»Action!« im Traunsee-Märchenland. Christa Mühl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christa Mühl
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Юмористическое фэнтези
Год издания: 0
isbn: 9783960087885
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ins Haus, um die Zeitung zu holen. Schimek sah ihr kopfschüttelnd nach. Dieser neue Ton an dem Kind gefiel ihm gar nicht. Irgendwie war Flori seltsam anders. Aufsässig wollte er das nicht nennen. Aber ihm fehlte plötzlich die zurückhaltende Bravheit, die ihn sonst, zugegeben, ein wenig nervte. Und sie konnte schreiben! Noch bevor er einen Blick auf ihren Plan geworfen hatte, war Flori schon wieder da. Schimek setzte seine Lesebrille auf, aber die Enkelin machte keine Anstalten, ihm die Zeitung zu geben.

      Sie blätterte suchend darin herum und sagte: „Vielleicht steht irgendwas von der Geistererscheinung drin!“

      Nun kam Mariella Lagl, Schimeks Schauspielerkollegin, auf die Terrasse. Auch sie wohnte meist im Hotel Grünberg, seit sie bei der Serie beschäftigt war. Und auch sie hatte heute drehfrei. Mit einer Schüssel Obstsalat in der Hand sah sie sich suchend um. Als sie die beiden entdeckt hatte, kam sie zu ihrem Tisch und fragte: „Ich darf mich doch zu euch setzen? Einen wunderschönen guten Morgen!“

      Ohne eine Antwort abzuwarten, nahm sie Platz und naschte von Schimeks Teller ein Stück Speck. Flori lugte hinter der Zeitung hervor und verdrehte die Augen. Leider stand kein Wort über die sieben blauen Geisterfrauen in der dämlichen Zeitung. Schimek legte sie beiseite. „Jetzt wird erst mal gefrühstückt!“

      Mariella löffelte ihren Obstsalat und erkundigte sich bei Flori, was es denn mit den sieben Geistern auf sich habe. Sie sprach mit ihr wie mit einem Baby, was Flori ziemlich auf die Palme brachte.

      „Du kannst ruhig wie zu einem normalen Menschen mit mir reden!“

      Sie steckte ihren Plan wieder ein und sagte zu Schimek: „Wir gehen heute ins Klo-Museum!“

      Bei dem herrlichen Wetter? Schimek schüttelte verwundert den Kopf. Mariella bemerkte: „Nicht uncool, der Vorschlag! Das soll ja eine angesagte Location sein!“

      Flori fand diese Art der Sprache noch bescheuerter und verdrehte wieder die Augen.

      Schimek schlug vor, einen Spaziergang zum Cafe Baumgartner zu machen. Man könnte dort eine Mehlspeis zu sich nehmen, am liebsten die berühmte Schokoladentorte. Und danach die Kollegen besuchen, die auf der Esplanade drehen. Flori maulte. Erstens sind Torten nun aber oberungesund. Und den eitlen Regisseur könne sie auch nicht leiden. Dazu dieser seltsame Kameramann. Mariella staunte. „Eitel! Aha! Seltsam...“ Aber sie ließ sich über Floris Bemerkung nicht weiter aus, sondern erzählte ihr mit schlichten Worten, dass sie ja jetzt einen anderen Regisseur und eine Kamera-Frau haben.

      Schimek verschlug das die Sprache. Und Flori fand es cool. Wurde auch mal Zeit. Aber heute wollte sie nicht zum Drehen, sondern ins Klo-Museum. Schimek gab es auf, noch einmal zu widersprechen.

      Mariella fragte, ob sie sich anschließen dürfte. Seit sie hier in Gmunden war, wollte sie sich das schon immer einmal anschauen.

      Schimek zuckte mit den Schultern. Aber Flori lächelte milde. Wenn sie nicht zu sehr nerve, könne sie mitkommen.

       14. Lars versteht die Welt nicht mehr

      Lars Ungestüm hörte ein Kichern. Er sah eine durchsichtige blaue Gestalt, die anscheinend vergeblich nach einer Tür suchte, um ins Schloss Ebenzweier zu gelangen. Er fuhr sich irritiert über die Augen. Dann joggte er weiter durch den Park, vorbei an ein paar Berufsschülerinnen. Sie drehten sich lachend nach ihm um. Er schnappte so etwas auf wie „der Alte“, deshalb flitzte er besonders schnell weiter. Es roch stark nach Bärlauch. Er überlegte, ob er nicht anhalten und welchen pflücken sollte.

      Aber das Kichern der jungen Damen klang noch immer in seinem Ohr und so lief er weiter. Als er unten an der Straße angekommen war, machte er ein paar Dehnübungen und ging dann zum Schweizerhof hinüber.

