Seewölfe - Piraten der Weltmeere 97. Kelly Kevin. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kelly Kevin
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394210
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      Schweiß stand auf seiner Stirn, als er auf Ferris Tucker, Big Old Shane und eine Gruppe anderer Männer zutrat.

      „Dons Teufel von Hölle!“ zischte Batuti mit rollenden Augen. „Batuti aus Dons Picadillo machen, wenn erwischen.“

      „Wenn!“ sagte der Seewolf hart.

      „Ja, wenn“, knirschte Ferris Tukker. „Und was tun wir jetzt? Wir können nicht die Hände in den Schoß legen und warten, bis diese Bastarde an ihrer eigenen Bosheit ersticken.“

      „Das werden wir auch nicht“, sagte Hasard durch die Zähne.

      Es klang wie ein Schwur, obwohl auch der Seewolf im Augenblick nicht wußte, wie sie aus dieser vertrackten Situation herauskommen sollten.

      2.

      Die Sonne senkte sich im Westen, als die „Maria Mercedes“ die Insel Sala-y-Gomez erreichte.

      Jetzt erst wurden die gefangenen Seewölfe von den Kanonenrohren losgebunden. Sämtliche Knochen taten ihnen weh, aber die Wut, die in ihnen wühlte, war wesentlich schlimmer. Ed Carberry fluchte mit dem Papagei Sir John um die Wette. Da einige der Spanier ein paar Brokken Englisch verstanden, bezog der gefesselte Profos eine schallende Ohrfeige.

      „Ihr feigen Ratten!“ schrie Bill empört. „Ihr dreckigen Hundesöhne! Ihr verlausten Affen, ihr …“

      „Halt den Mund, du Hammel!“ knurrte Carberry.

      Von jetzt an mäßigte er sich. Nicht seinetwegen, durchaus nicht. Aber da Bill so offensichtlich bestrebt war, dem Profos nachzueifern, würde er auch von der entsprechenden Quittung seinen Teil empfangen.

      Noch brachte er die Spanier nur zum Lachen mit seinem Gegifte, was bei Bill wiederum beinahe Tränen der Wut auslöste. Mit überschnappender Stimme schimpfte und fluchte er weiter, die Kerle lachten immer lauter, aber das war nach Carberrys Meinung noch das beste, was dem Jungen passieren konnte.

      Vom Vorschiff her wurden Ben Brighton und Dan O’Flynn auf die Kuhl gestoßen. Matt Davies erhielt einen Fußtritt, der ihn ebenfalls in Bewegung brachte.

      Er wußte so gut wie die anderen, daß es sinnlos war, die Spanier zu reizen, aber er konnte es sich nicht verkneifen, dem Kerl, der ihn getreten hatte, haarscharf vor die Zehenspitzen zu spucken.

      Der Bursche revanchierte sich mit einem heimtückischen Hieb ins Genick, dann beeilte er sich, beim Abfieren der Boote zu helfen. Ein Teil der Spanier enterte ab. Die Gefangenen wurden einfach über das Schanzkleid ins Wasser geworfen.

      Nacheinander klatschten sie ins Wasser und wurden brutal in die Boote gezerrt. Die Spanier beeilten sich nicht besonders.

      Dan O’Flynn war der letzte, den sie am Kragen packten. Er fühlte sich wie eine halb ersäufte Katze, als er keuchend und Wasser spuckend zwischen den Duchten lag.

      Minuten später knirschte Sand unter dem Bootskiel.

      Wieder wurden die Gefangenen einfach hinausgeworfen, und diesmal überließen es die Spanier ihren gefesselten Opfern selbst, sich aus dem seichten Wasser herauszuarbeiten.

      Dan O’Flynn soff fast ab. Erst als Carberry ihn lauthals einen „lausigen Schlappschwanz“ nannte, befähigte die Wut ihn, wenigstens Kopf und Oberkörper auf den sicheren Strand zu schieben. Weiter schaffte er es nicht. Den kleinen Rest seiner Puste brauchte er nämlich, um dem Profos zu sagen, wofür er ihn hielt: für den Sohn eines räudigen Ziegenbocks, dessen stinkenden Kadaver sogar die Haie ausspucken würden.

      Ziemlich mühsam rappelten sich die Gefangenen auf.

      Die Spanier halfen mit Fußtritten nach, wo es ihnen zu langsam ging. Ed Carberry kriegte den Lauf einer Muskete in den Rücken und stolperte vorwärts, auf den Weg zu, der durch die Klippen hinauf zum Hochplateau führte. Es war ein steiler Weg, manchmal von hohen, in den Stein gehauenen Stufen unterbrochen, und die Seewölfe stolperten immer wieder, obwohl man ihnen die Fußfesseln durchgeschnitten hatte.

