes. Zunächst wurde er nach Frankreich exportiert, und 1895 von dem weltweit bekannten jüdischen Berliner Bankier James Soloschin, der Immobilien in Berlin und Paris besaß, für seine Zucht in Alt Golm gekauft. Das in Brandenburg in der Nähe des Scharmützelsees gelegene 670 Hektar große Anwesen – Alt Golm gehört heute zur Gemeinde Rietz-Neuendorf – hatte er 1895 von dem Berliner Druckereibesitzer Georg W. Büxenstein erworben, die Gebäude ausgebaut, erweitert und das heute nicht mehr existierende „Schloss“ zum Familien-Landsitz mit Pferdezucht erkoren. Der Geschäftsgedanke zur Zucht lag mit der damals zu Fürstenwalde und Beeskow beheimateten Kavallerie, die später auch „Hindernis-Rennen“ organisierte, nahe, doch brachte Soloschin Leben in das kleine Dorf, baute auch eine Schule und galt als geachteter Gutsherr.
Zu dem genannten Galopin-Sohn Galliard war als Deckhengst zu Alt Golm nichts zu erfahren, doch zeigt eine Zeichnung von Karl Volkers, die in den 1890er Jahren entstand, und die mir freundlicherweise der Regionalhistoriker Hans-Werner Hintze mit einigen weiteren Informationen zur Verfügung stellte, dass damals Fohlen von dem Franzosen Chamant (1874; Mortemer) und St. Gatien (1881; The Rover) auf Soloschins Koppeln standen. Die Mutter des Chamant-Fohlens, Harzrose (1867) stammte von dem Buccaneer-Hengst und Union-Sieger Filibuster (1867), den Graf Johann Renard gezogen hatte. Der Hengst deckte auf dessen Gestüt Olschowa, dass wahrscheinlich auch Schlesisches Warmblut züchtete, doch wird zu Filibuster auch vermerkt, das er 1884, 1888 und ein Jahr später Championbeschäler war. Chamant, der in Frankreich aus einer importierten Engländerin gezogen wurde und in England lief, kam 1878 nach Deutschland und startete zunächst in Beberbeck (in der Nähe von Hofgeißmar), das damals zu den fünf preußischen Hauptgestüten Graditz, Trakhenen, Neustadt/Dosse und Altefeld gehörte. Graditz schickte diesem Stallion aber sofort und konstand einige Stuten, und 1892 wurde der Hengst dann endlich „Graditzer“ und verhalf dieser Zuchtstätte bei Torgau zum ersten Aufschwung. Insgesamt gilt der Hengst als großer Zuchterfolg. Graditz erhielt von ihm die drei Derysieger Potrimpos, Peter und Habenichts, die 1886, 1891 und 1898 gewannen, und Schlenderhans Saphir holte sich 1897 das „Blaue Band“ in Wien. Seine Sohn Pumpernickel (1884) gewann in Deutschland und Ungarn die St. Legers, und Weltmann (1881) wechselte 1893 von Graditz als Hauptbeschäler nach Beberbeck.
St. Gatien kam nach 16 Siegen 1891 nach Graditz, nachdem er im Epsom Derby 1884 mit Lord Fallmouth Harvester „Totes Rennen“ lief, aber auch Ascot Gold Cup und Cesarewitch gewonnen hatte. Waschfrau (Preis der Diana) war seine beste Vertreterin. Er reiste weiter nach Kalifornien …
James Soloschin überwacht zu Alt Golm das Training der Jährlinge mit seinen Söhnen Edgar und Victor
Das Alt Golmer „Schloss“ des Gutsbesitzers J. Soloschin (Fotos: Hans-Werner Hintze, nach einem Gemälde des Polen A. von Kossack und einer alten Postkarte
Zu anderen wichtigen Siegern von Lord Fallmouth zählten noch Cecilia (1870; Blair Athol; 1000 Guineas); die Oaks-Siegerin Gamos (1867; Saunterer); die Zweijährigen-Championess Bal Gal (1878; Adventurer) und die ein Jahr jüngere Durch Oven (Dutch Skater), die beide aus der Stockwell-Tochter Cantiniere stammten. Letztere zählte zu ihren 16 Siegen u. a. St. Ledger, Yorkshire Oaks, Dewhurst Plate und Rous Memorial.
