"Links abbiegen!", befahl er knapp seinem Chauffeur.
Die Limousine brauste um die Ecke, in eine kleine Einbahnstraße hinein.
*
Während Milo und ich in meinem Sportwagen die Fith Avenue am Central Park in Richtung East Harlem entlangjagten, meldete sich die Zentrale mit schlechten Nachrichten. Unsere Leute waren in einen Unfall geraten und hatten Carini verloren. Ein Hubschrauber war unterwegs und es lief eine Großfahndung an.
Unsere Kollegen hatten Carini in eine Einbahnstraße einbiegen sehen.
Er fuhr in nördliche Richtung.
Ein paar Minuten später hörten wir über Funk, dass Carinis Wagen von Beamten der City Police an einer Auffahrt zum Franklin D. Roosevelt Drive gesichtet worden war. Die City Police hatte dort einen Kontrollpunkt errichtet. Carinis Wagen hatte mitten auf der Fahrbahn gedreht. Ein Streifenwagen war ihm auf den Fersen und verfolgte ihn.
Carinis Limousine bewegte sich jetzt wieder südwärts, Richtung Yorkville.
Inzwischen kreiste der Hubschrauber über ihm. Carinis Position wurde ständig über Funk an alle Einheiten der Polizei und des FBI weitergegeben. Wie ein Wahnsinniger jagte er die Second Avenue hinunter und bog dann in die 8o. Straße ab. Dort saß er in der Falle. Einige Einsatzwagen des NYPD erwarteten ihn dort.
Die Kollegen blockierten mit ihren Wagen die Straße.
Milo und ich waren ganz in der Nähe.
Wir bogen von der anderen Seite in die Achtzigste ein. Eine Wagenlänge vor uns war der Streifenwagen, der Carini noch immer auf den Fersen war.
Carinis Chauffeur bremste. Die Limousine rutschte ein Stück vorwärts und kam dann zum Stehen.
Der Streifenwagen stellte sich quer. Die Kollegen sprangen aus dem Wagen und brachten ihre Waffen in Anschlag.
Ich ließ den Sportwagen mitten auf der Straße stehen. Es blieb mir gar nichts anderes übrig. Die Bürgersteige waren bereits dicht an dicht vollgeparkt. Milo und ich stiegen aus, rissen die Dienstpistolen aus den Halftern und gingen ebenfalls hinter dem Streifenwagen in Deckung.
Ich hielt kurz den Ausweis hoch, um die verdutzten Officers zu beruhigen.
"Agent Trevellian, FBI", sagte ich.
"Was ist das für ein Wahnsinniger, hinter dem ihr her seid", meinte einer der Officers kopfschüttelnd.
Milo sagte: "Wir können es uns leider nicht aussuchen."
Ein Chevy bog um die Ecke und kam mit einer Vollbremsung zum Stehen. Das waren Caravaggio und Medina.
Eine Megafonstimme ertönte von der anderen Seite und forderte die Insassen der Limousine auf, sich zu ergeben.
Einige Augenblicke lang geschah gar nichts.
Dann endlich schien Guy Carini begriffen zu haben, dass das Spiel aus war. Die Türen öffneten sich. Zuerst stiegen der Chauffeur und ein Leibwächter aus.
Dann kam der große Boss persönlich. Mit aschfahlem Gesicht.
Wir kamen aus unserer Deckung hervor. Der Leibwächter und der Chauffeur wurden von den Uniformierten in Empfang genommen und verhaftet. Handschellen klickten.
Ich wandte mich Carini zu - und jenem schmächtigen Mann mit schütteren Haaren, der erst jetzt aus dem Wagen stieg.
"Ich bin Anwalt!", rief er.
"Das trifft sich gut", erwiderte ich kühl. "Mr. Carini wird anwaltlichen Beistand dringend nötig haben... Allerdings werden Sie erklären müssen, welche Rolle Sie bei dieser Flucht gespielt haben, Mister..."
"Gaspardo."