      Die Wirtin öffnete auf der Terrasse gerade die Sonnenschirme. Erfreut ließ sie alles stehen und ging auf ihn zu. Ungestüm begrüßte sie und bestellte einen Tisch für den nächsten Abend. Vielleicht konnte man ja endlich einmal draußen sitzen. Die Wirtin sah ihn an, nickte lächelnd und sagte: „Ich wusste gar nicht, dass Sie noch hier sind!“ Der Schauspieler wunderte sich. Warum sollte er nicht mehr hier sein? Doch bevor er diese Frage stellen konnte, sah er unten am Traunsee Sonnenblenden aufblitzen. Das Boot mit der Kamera näherte sich dem Ufer, wo das restliche Team schon wartete.

      Ein riesiger Schreck durchfuhr Ungestüm: Sie drehen! Er lief zur Treppe, die hinunter zum See führte.

      Da hörte er den Burger rufen: „Der Herr Hoteldirektor bitte zum Set!“ Ungestüm wurde kreidebleich und raste los. Er war in den sechs Jahren, seit die Serie gedreht wurde, noch nie zu spät gekommen! Nicht ein einziges Mal! Nicht eine einzige Minute …

      Als er sich dem Team näherte, sah er einen jüngeren Kollegen in elegantem Anzug: Siegfried Thörner. Ungestüm konnte sich weder einen Reim darauf machen, was der hier spielte. Noch wusste er, was er selber gleich hier spielen sollte. Er hatte keine Dispo bekommen!

      Dispo ist die Kurzbezeichnung eines der wesentlichsten Schriftstücke beim Film: Die Disposition. Darin steht alles, was von großer Wichtigkeit ist. Nämlich was, wann, wo gedreht wird, wen und was man wann dazu braucht und wer sich wo mit wem und was einfinden muss und wie und wann er da zu sein hat. Wann was beginnt steht da – und wann das endet, wird meist weggelassen …

      Thörner. Vielleicht spielt er eine Gastrolle? Lars hatte keine Ahnung. Aber er rannte nun fast. Der Burger sah Ungestüm verwundert entgegen. Jetzt kamen alle, voran Siegfried Thörner, freudig auf ihn zu. Eine lange, dürre Frau drängte sich durch, sagte ihren Namen, den Ungestüm – völlig außer Atem – nicht verstand. Sie behauptete, dass sie die neue Kamerafrau und ein großer Fan von ihm sei und sehr bedaure, nichts mehr mit ihm zu tun zu haben. Dann kam ein kleinerer Mann, schüttelte ihm die Hand und lachte laut. Ungestüm wusste nicht warum. Er schnappte nach Luft. Thörner klopfte ihm jovial auf die Schuler: „Ich muss mich ganz schön anstrengen, um Ihre Popularität zu erreichen, Herr Kollege!“

      Lars mühte sich um ein zustimmendes Lächeln. Es sah etwas gequält aus. Er blickte im Moment überhaupt nicht mehr durch! Was sollte denn nun eigentlich gedreht werden? Er raunte dem Burger zu, ihm doch mal seine Dispo zu borgen. Der tat das auch, bedauerte zugleich, dass sie jetzt keine Zeit mehr hätten und trieb das Team zur Arbeit an.

      Thörner nahm sein Drehbuch und ging zu Matti. Ev flüsterte ihm noch schnell zu: „Lass dir nichts einreden – der kann bloß wieder seinen Text nicht!“ Dann ging sie mit den Lichtbuben die Einstellung durch.

      Ungestüm sah sich befremdet um. Kein Mensch kümmerte sich mehr um ihn. Die Maskenbildnerin winkte ihm aus der Ferne zu und widmete sich einer Schauspielerin, die Lars noch nie gesehen hatte.

      Sein Blick irrte über die Dispo. Er kam darin nicht vor. Verzweifelt appellierte er in einer Art Meditation an sein Hirn. Ohne Ergebnis. Er verstand die Welt nicht mehr.

      Jetzt rief der Burger alle zur Stellprobe.

      Thörner machten einen Umweg und ging noch einmal zu Ungestüm. „Das haben Sie übrigens bravourös gespielt – Ihr Sterben!“

      Lars sah ihn verständnislos mit großen Augen an. Da er seinen Regisseur nicht sah, ging er zu Bingo. Den konnte er ganz gut leiden. „Wo soll ich hin?“ flüsterte er ihm zu. Bingo hielt das anscheinend für einen Scherz und lachte los. „Ick würde mal sagen: In det Jewässer da!“ Er zeigte zum See. Auch Thörner fing an zu lachen. Und das ganze Team stimmte erleichtert ein.

      Lars Ungestüm wurde böse. Wenn er etwas überhaupt nicht leiden konnte, dann dass man ihn verscheißerte und sich auch noch darüber lustig machte!

      „Es reicht!“, sagte er mit schneidender Stimme.

      Plötzlich kam ihm eine Idee. „Wo ist die versteckte Kamera?“

      Alle lachten nun noch lauter. Der Burger nahm ihn zur Seite und sagte, dass er es auch sehr bedauere, ihn nicht mehr dabei zu haben. Aber es war doch ausdrücklich sein eigener Wunsch!

      Ungestüm schluckte und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

      Die