Dr. sc. hum. Claudia Jansen wurde 1965 in Dorsten / Westfalen geboren und wuchs in Pforzheim / Baden-Württemberg auf. Sie studierte Psychologie in Heidelberg und arbeitet als Psychotherapeutin in eigener Praxis. Zusammen mit ihrem Mann lebt sie in der Nähe von Heidelberg.
Claudia Jansen
TIM UND DER
KILOMETERFRESSER
FÜR VIKTOR
VON CLAUDIA
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2015
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Copyright (2015) Engelsdorfer Verlag Leipzig
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Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015
Inhalt
Montagmorgen im Büro von Kommissar Mach
Start zu einer neuen nächtlichen Tour
Frühstück bei Familie Burger
Die Stimmung am Frühstückstisch der Familie Burger war an diesem Morgen alles andere als fröhlich: Tim rührte lustlos mit dem Löffel in seinen Cornflakes. Es war der erste Schultag in seiner neuen Schule. Seine Mutter würde ihn direkt nach dem Frühstück mit dem Auto hinfahren. Tim spürte einen enger werdenden Knoten im Bauch, wenn er sich vorstellte, wie er vor der neuen Klasse stehen würde. Alle würden ihn anstarren, den Neuen aus der Großstadt. Was der wohl hier auf dem Land wollte?
Wenn es nach Tim gegangen wäre, würden sie noch in Berlin wohnen. Er hatte sich immer wohlgefühlt in der Stadt. Hatte seine Kumpels, mit denen er nachmittags im Hinterhof Fußball spielte. In Berlin war er sogar mit dem Fahrrad zur Schule gefahren, hatte unterwegs seine Freunde getroffen und auf dem Nachhauseweg ab und zu einen Umweg an die Spree gemacht, um Steine über den Fluss hüpfen zu lassen oder den Touristen in ihren weißen Ausflugsbooten zuzuwinken. Er kannte jeden Winkel in seinem Viertel, jede Abkürzung und jeden Bolzplatz.
Sonntags hatten sie immer bei Oma Charlotte und Opa Anton Kaffee getrunken. Nicht, dass Oma Charlotte je einen Kuchen selbst gebacken hätte. Nein, das war nicht ihr ‚Stil‘, wie sie sich ausdrücken würde. Aber sie legte großen Wert auf Familie, bestand auf diesen regelmäßigen Besuchen, bei denen sie Hof hielt, wie sein Vater einmal ärgerlich gemeint hatte, und Opa Anton zum Bäcker an der Ecke schickte, um süße Teilchen oder Torten zu holen. Oft hatte Tim auch keine Lust auf die sonntäglichen Besuche gehabt. Jetzt vermisste er sie. Er seufzte tief. Das war jetzt alles Vergangenheit. Sie waren dem Vater gefolgt, der hier auf dem Land mitten im Nirgendwo angeblich den Job seines Lebens bekommen hatte.
Als Straßenbauingenieur war Johannes Burger angestellt worden, das Straßennetz in Mecklenburg-Vorpommern (oder Meckpomm, wie Tim es heimlich nannte) weiter auszubauen. Alles hatte sich wirklich sehr vielversprechend angehört: Tims Vater war bereits zu Beginn der Sommerferien hierhergekommen, hatte seine Arbeit aufgenommen und nach einem geeigneten Haus für seine Familie gesucht. In der letzten Woche der Ferien waren sie dann umgezogen. Vorher hatte Tims Vater in einem kleinen Hotelzimmer gewohnt und jeden Abend zu Hause in Berlin angerufen. Alles war gut gelaufen. Die Kollegen seien sehr nett, hatte er berichtet, und dass die Arbeitsbedingungen viel besser seien als in der Großstadt.
Irgendwann hatte er den Vorschlag gemacht, die Familie könne doch einen Teil der Ferien zum Campen nach Rügen fahren, um ein wenig die neue Umgebung kennenzulernen. Tolle Idee, fanden sowohl Tim als auch seine Mutter Esther! Kurz entschlossen hatten sie sich von den Großeltern den roten Campingbus ausgeliehen und waren an die Ostsee gefahren. Das waren herrliche Ferien gewesen! Sie hatten direkt am Meer gecampt, mit den Fahrrädern die Insel erkundet und abends vor dem Bus gesessen oder ein Lagerfeuer gemacht. Tim hatte auch ein paar Jungs aus Holland und Süddeutschland kennengelernt, mit denen er Fußball spielen konnte. Aber das Beste war, dass er mit seiner Mutter direkt im Bus schlafen konnte, während sein Vater im Zelt übernachtete. Tim liebte es, im Bus zu schlafen. Alles war so aufregend anders als in seinem Zimmer in Berlin!
„He, Tim, träumst du?“ Die Stimme seiner Mutter ließ Tim aufschrecken. „Beeil dich ein bisschen, wir müssen in einer Viertelstunde los. Oder willst du gleich am ersten Tag zu spät kommen?“
Nein, das wollte Tim auf keinen Fall! Schlimm genug, dass er in eine neue Schule mit lauter unbekannten Kindern gehen musste. Aber die Vorstellung, erst dort einzutreffen, wenn alle schon auf ihren Plätzen