Wir erreichten Freunde im Osten der Stadt, wo wir erst einmal unterkamen, und beobachteten angespannt, wie das Feuer sich entwickelte. Es sollte noch drei lange Tage dauern, an denen Flammen und Rauch aufstiegen und Aschewolken die Berge verhüllten, bis wir Nachricht bekamen – unser Haus war verschont worden.
Es wurde dies und das gemunkelt, aber was uns endgültig sprachlos machte, war schließlich der Bericht der Feuerwehr. Ein erfahrener Einsatzleiter und ein paar besonders Unerschrockene aus seinem Trupp waren in unserer Straße, als sie Zeuge eines Geschehens wurden, wie sie es noch nie erlebt hatten. Die dreißig Meter hohe Feuerfront hätte unseren knochentrockenen Berghang eigentlich wie Pulver in Brand setzen müssen und es wäre eine Frage von Sekunden gewesen, bis unser Anwesen nur noch Schutt und Asche gewesen wäre.
Aber das geschah nicht. Als die rasenden Flammen die Grenze unseres Grundstücks erreichten, war es, als seien sie plötzlich unschlüssig. Sie zögerten – und wichen schließlich zurück. Das geschah etliche Male. Die höllische Front gelangte einfach nicht auf unseren Grund und Boden. Sie stürmte heran, zog sich zurück, stürmte wieder, wich wieder zurück – obwohl der Wind sie von hinten antrieb und das Feuer soeben in wenigen Minuten etliche Kilometer Land verwüstet hatte.
Irgendwann fiel uns auf, dass das zur selben Zeit geschehen war, als ein Freund uns diese Nachricht geschickt hatte:
Ich habe einen Engel gesehen. Er schwebte über eurem Haus, breitete die mächtigen Flügel aus und trat so Wind und Flammen entgegen. Ich glaube, es wird euch nichts geschehen.
Als es schließlich gestattet war zurückzukehren, bot sich ein erstaunliches Bild: Das schwelende Buschfeuer war bis an die Veranda des Hauses herangekrochen. Aber die große Feuerwalze hatte die Grundstücksgrenzen nicht überwunden. Die Pappeln im Garten standen in ihrer ganzen sommerlichen Frische unversehrt da.
Ich weiß – diese Geschichte gibt Anlass zu schwierigen Fragen. Sie rührt an den empfindlichen Nerv unseres Bedürfnisses nach Schutz und Rettung und an unsere lange Liste unbeantworteter Gebete. Andere haben auch ernsthaft gebetet, als das Feuer heranstürmte – wieso wurden deren Häuser nicht verschont?
Ich will nicht so tun, als wüsste ich die Antwort auf diese Fragen. Gebete, die erhört wurden, Gebete, die nicht erhört wurden, oder ein Schweigen, auf das ich mir keinen Reim machen kann? Davon kann ich ebenso ein Lied singen wie Sie vermutlich auch. Dies ist kein Bericht über meine Erfahrungen mit dem Beten.
Aber eines weiß ich: Jeden Tag, wenn ich aus der Haustür trete, sehe ich vor mir auf dem Berghang die Silhouette der geschwärzten Baumruinen und davor, direkt an unserer Grundstücksgrenze, grüne, unversehrte, blühende Bäume. Der Hintergrund gleicht Mordor; der Vordergrund dem Garten Eden. Ein Bild wie ein unwiderlegbares Zeugnis für die Macht des Gebets.
Eine verstörende, aber hoffnungsvolle Wahrheit
Also, nennen wir das Problem doch gleich beim Namen. Manche Gebete wirken, manche Gebete wirken nicht. Warum überrascht uns das? Ärgert uns sogar? Manche Diäten funktionieren, die meisten funktionieren nicht; das überrascht kaum jemanden. Wir suchen einfach weiter nach der, die für uns funktioniert. Manche Investitionen zahlen sich aus, andere nicht; wir suchen nach der, die sich für uns auszahlt. Manche Schulen sind effektiv; andere überhaupt nicht; hoffentlich können Sie die finden, die für Ihr Kind die beste ist.
Es gibt eine Weise, wie Dinge funktionieren. Nennen Sie mir irgendetwas in dieser Welt, für das das nicht gilt.
Letzten Sommer habe ich mir beim Arbeiten den Arm verletzt. Ein paar Wochen lang habe ich das Problem ignoriert, bis ich mich schließlich doch gezwungen sah, meine Physiotherapeutin aufzusuchen. Das tat ich in der Annahme, dass ein paar Termine bei ihr das Problem aus der Welt schaffen würden; es war ja schließlich nichts Ernstes, nur eine Muskelzerrung, Überbelastung, kein Knochenbruch. Aber die Therapie dauerte Monate – und das ärgerte mich maßlos. Meinen Arm ärgerte ich ebenfalls – indem ich ihn benutzte, bevor er ganz geheilt war. Ich reizte den Muskel immer mehr, weil ich nicht bereit war, mein Leben den Tatsachen anzupassen – in diesem Fall der Tatsache, dass ein winziger Muskel in meinem linken Arm Schonung brauchte.