Man hätte erwarten können, dass eine derartige „Stutenpower“ – Queen Bertha, ihre Töchter Wheel of Fortune und Spinaway, die Busybody (1881; Petrarch) fohlte, die das klassische Doppel ebenfalls gewann, nachdem sie bereits ihren Jahrgang als Zweijährige angeführt hatte – auch überragendes Zuchtpotential besitzt, doch das war nicht der Fall.
Abram S. Hewitt, der diese Zucht analysierte, wies auch darauf hin, dass es damals auch in der Hengstlinie der Derbysieger vom Vater zum Sohn nach drei Generationen nicht weiterging: Waxy gewann das Epsom Derby 1793, sein Sohn, der zwanzigfache Sieger und Ururgroßvater des Franzosen Gladiateur (1862), Whalebone, setzte sich 1910 Start-Ziel durch, und dessen Sohn Spaniel, der in der vierten und fünften Generation sehr stark ingezogen war, 1831. Der von Stockwell gezogene Doncaster kam 1873, als es auf den Epsom Downs für den zweiten Platz totes Rennen gab, zu Derbyehren. Sein Sohn Bend Or erkämpfte sich das „Blaue Band“ sieben Jahre später, und dessen Vertreter Ormonde 1886.
Eine Sequenz über drei Generationen lieferte auch das Vater-Sohn-Trio mit Gainsborough (gewann 1918 unter Joe Childs), Hyperion (siegte 1930 mit T.Weston) und Owen Tudor, der das Kriegs-Derby 1941 zu Newmarket unter der Regie von Trainer Fred Darling gewann. Der Zweite, Morogoro, stand damals im gleichen Trainingsquartier, und die Besitzerin des Siegers, Mrs. Macdonald-Buchanan, war erst die dritte Lady, die einen Derbysieger vom Geläuf abholen konnte. Sie war die Tochter von Lord Woolavington, der das Epsom Derby mit den Hurry On-Söhnen Captain Cuttle (S. Donoghue) 1922 und Coronach (J.Childs) vier Jahre später gewinnen konnte, und dessen Gestüt sie nach dem Tod ihres Vater erbte.
Owen Tudor zeugte schnelle Pferde als auch Steher, und sein Sohn Right Royal (1958), den Mme. Jean Couturié in Frankreich zog, gewann als Zweijähriger das Grand Criterium (1.500 m), und ein Jahr später u. a. die 2000 Guineas und das Derby (2.100 m) seiner Heimat als auch die King George VI and Queen Elizabeth Stakes über 2.400 Meter. Mit einer Tochter aus der Teddy-Hengstlinie lieferte dieser Hengst an Prince Regent den Irish Derby-Sieger 1969, der unter E. Pollet Ribofilio (Lester Piggott) mit einer Länge schlug.
Ähnlich verhielt es sich auch mit zwei „Dreiern“ in den USA, wo das Kentucky Derby an die Drei-Generationen-Kombination Reigh Count (Sunreigh), Sieger 1928; Count Fleet, der 1943 neben dem Kentucky Derby auch die „Dreifache Krone“ gewann, und Count Turf, der 1951 das Vater-Sohn-Enkel-Trio abschloss. Reigh Count stellte sich als Vierjähriger auch in England vor, gewann dort den Coronation-Cup und wurde im Ascot Gold Cup Zweiter.
Die andere Dreier-Version gewann ihre Derbys 1944, 1949 und 1956. Es begann mit dem Hyperion Sohn Pensive, der auch die Preakness Stakes gewann und als Zweiter zu Belmont die „Dreifache“ verlor. Sein Sohn Ponder, der wie der Vater auf der Calumet Farm geboren wurde, eine Blenheim-Tochter zur Mutter hatte und Needless zeugte. Er setzte sich zwar auch in den Belmont Stakes durch, war aber in den Preakness Stakes lediglich auf dem Ehrenpatz gekommen.
Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in England mit Spearmint,