Seewölfe - Piraten der Weltmeere 29. John Curtis. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: John Curtis
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954392711
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      Impressum

      © 1976/2013 Pabel-Moewig Verlag GmbH,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-271-1

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      1.

      Der Alcalde Calvo Ramirez Santana schnippte mit den Fingern.

      „Bringt sie her!“ befahl er, und seine Brauen zogen sich bei diesen Worten unheilverkündend zusammen.

      Teniente Morales, der Führer der dreißig Mann starken Truppe, die die Streitmacht der winzigen Garnison Culebra bildete, scheuchte mit einer Handbewegung zwei seiner Soldaten los. Dann sah er den Alcalden an.

      „Senor – ich rate zur Vorsicht. Ich kenne die Nicaraos. Mit Gewalt ist bei denen nichts zu erreichen, sie sind zu stolz, um sich irgendeiner Gewaltaktion zu beugen. Ich schlage nochmals vor ...“

      Der Alcalde beugte sich in seinem schweren lederbezogenen Armstuhl, der etwas erhöht stand und schon fast wie ein Thron wirkte, vor.

      „Ich habe Sie nicht um Ihre unmaßgebliche Meinung gefragt, Teniente!“ sagte er scharf. „Ich weiß allein, wie ich diese braunhäutigen Schufte anzupacken habe. Diese Aina ist die Tochter des Häuptlings – ein besseres Pfand könnten wir gar nicht in der Hand haben. Sie weiß erstens alles, was ich erfahren will, und zweitens wird sie reden. Außerdem habe ich einen Boten zum Häuptling der Nicaraos geschickt und ihm mitgeteilt, daß sich seine Tochter in meiner Gewalt befindet. Verlassen Sie sich darauf, er wird dieses Mädchen zu retten versuchen, ich kenne die Stellung, die eine Häuptlingstochter bei diesen Indianern einnimmt. Er darf sie nicht opfern, wenn er bei seinem Volk nicht das Gesicht verlieren will. Er wird uns gegen das Leben von Aina sagen, wo sich die Goldader befindet.“

      Der Leutnant versuchte es noch einmal.

      „Senor, Sie vergessen, was sich beim letzten Markttag ereignet hat. Emilio Torro und Alfonso Ortiz haben die Indianer mit ihren Leuten überfallen und alle jungen Mädchen, die sie erwischen konnten, in ihre Bordelle verschleppt. Wäre ich nicht mit meinen Soldaten dazwischengegangen, dann hätten sie die Häuptlingstochter ebenfalls dorthin gebracht. Nur Ihr ausdrücklicher Befehl, Senor, hat mich daran gehindert, auch die anderen Mädchen aus den Klauen dieser üblen Burschen zu befreien. Ich halte es mit meiner Ehre als spanischer Offizier nicht für vereinbar, Kerle wie diesen Torro oder Ortiz auch noch zu unterstützen, ich ...“

      Der Alcalde war aufgesprungen. Während der Teniente sprach, hatte sich sein Gesicht mehr und mehr verfinstert.

      „Schweigen Sie, Leutnant!“ brüllte er, und die Adern an seiner Schläfe schwollen bedrohlich an. „Damit Sie es ein für allemal wissen: Diese Indios zählen für mich nicht zu den Menschen. Ich werde auch diese Aina heute hierbehalten. Sie wird mir den Abend versüßen, und wenn sie genug Wein getrunken hat, wird sie mit Wonnen tun, was ich von ihr verlange. Diese braunhäutige Katze wird mir aus der Hand fressen, Teniente. Sie kann stolz darauf sein, daß ich, der Alcalde von Culebra, ihr überhaupt die Gnade erweise, mit mir das Lager teilen zu dürfen. Ihre bisherige Widersetzlichkeit bei den Verhören hätte jede andere schon längst auf die Folterbank gebracht. Ich habe mit dieser Aina bis jetzt mehr Nachsicht geübt als mit irgendeinem anderen Indio. Wenn sie allerdings auch jetzt nicht reden sollte, dann kenne ich ein paar Mittelchen, um ihr den hübschen Mund zu öffnen.“

      Er richtete sich hoch auf, was bei seiner Leibesfülle statt imponierend schon fast komisch wirkte.

      „Und damit Sie es nun endlich begreifen, Teniente: Culebra ist Hoheitsgebiet Seiner Katholischen Majestät. Wir sind hier die Herren, was wir wünschen, das hat zu geschehen. Was es auf dieser Halbinsel an wertvollen Dingen oder Bodenschätzen gibt, das gehört der Spanischen Krone, deren Bevollmächtigter ich bin. Ich rate Ihnen dringend, Teniente, sich diesem Standpunkt anzupassen. Andernfalls sind Sie die längste Zeit der Befehlshaber dieser Garnison gewesen!“

      Teniente Morales hatte alle Farbe verloren. In ohnmächtiger Wut ballte, er die Hände, aber er tat es hinter seinem Rücken. Er kannte die Macht des Alcalden, und er wußte, wozu dieser Mann fähig war. Er wurde auch jeder Entgegnung enthoben, denn in diesem Moment brachten die beiden Soldaten, denen er den Befehl gegeben hatte, Aina zu holen, das Mädchen herein.