Sie kennen diese Verärgerung, von der ich spreche. Irgendetwas Pubertäres in der menschlichen Natur hat etwas dagegen, dass es sich den Realitäten der Welt um uns herum (und in uns) beugen soll. Wir wollen essen, wenn uns danach ist; und wenn unsere Gesundheit das nicht lange mitmacht, sind wir überrascht und bestürzt. Wir wollen, dass Fitness schnell erreichbar ist, dass Diäten rasche Erfolge bringen; alles soll bitteschön fein ordentlich in unseren Terminplan passen. Wir wollen, dass unsere Freunde freundlich zu uns sind, ohne dass wir uns mit der Frage beschäftigen müssen, wie unser Charakter und Verhalten auf unsere Freunde wirken. Wir wollen, dass die Kinder „wohlgeraten“, ohne dass wir die Opfer bringen, die Eltern nun einmal bringen müssen, um ihren Kindern gerecht zu werden.
Und mit dem Gebet ist es nicht anders. Wir hätten es gern leicht, easy, ungefähr nach dieser Formel:
Gott liebt uns und er ist mächtig.
Wir brauchen seine Hilfe.
Wir bitten darum, so gut wir können.
Der Rest ist seine Sache.
Er ist schließlich Gott. Ihm ist alles möglich.
Das Problem ist nur: Manchmal erhört Gott unser Gebet, manchmal tut er es nicht – und wir haben nicht die geringste Ahnung, warum oder nach welchem Muster er mal so und mal so handelt. Wir verlieren den Mut und geben das Beten ganz auf. (Und wir sind gekränkt und glauben auch, wir hätten ein Recht dazu.) Wir missachten genau den Schatz, den Gott uns gegeben hat, damit wir gerade nicht den Mut verlieren, damit wir „Berge“ auf unserem Weg versetzen und die Welt in eine Richtung verändern können, wie wir sie uns so dringend ersehnen.
Die unbequeme Wahrheit lautet: Das ist eine sehr naive Auffassung vom Beten, ungefähr so naiv wie der Glaube, dass es nur Liebe braucht, damit eine Ehe gelingt, oder die Auffassung, Außenpolitik solle auf dem Vertrauen in unsere Mitmenschen gründen.
Diese vereinfachte Sicht des Gebets hat schon viele Seelen zerstört, weil sie entscheidende Fakten außer Acht lässt. Es gibt eine Weise, wie Dinge funktionieren.
Gott ist mächtig, ich bitte ihn um Hilfe und dann ist er am Zug – dieses Muster erinnert mich an eine Szene aus dem Film Patch Adams. Patch ist ein junger Medizinstudent mit einem Herzen aus Gold. Er möchte Menschen am Rand der Gesellschaft medizinische Versorgung bieten. Er sammelt eine Gruppe gleichgesinnter Idealisten um sich und sie beginnen, ihren Traum umzusetzen.
Dann schlägt das Schicksal zu. Patchs Freundin wird ermordet – und zwar von einem schizophrenen Mann, einem der Leute, denen Patch und seine Freunde helfen wollen. Die folgende Szene nimmt uns mit auf einen Felsen; Patch steht am Rand des Kliffs. Die Stimmung ist unheilschwanger; man erwartet, dass er sich jeden Moment hinunterstürzt. Patch streitet mit Gott. Ich mag diese Szene sehr – er kommt aus der Deckung, er kämpft mit dem richtigen Gegner. Bis deutlich wird, dass er die Welt völlig falsch versteht:
Patch blickt zum Himmel auf.
„Also bitte, gib mir eine Antwort – sag mir, was du im Schilde führst.“
Schweigen.
„Okay, betrachten wir’s mal logisch: Du erschaffst den Menschen. Der Mensch erleidet enorm viel Schmerz. Der Mensch stirbt. – Vielleicht hättest du ein wenig länger brainstormen sollen, bevor du diese Welt erschaffen hast.“
Pause.
„Am siebten Tag hast du dich ausgeruht. Vielleicht hättest du den Tag besser verwendet, um uns zu bemitleiden.“1
Patchs Weltsicht ist lückenhaft – gefährlich lückenhaft. Sie lässt ein paar schrecklich entscheidende Fakten der Geschichte außer Acht:
„Du erschaffst den Menschen. Der Mensch beschließt, gegen dich zu rebellieren. Wir liefern unser Leben, diese Welt und die Geschichte der Menschheit dem