Die Unerwünschten. Owen Jones. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Owen Jones
Издательство: Tektime S.r.l.s.
Серия:
Жанр произведения: Зарубежное фэнтези
Год издания: 0
isbn: 9788835424277
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von diesem hier. Rührt alles gut um und fertig ist der Shake. Gebt ihm in der Früh einen halben Liter und dasselbe vor dem Schlafengehen. Das sollte vorläufig reichen. Oh ja, gebt ihm niemals Knoblauch, das ist ganz schlecht für Vampire! Jetzt gehen wir mal nach oben und sehen nach ihm.“

      „Bevor wir hinaufgehen, Tante, muss ich dir noch erzählen, dass er in der gestrigen Nacht die meiste Zeit kerzengerade im Bett saß. Er sah aus wie ein Leuchtturm mit leichenblasser Haut und rosa Augen mit roten Pupillen. Oh je, und wie er mit uns geredet hat! Oh, Buddha! So etwas habe ich noch nie gehört. Er hat gesagt ‚Guten Abend, Familie‘ mit einer ganz seltsamen, tiefen Stimme … es war wirklich gruselig.“

      „Nimm das jetzt nicht so wichtig … Gehen wir und sehen wir mal nach ihm.“

      Sie gingen mit der Milchshake-Flasche nach oben und betraten das Zimmer. Alle Fensterläden waren geschlossen und es herrschte tiefe Dunkelheit. Wan ging nochmal hinaus und nahm eine Kerze aus dem Kerzenhalter, zündete sie mit einem Feuerzeug an, das daneben an einer Schnur hing und ging wieder hinein zu Da, die näher ans Bett getreten war, in dem Heng schlief.

      Das Kerzenlicht enthüllte nichts Neues, daher banden die Frauen das Moskitonetz nach oben und setzten sich jeweils an eine Bettseite. Wan zog die Decken zurück und da war er: Er lag er auf dem Rücken, die Arme weit ausgebreitet wie Jesus am Kreuz, die offenen Augen wie zwei tiefrote Kreise in rosa Mandeln in einer geisterhaften ausdruckslosen Maske mit Lippen, die zwei dünne Striche um seinen Mund bildeten.

      Wan sah Da fragend an, die ihren Patienten studierte. Sie legte ihm den Handrücken auf die Stirn und war nicht überrascht, dass sie Zimmertemperatur hatte.

      „Wie geht es dir heute, Heng?“, fragte seine Frau.

      „Hungrig … nicht durstig“, sagte er und die Worte fielen ihm aus dem Mund wie Geröll, das bei einem Felsrutsch den Berg herunterpoltert.

      „Gut, mein Lieber, setz dich auf jetzt. Wir haben einen feinen Milchshake für dich.“

      Die Frauen rückten ihm die Kissen zurecht, halfen ihm sich aufzusetzen und legten ihm dann eine Decke um.

      „Trink das“, sagte Wan. „Es ist der Geschmack, den du gestern am liebsten gemocht hast.“

      Da goss etwas in einen Becher und steckte einen Strohhalm hinein. Heng trank zwei Gläser der rosafarbenen Flüssigkeit mit dem grünen Kräuterschaum und schien aufzuleben. Er setzte sich gerade hin und blickte um sich, als ob er alles zum ersten Mal sähe.

      „Das schmeckt dir, Heng, ja?“, fragte Da. „Wie ich sehe, bist du jetzt viel munterer als bei unserer Ankunft. Meinst du, du kannst heute nach unten kommen? Die Sonne tut dir vielleicht gut … Du siehst etwas blass aus … Du bist es nicht gewöhnt, drinnen zu sein.“

      Heng sah sie an, als ob er eine Fremdsprache hörte, dann blickte er auf seine Frau.

      „Musst du auf die Toilette, Heng? Du warst schon ziemlich lange nicht mehr, ist unten herum alles in Ordnung? Willst du jetzt auf die Toilette oder soll ich dir einen Eimer hochbringen?“

      „Ja, gute Idee, ich will unten auf die Toilette, aber erst noch mehr Milchshake.“

      Da keine der Frauen wusste, wie viel er trinken sollte, gaben sie ihm so viel er wollte und Heng trank einen ganzen Liter.

      Da setzte sich zurück und sah zu, wie Wan ihm half, sich anzuziehen. Als der Milchshake seine Wirkung entfaltete, wurde Heng lebhafter.

