"Die große Nummer aus Chinatown."
"Hinter ihm steht der chinesische Geheimdienst."
Drake drehte sich um. Levonian folgte ihm in den Esszimmer.
"Einen Drink, Mister Levonian?"
"Damit Sie mir etwas hineinmixen? Kommt nicht in Frage."
"Sie misstrauen mir immer noch."
"Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Ihre Eifersucht plötzlich verraucht sein soll..."
Levonian zuckte die Achseln. "Vonda ist tot. Wir sollten beide in die Zukunft blicken."
"Ihre Gelassenheit überrascht mich."
Drake griff unter sein Jackett. Der Schalldämpfer von Levonians Waffe zuckte etwas nach oben. Er drückte ab. Die Kugel fuhr in die Sessellehne. "Keine Bewegung!"
"Ich wollte nur einen Kugelschreiber und mein Scheckheft herausnehmen", sagte er.
"Dann aber schön langsam..."
Nacheinander holte er Scheckheft und Kugelschreiber hervor. "Wenn Sie Lee Kuan liquidiert haben, bekommen Sie noch einmal dasselbe", sagte Drake, während er den Scheck ausstellte.
Er reichte ihn Levonian.
Dieser grinste zynisch, blickte auf die eingetragene Zahl und lächelte dann zynisch. "Ich werde Lee Kuan nicht töten", sagte er. "Sondern Sie!"
Levonian richtete die Schalldämpfer-Waffe auf sein Gegenüber, zielte.
Im selben Moment riss Drake den Kugelschreiber hoch, betätigte einen winzigen Schalter daran. Eine Spezialanfertigung. Es gab einen Knall. Aber die Wohnungen im Dakota House waren gut isoliert. Noch bevor Levonian abdrücken konnte, traf ihn das Projektil. Mit ungläubigem Staunen in den Zügen, sackte Levonian in sich zusammen.
Drake steckte die kugelschreiberförmige Pistole wieder ein.
Jetzt musst du die Nerven behalten, ging es ihm durch den Kopf. Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Das Problem mit Levonian war eine Kleinigkeit gegenüber dem, was ihm bevorstand, wenn Lee Kuan auf seine Spur kam.
27
Wir kamen noch gerade rechtzeitig am Dokata House an, um George Drake zu erwischen. Sein Wagen stand am Straßenrand.
Drake klappte den Kofferraum zu, ließ nervös den Blick schweifen. Als er uns entdeckte, hatte er es auf einmal sehr eilig, sich hinter das Steuer seines schweren Mercedes zu klemmen.
Ich parkte direkt hinter ihm, musste hart bremsen, um nicht die Stoßstange seines Mercedes zu touchieren. Wir ließen die Türen aufspringen, rannten los. Drake hatte schon den Motor gestartet.
Milo drückte ihm den Ausweis gegen die Beifahrerscheibe.
Er ließ das Fenster herunter.
"Was möchten Sie? Wir haben uns ausführlich unterhalten und ich dachte, es sei alles geklärt, was mich betrifft."
"Da wäre noch eine Kleinigkeit."
"Dann machen Sie es schnell, ich habe einen geschäftlichen Termin."
"Den werden Sie absagen müssen. Machen Sie bitte den Motor aus."
Der Griff meiner Rechten ging zur SIG in meinem Gürtelholster.
Drake überlegte eine Sekunde lang. Dann nickte er.
"Also gut..."
"Steigen Sie bitte aus."
"Bin ich etwa verhaftet?"
"Wir haben die Leiche eines Mannes namens Max O'Flaherty gefunden."
Sein Gesicht wurde starr. Er stieg aus. Ich folgte ihm, als er den Mercedes umrundete. Auf dem Bürgersteig angekommen blieb er stehen. Seine Hände waren tief den Hosentaschen vergraben. "Ich hoffe, Sie haben einen guten Grund, um mich hier festzuhalten!"
"Natürlich. Ich dachte, Sie wären vielleicht gerne dabei, wenn Ihre Wohnung durchsucht wird."
