Sommer Bibliothek 11 besondere Krimis. Walter G. Pfaus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Walter G. Pfaus
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783956179822
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bei uns melden. Ich habe versucht, mit ihr Kontakt aufzunehmen, ihr Hilfe anzubieten. Aber sie war nicht zu erreichen."

      "Hören Sie", sagte ich sehr ernst. "Wir wissen nicht, wo Ihre Schwester sich befindet. Aber es könnte ihr Leben davon abhängen, dass wir sie so schnell wie möglich finden!"

      "Warum ruft sie denn nicht die Polizei zu Hilfe, wenn sie in Lebensgefahr ist?"

      "Eine gute Frage", erwiderte ich. "Vielleicht liegt es daran, dass Sie in uns nur Diener des Bösen sieht. Jedenfalls hat sie das mal so formuliert."

      "Das klingt nach dem Gedankengut der AUSERWÄHLTEN", stellte Ann fest. Dann sah sie mich etwas ratlos an. "Wie kann ich Ihnen helfen, Mr. Trevellian?"

      "Sie kennen Ihre Schwester besser als wir..."

      "Nicht gut genug!"

      "Überlegen Sie, wo sie sich jetzt verstecken könnte? Gibt es jemanden, bei dem Sie Unterschlupf finden könnte? Freunde, Bekannte..."

      "Sie hatte viele Freunde und Freundinnen", sagte Ann. "Aber das war, bevor sie den AUSERWÄHLTEN beitrat. Dann nach und nach sind diese Kontakte abgerissen. Sie hat sich nur noch um diese seltsame Sekte gekümmert. Sonst hatte in ihrem Leben nichts mehr Platz."

      "Ich verstehe. Trotzdem! Überlegen Sie, ob es da nicht irgendjemanden geben könnte!"

      "Sie hatte eine beste Freundin. Sally hat immer versucht, sie zum Beitritt zu den AUSERWÄHLTEN zu bewegen, aber das ist nie etwas geworden."

      "Name?"

      "Melanie Travis, wohnt jetzt in Queens, seit sie diesen tollen Job gekriegt hat. Adresse weiß ich nicht, aber sie arbeitet als Abteilungsleiterin im Kaufhaus Macy's."

      "Dann kriegen wir das raus", versprach ich. "Sollte Sally sich bei Ihnen melden, dann sagen Sie uns bitte Bescheid", forderte ich sie dann auf und legte ihr eine der Visitenkarten auf den Tisch, die der FBI für seine Special Agents drucken lässt. "Ich bin jederzeit erreichbar."

      51

      Wir fuhren nach Manhattan zum Kaufhaus Macy's. Aber Melanie Travis war nicht dort. Sie hatte heute ihren freien Tag, aber immerhin erfuhren wir ihre genaue Adresse.

      Melanie Travis wohnte in der Hausnummer 543 in der 39.Straße, Queens.

      Wir überquerten die Queensboro Bridge. Unter uns befand sich das langgezogene Roosevelt Island, das den East River in den East Channel und den West Channel teilte. Die gewaltige Queensboro Bridge senkte sich langsam ab. Links erstreckte sich der Queens Bridge Park, rechts befand sich eine Gewerbeansiedlung.

      "Ich komme immer noch nicht darüber hinweg, dass die Bauteile für den ABC-Schutzraum einfach abtransportiert wurden, ohne dass es eine Spur davon gibt", meinte ich, während ich in die 21. Straße einbog. Die 21. Straße in Queens wohlgemerkt. Es gibt eine Reihe von Straßenbezeichnungen, die in New York City mehrfach vorkommen.

      "Die Spurensicherer haben nichts gefunden, die Durchsuchung der Geschäftsräume von Parker & Sarrasco hat nichts ergeben und nach Zeugen braucht man auf einer abgelegenen Industriebrache ja wohl kaum zu suchen", fasste Milo den Stand der Dinge trocken zusammen. "Jesse, die Spur ist tot."

      "Ich würde mich trotzdem gerne nochmal auf dem Gelände in Jersey City umsehen."

      "Ich halte es für Zeitverschwendung, Jesse. Aber ich komme natürlich mit."

      "Auch, wenn es nach Dienstschluss ist?"

      "Wann immer das heute auch sein mag."

      Fünf Minuten später hatten wir Melanie Travis' Adresse erreicht. Ich fuhr den Sportwagen an den Straßenrand. Wir stiegen aus. Melanie Travis wohnte im Erdgeschoss eines fünfstöckigen Brownstone-Hauses. Wein rankte an den Mauern empor. Große Teile waren völlig zugewachsen.

      Ein separater Eingang führte zu ihrer Wohnung.

      Die Tür stand einen Spalt breit offen.

      Schon auf den ersten Blick sahen wir, dass sich jemand auf ziemlich grobe Weise am Schloss zu schaffen gemacht hatte. Wie automatisch ging meine Hand zum Griff der P226. Milo und ich zogen unsere Waffen im selben Moment. Ich berührte mit der Schuhspitze die Tür und vergrößerte etwas den Spalt.

      Geräusche drangen von innen heraus.

      Ich blickte in einen Flur.

      Dort war niemand.

      Die Eingänge zu mehreren Räumen zweigten von diesem Flur ab.

      Lautlos betrat ich die Wohnung.

      Dann schnellte eine Gestalt aus einem der anderen Räume.

      Ein Mann mit aschblondem, leicht gelocktem Haar. Wie erstarrt stand er in der nächsten Sekunde da, als er in den Lauf meiner P226 blickte. Er selbst hielt eine Automatik mit langgezogenem Schalldämpfer in der Rechten.

      "Schön ruhig", sagte ich.

      Milo war bei der Eingangstür geblieben und sicherte mich aus der Deckung heraus.

      Der Lockenkopf wandte ihm einen kurzen Blick zu.

      Ich konnte förmlich sehen, wie die Panik in unserem Gegenüber aufstieg. Ein heikler Moment. Die Gesichtsfarbe veränderte sich, wurde dunkelrot. Muskel und Sehnen spannten sich. Der Lockenkopf machte in dieser Sekunde den Eindruck eines in die Enge getriebenen Wolfs.

      "Wir sind vom FBI! Sie sind verhaftet!", setzte ich hinzu. "Lassen Sie die Waffe fallen...."

      Die Fingerknöchel des Lockenkopfs waren weiß, so umkrampfte er den Griff seiner Waffe. An seinem Hals sah ich ein metallisches Glitzern. Ein Amulett, das ich schon einmal gesehen hatte. Drei Kreuze auf einer kreisrunden Fläche...

      Wir waren also auf der richtige Spur.

      Ich hoffte nur, dass wir nicht bereits zu spät kamen. Zu spät, um Sally Hirams Leben zu retten...

      Der Lockenkopf blickte seitwärts, in den Raum hinein, aus dem er gekommen war.

      Ich wusste sofort, dass er jemanden anschaute.

      Dort war noch jemand...

      Einen Sekundenbruchteil später verriet ein schabendes Geräusch mir, dass ich recht hatte.

      Der Lockenkopf riss seine Waffe hoch.

      Wie ein Blitz zuckte das Mündungsfeuer aus dem Schalldämpfer heraus. Es machte zweimal kurz hintereinander 'plop!'. Ich wich zur Seite, kam hart gegen die Wand, während eines der Projektile nur Millimeter an mir vorbeizischte.

      Der Lockenkopf stürzte seitwärts durch den Zimmereingang.

      Das