      „Komm, mein Lieber, jetzt helfe dir, dich fertig anzuziehen, dann gehen wir hinunter.“

      Jede Frau nahm einen Arm und sie halfen dem zitternden Mann auf die Beine. Er ähnelte einem Fahrrad mit eiernden Reifen. Als sie mit ihm draußen auf dem Treppenabsatz standen, zuckte er im hellem Tageslicht etwas zusammen, aber das hätte wohl jeder getan, der eineinhalb Tage in einem dunklen Zimmer gelegen war. Den und Din sahen zu, als ihr Vater, unterstützt von der Tante und seiner Frau, wie ein Alkoholiker die Treppe hinunterschwankte.

      Sie waren entsetzt, wie gebrechlich und verändert er aussah. Heng war immer schon dünn gewesen, aber jetzt war er hager, schneeweiß und seine Augen ähnelten zwei rote Mandeln. Sie machten Platz, als er sich zu einer Atempause auf den Tisch kauerte.

      „Den, hast du noch die alte Sonnenbrille? Ich glaube, dein Vater braucht sie heute, seine Augen sind ein bisschen empfindlich.“

      Da sagte: „Wan, schaffst du es alleine, Heng auf die Toilette zu bringen oder soll dir Den helfen?“

      „Nein, ich glaube es geht schon.“

      Sie führte ihn weg, dabei benutzte Heng seine freie Hand, um die Augen abzuschirmen. Als sie ihm eine Viertelstunde später wieder auf den Tisch halfen, schien er von der Anstrengung erschöpft zu sein.

      „Din, lauf doch bitte nach oben und hole ein Betttuch und ein paar Kissen. Dein Vater wird sich heute hier unten ausruhen, damit er ein bisschen an der frischen Luft und in der Sonne ist. Er war noch nie in seinem Leben so lange drinnen, das ist sein Körper nicht gewöhnt. Schau nur, in welchem Zustand er ist …“

      Während der ganzen Zeit sah Heng von einer Sprecherin zur anderen, aber er schien die Unterhaltung nicht zu verstehen. Sie machten es ihm mit dem Bettzeug bequem und Den fand die pechschwarze Sonnenbrille mit den verspiegelten Gläsern, auf die er vor zehn Jahren, als sie in Mode war, so stolz gewesen war.

      Das Ergebnis war, dass Heng mit Sonnenbrille und eingehüllt in ein weißes Betttuch einem schrägen Vogel ähnelte, den man an eine Dachstütze gelehnt hatte.

      „Gut, Kinder, ich glaube ihr geht besser und bereitet mehr Milchshake für euren Vater zu. Heute hat er scheinbar großen Hunger und das ist ein gutes Zeichen. Das heißt, dass wir etwas richtigmachen! Du fühlst dich heute viel besser, nicht wahr, Paw?“

      Sie warteten alle auf seine Reaktion und dann nickte er, wobei er auf eindrucksvolle Weise einer Eule ähnelte. Den und Din liefen kichernd davon, sie fanden es schwierig, in dem Wesen, das da auf dem Tisch saß, ihren Vater vor 24 Stunden zu erkennen.

      „Meinst du, dass ich Heng heute Abend etwas zu essen kochen soll, Tante Da?“

      „Es wird ihm nichts schaden, wenn er etwas isst, aber es ist kein Ersatz für die Milchmischung.“

      „Heng, willst du später mit uns essen?“

      Heng legte seinen Kopf von einer Seite auf die andere und starrte seine Frau an.

      „Was kochst du heute Abend, Wan?“, fragte Da.

      „Huhn oder Schwein … was er möchte.“

      Heng blickte weiterhin von einer Sprecherin zur anderen wie jemand in einem Land, dessen Sprache er nicht verstand.

      „Warum fragst du ihn nicht? Er ist ja nicht dumm geworden, wenigstens glaube ich es nicht.“

      „Was möchtest du heute Abend essen, Heng? Schwein oder Huhn?“

      Er sah sie ein paar Sekunden an und dann sagte er:

      „Kind …“

      „Aha, und welches? Ach Heng, du kannst doch nicht die Kinder essen … das wäre völlig daneben.“

      „Nicht unsere Kinder … Ziegenkinder … Wir haben ein paar, oder?“, meinte Heng.

      „Ja, wir haben noch ein paar, aber ich dachte, dass wir die behalten und die Herde vergrößern.“

      „Nur ein Kind.“

      „Na ja, also gut, Heng, weil du krank bist, mache ich dir heute Abend Zicklein-Kotelett und der Rest von uns bekommt Schwein.“

      „Ich will meines blutig vom Grill, nicht als Curry, Wan. Ich habe so einen Appetit auf Fleisch, richtig rotes Fleisch.“

      Die Kinder waren äußerst erleichtert, dass ihr Vater bis jetzt noch keine Absicht zeigte, sie zu essen.

      Als es so aussah, als sei Heng in Erwartung des Abendessens eingeschlafen, fragte Den seine Mutter, ob sie glaubte, dass er sie eines Tages