»Mach dir keinen Kopf«, sagte Georg Zander. »Kümmere du dich um den Schreibkram, wie immer, und um den Transport morgen. Ordentliche Papiere und so, kennst du ja. Ich kümmere mich ums große Ganze. Wenn es zu heiß wird, kriege ich das schon rechtzeitig mit.« Sein Blick, der forschend auf Erhard Köhlers Miene ruhte, nahm für ein paar Augenblicke eine freundschaftliche Verbindlichkeit an. »Dir wird schon nichts passieren. Nicht, solange ich meine Hand über dich halte, verstehst du?«
Er verabschiedete sich und verließ das Haus, ihre Basis, ihr wunderbar unauffälliges Versteck am kleinbäuerlichen Rand von Osternburg. Erhard Köhler sah ihm nach, bis er seinen an der nächsten Straßenecke abgestellten Wagen bestiegen hatte und davongefahren war. Dann machte er sich daran, auftragsgemäß die morgige Lieferung vorzubereiten. Solang er seine Hand über mich hält, dachte er dabei. Er spürte ein mulmiges Gefühl in der Magengrube. Solang. Also nicht für immer. Es wird demnach brenzlig. Für die Juden, die Kommunisten, die Sozis und Gewerkschafter, die Bibelforscher, die Schwulen, soweit sie keine SS-Uniform tragen, natürlich auch für die Neger. Und für uns Zigeuner nicht? Mehr als unwahrscheinlich. Wir sind bloß noch nicht dran. Das wird aber kommen. Schritt für Schritt. Und was dann?
Dann, beantwortete Erhard seine eigene Frage, werde ich vorbereitet sein. Gute Vorbereitung hieß gutes Geld. Noch besser Gold und Edelsteine. Papierscheine galten nur etwas, wenn ein starker Staat dahinterstand, und wer konnte in diesen Zeiten sagen, welcher Staat wie lange stand? Und welcher welchem standhielt? Solange Georg Zander seine Hand über ihn hielt! Du falscher Hund, dachte Erhard. Wenn es eng wird, ist deine Hand doch schneller weg, als ich sie beißen kann. Ihm fühlte er sich nicht verpflichtet, von Anfang an nicht. Nur seiner Familie. So hatte er auch gehandelt. Bis heute unbemerkt. Genauso würde er weitermachen, solange das so blieb.
Also bestimmt nicht ewig.
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