"Meine Wohnung?", entfuhr es ihm. "Sie müssen verrückt sein. Haben Sie überhaupt einen Durchsuchungsbefehl?"
"Den werden die Kollegen mitbringen, die wir alarmiert haben. Im Übrigen ist Gefahr im Verzug und dann kann so ein Papier auch nachgereicht werden."
"Sie sind verrückt..."
"Und Sie sind 'The Virus', Mister Drake. Zumindest war O'Flaherty dieser Meinung."
Drake erstarrte. Milo öffnete den Kofferraum. Einige Koffer befanden sich dort. "Hatten Sie eine längere Reise vor, Mister Drake?", fragte Milo.
"Vermutlich sage ich besser keinen Ton mehr ohne Anwalt..."
Milo zog einen der Koffer etwas hervor.
Er öffnete ihn.
Sein Gesicht veränderte sich. Er wurde blass.
"So etwas hast du noch nicht gesehen", murmelte er.
Ich schob Drake vor mir her, bis wir alle drei einen Blick darauf hatten. Im Koffer befanden sich sorgfältig in Cellophan eingepackte Leichenteile...
"Bevor Sie uns das hier erklären, sollten Sie bedenken, dass von nun an jede Aussage, die Sie machen, vor Gericht gegen Sie verwendet werden kann, Mister Drake", stellte ich klar.
"Schließen Sie den Kofferraum", sagte Drake fast flüsternd. "Das ist Bruce Levonian. Er drang in meine Wohnung ein und versuchte mich umzubringen. Es war Notwehr."
Milo schloss den Kofferraum.
"Das soll Ihnen jetzt noch jemand glauben?"
"Ich musste die Leiche unauffällig verschwinden lassen. Aber um sie in den Koffern zu verstauen, musste ich sie zerteilen."
Unsere Unterhaltung wurde jäh unterbrochen Eine dunkle Limousine brauste die Straße entlang.
Die dunklen Seitenscheiben wurden heruntergelassen.
Die Mündungen von MPis schoben sich heraus.
"Vorsicht! Auf den Boden!", rief ich. Ein wahrer Geschosshagel knatterte in unsere Richtung, stanzte Löcher in den Mercedes. Ich duckte mich, riss die SIG heraus, musste aber erst einmal in Deckung gehen.
Milo gab Drake einen kräftigen Stoß, riss ihn mit zu Boden. Aber es war zu spät. Drake schrie auf. Er hatte eine Kugel abbekommen. Er presste die Hand gegen den Oberkörper.
Das blütenweiße Hemd unter seinem blauen Zweireiher färbte sich rot.
Ich tauchte aus meiner Deckung hervor, als der Geschosshagel nachließ, feuerte meine SIG ab. Dabei zielte ich auf die Reifen der Limousine.
Milo verständigte inzwischen über Funk den Notarzt. Ich rannte zum Sportwagen, riss die Tür auf und startete.
Ziemlich grob fädelte ich mich in den Verkehr. Die Limousine bog in den Central Park West ab. Ich setzte das Rotlicht auf das Dach. Aber das half mir auch nicht viel weiter. An der nächsten Ampel staute sich der Verkehr. Die Limousine verschwand in einer Seitenstraße, während mein Sportwagen zwischen mehreren Fahrzeugen eingekeilt war. Immerhin hatte ich mir die Nummer gemerkt. Die telefonische Abfrage wenig später ergab jedoch, dass das Kennzeichen falsch war.
28
Drake wurde ins nächste Krankenhaus gefahren und notoperiert. Es handelte sich um das St. Clares Hospital in der 52. Straße. Natürlich stand er unter strenger Bewachung.
Nicht so sehr, weil wir befürchteten, dass er selbst sich aus dem Staub machen konnte, sondern weil anzunehmen war, dass diejenigen, die den Anschlag auf ihn verübt hatten, es erneut versuchen würden. Sobald es sein Zustand erlaubte, würde er in die besser gesicherte Gefängnisklinik von Riker's Island verlegt