F. S.
Das Mutmacherbuch (2)
ANGEKOMMEN
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2018
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Copyright (2018) Engelsdorfer Verlag Leipzig
Alle Rechte beim Autor
Titelfoto © Tino Hemmann
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
VORWORT
Das ist der Anschluss an mein erstes Buch. Es ist eine nahtlos authentische Geschichte aus verschiedenen Lebensabschnitten. Leider sind, wie schon im ersten Buch, Lücken, Zeitsprünge und manchmal auch Gedanken schwer zu verstehen. Es ist auch nicht Sinn und Zweck, alles genau und bis auf das kleinste Detail zu beschreiben. Nicht zu vergessen an dieser Stelle, dass ich ein Amateur bin, ein Hobby-Autor.
In meinem zweiten Teil der Autobiographie schreibe ich über meine Heimat, von ganz allgemeinen Dingen, von Ideen und Ansichten aus meinem jetzigen Leben.
Eine doch wirkliche Heimat kann es nicht werden, es fehlen zu viele Erlebnisse, Begegnungen und Momente. Die Zeit bis zum dreißigsten Lebensjahr ist eine andere als die folgenden Jahre in der Ferne. Die Menschen hier sind manchmal anders, mit einer abweichenden Geschichte, mit anderem Humor und ungewohnten Redensweisen, auch oft mit konservativen Einstellungen, mitunter kleinbürgerlich in ihrer Art.
Wie sagt man so schön? Andere Länder, andere Sitten. Ich kann behaupten, das Beste aus allem gemacht zu haben und bin damit zufrieden. Eine Umstellung für einen Fremden in der Fremde ist es wohl für jeden.
EINLEITUNG UND GEDANKEN
Das ist ein ziemlich großer Abschnitt in unserem gemeinsamen Leben. 30 Jahre gehen nicht spurlos vorüber. Ich werde dennoch vorwiegend die vielen guten Momente beschreiben.
Das Schreiben fällt mir seit einiger Zeit sehr schwer. All das zuvor Geschriebene war für mich spannender, kribbliger, reizvoller. Es war zunächst die Kindheit, dann folgten die Erlebnisse aus dem Jugendalter, die Ausbildungszeit. die erste Ehe und die anderen weiblichen Freundschaften. Im Gegensatz zu heute war das aufregender, mit viel mehr Eindrücken, ich kann das nicht vergleichen. Vielleicht auch, weil es in meiner Heimat geschah. Dort war alles einfacher, ärmer gestaltet, nicht mit ständigen Problemen behaftet. Oder lag es an meinem Alter, an meinen Ansichten und an fehlenden Erfahrungen? Okay, jeder verändert sich, bei einem doch krassen Wohnort-Wechsel vielleicht noch extremer. Ich habe von vielen anderen zugezogenen Menschen ähnliches gehört. Sie haben ähnlich gedacht. Was wäre wohl passiert, wenn ich dieses oder jenes anders gemacht hätte? Es sind manchmal eigenartige Gedanken, erzeugt durch viele Auslöser im Leben.
Durch das viele Fremde, durch das ständige Ruhigstellen mit falscher Medizin, dass erzwungene Kennenlernen anderer Freunde und der Vergleich mit den doch langjährigen Freunden. Manchmal fühlte ich mich wie im Exil. Das hatte auch große Vorteile für meine Psyche, für meine Ruhe und den Drang, immer viel erleben zu wollen oder auch müssen.
Das Leben in meiner neuen Heimat ist mit nichts zu vergleichen. Ich fühle hier anders, bekomme andere Eindrücke, musste und muss ständig hinzulernen. Es gibt viel mehr kulturelle, sportlich, lehrreiche und musikalische Möglichkeiten der Entfaltung und Gestaltung der Freizeit und des Lebens.
Das musste ich zuerst einmal vergegenwärtigen, nutzen und auch finanzieren. Das gelang mir, natürlich auch mit meiner Frau, mit meiner beschaulich kleinen Familie, ganz gut. Etwas zu erkennen und dann noch zum Positiven zu verändern, eine doch zum Teil herausfordernde Aufgabe für viele.
Ich könnte mir vorstellen, dass es für viele nicht leicht ist, alles Wichtige einfach und schnell zu realisieren. Ich meine auch jene, die ‘hier’ geboren sind.
Das allerverrückteste war, fast jeder hat die ‘Wessis’ zu Ost-Zeiten beneidet, auf sie geschaut, kam mit der Situation kaum zu recht. Jeder ‘Ossi’, der in den Westen zog, war fremd, ein Exot, manchmal auch eine Konkurrent, nicht sehr erwünscht. Zumindest war das in meiner Firma so, manchmal im Alltag, in der Nachbarschaft. Aus meiner heutigen Sicht handelt es sich dabei aber um intolerante, meist ungebildete Leute, oft mit eigenen Problemen Kämpfende.