Carini sah mich mit finsterem Blick an. "Was fällt Ihnen ein, G-man? Was soll dieser Zirkus?"
"Ich denke, Sie ahnen es", erwiderte ich.
"Ach, ja? Vielleicht klären Sie mich mal auf, weshalb Sie einen ehrbaren Geschäftsmann wie einen Schwerverbrecher behandeln." Er wandte sich an Gaspardo. "Mein Gott, unternehmen Sie etwas für Ihr Honorar!"
"Der Name Kerim sagt Ihnen etwas, oder?", fragte ich.
"Kommen Sie, G-man, was wird das hier für ein mieses Spiel? Ein Rate-Quiz? Ich habe Sie bereits einmal gewarnt. Und wenn dieses Theater hier vorbei ist, dann werden Sie noch bereuen, es eingeleitet zu haben. Sie wissen ja gar nicht..."
"Ja, ich weiß, ihre Verbindungen", nickte ich. "Von denen wird Sie morgen keiner kennen wollen, wenn es erstmal die Runde gemacht hat, welche Rolle Sie bei dem Überfall auf den Druckplatten-Transport gespielt haben."
"So?"
Ich zog zwei sorgfältig in Dritteln gefaltete Papiere aus der Innentasche meines Jacketts und händigte sie Carini aus.
"Was ist das?", brummte er.
"Lesen Sie sich beides gut durch. Das eine ist der Haftbefehl für Sie. Und das andere der Durchsuchungsbefehl für Ihre Privat- und Geschäftsräume."
"Was erhoffen Sie denn zu finden?"
"Ich nehme an, dass die Druckplatten längst an einem sicheren Ort sind, nicht wahr?"
"Das sind doch alles nur Unterstellungen!", mischte sich Gaspardo ein.
Ich wandte mich an den Anwalt. "Am besten Sie machen Mr. Carini möglichst schnell klar, dass er mit uns zusammenarbeiten sollte! Sonst sieht es sehr düster für ihn aus!"
"Sie bluffen doch nur, G-man!", rief Carini, bevor er abgeführt wurde.
"Der Staatsanwalt wird uns beglückwünschen", meinte Agent Medina.
Ich zuckte die Achseln.
"Das wird er wohl erst dann tun, wenn diese Druckplatten wieder auftauchen."
Orry machte eine wegwerfende Handbewegung. "Wer weiß, auf welchen dunklen Kanälen die längst verschwunden sind... Ich fürchte, die sehen wie nie wieder, Jesse."
*
Milo und ich fuhren am frühen Nachmittag nach Rikers Island, um mit Walid Kerim zu sprechen. Er schilderte Einzelheiten einer Schießerei, die in einer Montagehalle in Brooklyn stattgefunden hatte. Dort war Jespers erschossen worden.
"Sie wollten uns in Beton begraben", sagte Kerim bitter.
"Einige von ihnen haben das mit dem Leben bezahlt..."
"Wir werden Ihre Angaben überprüfen", erklärte ich.
"Tun Sie das! Es stimmt jedes Wort."
"Wir brauchen Namen", sagte ich. "Namen von Leuten, die noch an dem Überfall auf den Druckplatten-Transport beteiligt waren."
"Den eigentlichen Überfall hat Carini organisiert. Jespers und ich waren nur für Datenbeschaffung zuständig, indem wir uns in die EDV von McGordon Inc. hineinklickten." Er richtete sich ein Stück auf und verzog das Gesicht. "Wir kannten die anderen nicht. Und das war wohl auch das beste so. Je weniger man vom anderen wusste, desto besser, wenn etwas schiefgeht und einer erwischt wird."
"Kannten Sie diesen Mann?", fragte ich und zeigte ihm dabei ein Bild von Kevin Fernandez, bei dem die Bazooka gefunden worden war.
Er schüttelte den Kopf. "Nein, kenne ich nicht. Er sieht tot aus."
"Ist er auch. Sein Name war Kevin Fernandez. Sagt Ihnen der Name etwas?"
"Nein."
"Vielleicht