      Ben Brighton bildete den Schluß. Der Kerl hinter ihm trieb ihn mit dem Lauf der Muskete an, und der Bootsmann knirschte vor Wut mit den Zähnen. Er hatte gute Lust, einfach nach hinten auszutreten und den Spanier die Klippen hinunterzubefördern.

      Aber Ben bezwang sich. Wenn der Bursche sich das Genick brach, würden die Spanier ein paar von den Gefangenen ebenfalls über die Kante jagen, soviel stand fest. Der Bootsmann war froh, daß er es war, der am Schluß ging, und nicht Matt Davies oder der hitzköpfige Dan O’Flynn.

      Schließlich hatten sie es geschafft und stolperten keuchend durch das Buschwerk, das am Rand des Plateaus wucherte. Eine zerklüftete Felsenbarriere schirmte das Lager der Spanier zur See hin ab.

      Ben Brightons Blick glitt über die primitiven Hütten, die Feuerstelle und blieb an dem Pfahl hängen, der mitten auf dem freien Platz in den Boden gerammt worden war.

      Ben ahnte, wozu dieser Pfahl dienen sollte.

      Er preßte die Lippen zusammen und wandte den Kopf. Hinter ihnen schleppten zwei Spanier Luana über den Weg. Sie hatte ihren Widerstand aufgegeben und ließ sich willenlos vorwärts treiben. Erst als die beiden Kerle versuchten, ihr die Kleider vom Leib zu reißen, bäumte sie sich verzweifelt auf.

      Es war sinnlos.

      Ein heftiger Schlag traf sie ins Gesicht, mit verdrehten Augen sackte sie in sich zusammen. Die Spanier schleiften sie über den Platz und begannen, sie völlig nackt an den Pfahl zu fesseln.

      „Ihr Schweine!“ brüllte Carberry los. „Ihr verdammten Frauenschänder! Ihr elenden …“

      Zum zweiten Mal an diesem Tag traf ein schmetternder Schlag sein Rammkinn.

      Diesmal hatte der Spanier den Kolben seiner Muskete benutzt. Edwin Carberry flog fünf Schritte zurück und klappte zusammen.

      Ben Brighton knirschte in ohnmächtiger Wut mit den Zähnen.

      „Feige Ratten!“ fauchte Dan. „Ihr hinterhältigen …“

      „Ruhig, Junge“, stieß Ben Brighton hervor. „Es ist sinnlos, unsere Kraft zu vergeuden. Reiß dich zusammen!“

      Dans Augen funkelten, aber er sagte nichts mehr. Der Blick, mit dem er Carlos Ingarra durchbohrte, war allerdings mörderisch. Aber Blicke konnten nicht töten, und der selbsternannte Capitan verzog nur verächtlich die Lippen.

      „Schön!“ sagte er auf spanisch. „Sehr schön! Zuerst einmal wird diese verdammte Hure die Peitsche zu spüren kriegen. Und später denke ich mir noch etwas anderes Hübsches aus.“ Er zog die Lippen von den Zähnen und zeigte ein grausames Lächeln. „Bringt die Engländer in eine der Hütten“, befahl er. „Und fesselt ihnen wieder die Füße. Aber gründlich, verstanden?“

      Die Meuterer hatten sehr gut verstanden.

      Sie gaben sich Mühe, ihre Opfer so zu verschnüren, daß sie kaum noch den kleinen Finger bewegen konnten. Anschließend wurden sie in eine der Hütten geschleift, durch die Tür gestoßen und auf den schmutzigen Boden geworfen.

      Die Tür fiel zu.

      Es war ein scharfer, endgültiger Laut, der die Seewölfe fatal an das Zuschlagen eines Sargdeckels erinnerte.

      Die Dämmerung schien sich wie ein dunkles Tuch über den Pazifik zu senken.

      Erste Sterne funkelten. Im Westen lag ein Streifen dunstigen Rots über der Kimm wie der Widerschein einer Feuersbrunst. Ein Rot, das immer düsterer und brennender wurde, bis die Schwärze der Nacht es schließlich verschluckte. Die Sichel des zunehmenden Mondes strahlte in reinem Silberglanz und warf ihren fahlen Schein über das Wasser.

      Die „Isabella“ segelte unter Fock und Besan langsam in Richtung Nordost.

      Die Seewölfe waren ein Stück vor dem Wind nach Westen gelaufen und dann umgekehrt. Jetzt näherten sie sich der Insel Sala-y-Gomez aus einer Richtung, von der sie hofften, daß die Meuterer sie dort nicht erwarten würden.