Viele meiner Landsleute hat das kaum interessiert oder gestört, mir dagegen tat das oft weh. Ich hatte in Dresden einen guten Status, war nicht der ‘Fremde’, kein Exot oder wie auch immer. Das Ganze ist nicht aus der Luft gegriffen. Ich kann das bei meinen Söhnen deutlich sehen, meiner jetzigen Frau erging es ähnlich. Andere Landsleute meinten, sie verdienen hier ihr Geld und gehen wieder zurück in ihre Heimat.
Der Hass, der Neid, dass gefühlte Ungerechte zwischen den ehemalig getrennten deutschen Staaten ist weit größer als bekannt. Nicht überall, nicht in jedem Fall. Ich persönlich höre und fühle davon genügend. Bei der jetzigen politischen Situation ist alles noch krasser, deftiger, unnötiger.
Der Spagat, die Unterschiede, die ganze Politik, dass Kulturelle, der Humor, es sind manchmal Welten zwischen Ost und West. Natürlich gibt es auch Unterschiede zwischen Nord und Süd, die haben dennoch keinen politischen Charakter. Es ist ein Unterschied, ob einer in irgendetwas hineinwächst oder ob er fast blind hineingelangt. Egal aus welchen Gründen auch immer, die Fakten bleiben die gleichen. Ich hab noch wichtiges, sehr verdecktes, sehr oft und selbst Erlebtes, von solchen Leuten zu berichten. Viele, so wie ich auch, kamen von Osteuropa in den „Westen“. Nicht alle träumten von den goldenen Trauben. Das war, so meine ich, den meisten klar. Das ganz andere war, sie meinten, mit ihrem Beruf könnten sie Wunder erreichen.
Genug davon, es sind nur Gedanken, manchmal bewegen sie einen, tauchen auf. Solche Gedanken hatte ich dreißig Jahre in Dresden nicht, es waren andere, vielleicht für eine bessere, eine andere Welt. Ich war dennoch überrascht von alledem, was auf mich zukam. Ich möchte um Gottes Willen niemandem oder irgendetwas nachtrauern. Der Typ bin ich nicht. Nur hätte ich niemals gedacht, was und wo und wann mit mir geschieht. Ich kann mir ebenso nicht vorstellen wie ich im hohen Alter werde. Ich habe keinen Bezug dazu. Es ist auch gut so, wenn man nicht alles vorher weiß. Das übt Geduld, vielleicht auch Vorsicht oder man lässt es mehr krachen, je nach seinem Muster und seinen Möglichkeiten.
Heute, nach 30 Jahren, ist es anders. Ich bin froh darüber, viel geschafft zu haben. Noch besser, angekommen zu sein. Das gleich in vielerlei Hinsicht. Ich bin angekommen in meiner Ruhe, in meinem Erlebten, mit meiner Familie und meinen Bekannten. Ich habe immer Wege gesucht, habe zum Teil Hilfe bekommen, es hat sich gelohnt, dafür etwas zu tun. Ich muss nicht mehr auf jede Party, jedes Grillfest oder wie auch immer. Ich finde es zu Hause gemütlich, ich werde nicht permanent gestört wie in meiner Kinder- und Jugendzeit. Noch auf meinen heutigen Status gesehen, ich hatte meine eigene Firma, ich war nie arbeitslos, habe eine liebe Frau und Kinder und Schwiegertöchter. Nicht zu vergessen, den fast zu großen Kater. Ich bekomme demnächst meine Altersrente und kann mich um unseren Enkel kümmern. Habe Kontakt zu meinem Bruder und wer weiß was noch alles passiert. Ich achte auf meine Gesundheit, treibe ein wenig Sport, erlebe kleine Events zwischendurch. Wir fahren in den Urlaub zusammen, gehen ins Kino oder Theater, aber in Maßen. Ich muss nicht mehr die Welt retten oder alles verbessern, die Sturm- und Drang-Zeiten sind vorbei.
Das Schreiben gibt mir Ruhe und Kraft. Wichtige Erkenntnisse, es hilft an vielen Stellen. Ich habe das vorher nicht geahnt oder gewusst. Es war ein Kindertraum, mein Leben auf Papier zu bringen. Ich kannte damals nicht viele Schicksale, nicht viel Böses, ich hielt nur mein Leben für etwas anderes, besonderes. Diesen Gedanken bekam ich selbst erst sehr spät los, verrückte