Weiterführende Bemerkungen
1 Die Karte Ausgleichung führt uns in die tiefen Geheimnisse neuäonischer Magick und Kabbala ein. In ihr liegt, gepaart mit dem Narren, ein Schlüssel zum Verständnis des Liber Legis. Dieser Trumpf prägt das Priesterbild des neuen Æons: Die ausgeglichene, befriedigte Frau, welche das Alpha und das Omega in der Waage hält.2
2 III/64 Lass ihn durch die erste Prüfung kommen + es wird Silber sein = Rose = Mond = JSVD (= Jesod)
III/65 Durch die zweite Gold = Sonne = TPhRTh (= Tiphareth)
III/66 Durch die dritte Steine reinsten Wassers = Kelch = BINH (= Binah)
III/67 Durch die vierte Funken des inneren Feuers = Feuer = ChKMH (= Chokmah)
Es handelt sich um die Prüfungen der Hingabe (Mond), der Zeugung (Sonne), der Fruchtbarkeit (Kelch) und um das Feuer der Intuition, an dem er sich nur dank seiner reinen Absichtslosigkeit nicht die Hände verbrennt.
3 Der Narr, der Magus und die Kaiserin sind die einzigen drei Karten im Tarot, die sich auf dem kabbalistischen Lebensbaum oberhalb des »Abyss« befinden. In der Kabbala bezeichnet der Abyssos, griechisch für Abgrund, die Grenze zwischen der Welt des Geistes (die oberen drei Sephiroth Kether, Chokmah, Binah) und der materiellen Sphäre, also den sieben restlichen Stu-fen des Schöpfungsplans (Chesed, Geburah, Tiphareth, Netzach, Hod, Jesod, Malkuth). Oberhalb des Abyss regiert das Göttliche oder die Ideenwelt, und unterhalb dieser Linie wurzelt das menschliche Vorstellungsvermögen als fundamentales Konzept der Dualität.
4 Die drei spiralenförmigen Ringe, die mit Ain, Ain Soph und Ain Soph Aur korrespondieren, bezeichnen in der Kabbala die drei Vor-Zustände des erwachenden Seins (auch Schleier der negativen Existenz genannt): Das grenzenlose Licht (000), das grenzenlose oder sich verdichtende Nichts (00) und das vollständige Nichts (0), das selbst die Vorstellung des Nichts ausschließt. Wie ein Quantennetz umfangen sie Alles-das-was-ist und repräsentieren den Urzustand, der nicht ist, der aber alles, was sich zu Werden anschickt, als Wille zur Emanation ins Leben entlässt. Es ist der Schöpferimpuls, das Leben aus sich selbst heraus entstehen zu lassen, nur damit es sich dort draußen zur Urquelle zurücksehnen kann, denn das Verlangen nach sich selbst setzt die Bedingung des eigenen Seins voraus, also die Bestimmung, aus Nichts entstanden zu sein.
5 Wir sehen, dass das Bündel mit den Münzen, die der Narr bei sich trägt, mit den Goldstücken der Scheiben-Zehn korrespondiert. Das zeigt, dass der geistige Schöpfer der Karten nicht nur die Verbindung zwischen Narr und Universum, dem Schnittpunkt der Spirale der Großen Arkana, sondern auch zwischen Narr und Zehn der Scheiben, der letzten Karte der kleinen Trümpfe, im Auge hatte.
Auf einer anderen Ebene erinnert die Verbindung auch ein bisschen an Grimms Märchen Hans im Glück. Die Goldklumpen oder die goldenen Scheiben, die Hans von seinem Herrn für sieben Jahre treue Dienste erhielt, tauschte er, weil sie ihm auf dem langen Heimweg viel zu schwer waren, erst gegen ein Pferd, dann das Pferd gegen eine Kuh, die Kuh gegen ein Schwein, das Schwein gegen eine Gans und die Gans schließlich gegen zwei Wetzsteine zum Scherenschleifen ein. Am Ende der Geschichte kam er mit seiner Last an einen Brunnen. Da wollte er sich ausruhen und sich an einem frischen Trunk erfrischen. Die Steine legte er sorgfältig neben sich auf die Zisterne, aber beim Versuch, sich über den Rand zu beugen, schubste er sie ein klein wenig an, und ehe er es bemerkte, plumpsten sie in die Tiefe. Da sprang er freudig auf und dankte dem Schöpfer von ganzem Herzen, dass er ihn von dieser Bürde befreit hatte. Ich bin der freiste und glücklichste Mensch unter der Sonne, jubelte er und sprang, frei von jeder Last, glücklich von dannen, bis er daheim bei seiner Mutter war.
Andere Verbindungen
Der Anfang als Ende
Der Geist des Narren drückt im Grunde das ganze unbewusste Wissen der Seele aus, deren Assoziationsgeflechte wie ein Spinnennetz in der Psyche aufgespannt sind, aus deren Strickmustern der Mensch seine individuellen Erinnerungsfäden herauszieht. Durch eine höhere, spirituellere Sicht stellt sich jeder Punkt auf der Lebenslandkarte, der sich gegenwärtig immer auf der Schwelle zur Zukunft befindet, gleichzeitig auch als »zukünftige Erinnerung« dar, d. h. entweder als vergessenes Ereignis, das im Dunkeln wirkt, bis es sich wieder in die Gegenwart drängt, oder als psychisch mögliche, aber noch unerlebte Wirklichkeit, die der Mensch als unbewusste Option in den Tiefen der Seele eingelagert hat und die er bruchstückweise in den Träumen oder in visionären Zuständen erfahren kann. Trotzdem ist es nicht so, dass der Narr ein nicht zu entschlüsselndes Geheimnis darstellt, nur weil er sich aus seiner eigenen Sicht nicht definieren kann. Er kann sich dem Walten seines Wirkens ahnend zumindest annähern und sich kontemplativ in die Dimension menschlichen Strebens hineinfallen lassen, um in den Absichten und Wünschen der kollektiven Seele zu baden, die ihn zu einem weiteren Umlauf auf der nie enden wollenden Lebensspirale einlädt. Umgekehrt formuliert könnte man auch sagen, dass es der Narr ist, der unsere Zukunft bestimmt, indem er uns die Wünsche »vorträumt«, die wir später unter Zuhilfenahme der anderen Karten in der Realität zu verwirklichen suchen. Er streut pränatale Assoziationen oder kollektive Symbole in unsere Träume, die uns wie Anker zu den betreffenden Stellen im Unbewussten führen und deren Erkenntnisse wir wie Blitzlichter visualisiert bekommen, und bildet in unserem Bewusstsein die ersten rudimentären Gefäße aus, in denen wir später unsere kulturellen Errungenschaften sammeln. Fassen wir Sinn und Absicht der kommenden Reise aus Sicht des Endes zusammen, dann kommen wir zum Schluss: Alles, was wir gestalten können ist das, was in unseren bewusstseinsformatierten Hirnkassetten Gestalt annehmen kann (die Träume des Narren können nur durch die Absicht des Magus, die Visionen der Hohepriesterin, die Aufmerksamkeit der Kaiserin und die Tatkraft des Kaisers als konkrete Wünsche und Ziele in der Realität sichtbar werden), und deshalb ist alles,