      Der Teniente wandte sich unwillkürlich um. Und wieder mußte er sich eingestehen, daß er nie zuvor ein hübscheres Mädchen gesehen hatte. Aina hatte ein fein geschnittenes Gesicht, ausdrucksvolle Augen und Züge, einen seltsam festen und doch zugleich weichen Mund. Ihr junger, schlanker Körper besaß eine Geschmeidigkeit, wie der Teniente sie bei keiner Weißen jemals gesehen hatte.

      Unwillkürlich fiel sein Blick auf den Alcalden. Der Teniente sah die unverhohlene Gier, mit der Calvo Ramirez Santana die Indianerin anstarrte, er sah, wie sich der Alcalde die Lippen leckte.

      Die beiden Soldaten hielten das Mädchen gepackt. Sie zerrten es vor den Alcalden und zwangen es dort in die Knie.

      Das war dem Teniente zuviel.

      „Laßt sie los!“ fuhr er die beiden an, und die Soldaten gehorchten. Aina erhob sich. Ihre dunklen Augen richteten sich auf den Alcalden.

      Der Alcalde kam sofort zur Sache.

      „Wo ist das Gold? Ich befehle dir, mir augenblicklich zu sagen, wo das Gold in euren Bergen liegt. Wenn du auch jetzt nicht redest, werde ich dir die Zunge lösen lassen. Wenn du mir aber sagst, was ich wissen will, werde ich dich fürstlich belohnen. Also?“

      Der Alcalde hatte spanisch gesprochen, er wußte, daß Aina die spanische Sprache ziemlich gut verstand, zumindest aber den Sinn seiner Worte erfaßte. Das Mädchen schwieg und starrte ihn aus den dunklen Augen nur an. In ihren Zügen prägte sich überdeutlich die Verachtung, die sie für diesen Mann empfand.

      Der Alcalde bemerkte es, und plötzlich sah er rot. Er war ohnehin eine jähzornige Natur und in seinen Ausbrüchen völlig unberechenbar. Mit einer Schnelligkeit, die man ihm bei seiner Körperfülle nicht zugetraut hätte, schoß er auf Aina zu. Er packte sie an den Haaren und riß sie brutal zu Boden. Dann klatschten seine dicken Hände in das Gesicht des Mädchens. Anschließend versetzte er ihr einen derben Tritt in die Seite, der sie über den Boden katapultierte.

      „Reißt diesem Miststück die Kleider vom Leibe!“ brüllte er die beiden Soldaten an, die erschrocken zurückgewichen waren und die Szene aus großen Augen beobachtet hatten.

      Erst der wütende Befehl des Alcalden riß sie aus ihrer Erstarrung. Sie warfen sich auf die Indianerin, die sich eben aufrichten wollte. Dem Mädchen lief das Blut aus Mund und Nase, so heftig hatte Santana zugeschlagen.

      Die beiden Soldaten, packten die immer noch etwas benommene Aina und fetzten ihr die wenigen Kleidungsstücke vom Leib. Sie gaben keine Ruhe, bis Aina splitternackt auf dem Boden lag. Dann rissen sie sie hoch und schleppten sie vor den Alcalden.

      Santana starrte Aina drohend an.

      „Willst du jetzt endlich reden?“ brüllte er unbeherrscht. „Oder soll ich die Folterknechte rufen?“

      Er war mit einem einzigen Schritt bei dem Mädchen, packte ihre Schultern und drehte sie herum, als die beiden Soldaten sie losließen.

      „Da, ich habe das Feuer im Kamin schon anheizen lassen“, sagte er drohend und zwang die Indianerin, die lodernden Flammen anzustarren. „Wenn du jetzt nicht redest, werde ich dir deine verfluchte Indioschnauze aufreißen lassen!“

      Aina sah in die Flammen, aber in ihrem Gesicht bewegte sich kein Muskel. Sie wischte nicht einmal das Blut ab, das ihr immer noch aus der Nase lief. Nur in ihren dunklen Augen glomm ein unheilvolles Licht. Aber das bemerkte der Alcalde nicht. Er registrierte nur, daß Aina auch jetzt weiterhin hartnäckig schwieg.

      Er ließ sie los.

      „Ruft die Folterknechte!“ schrie er außer sich vor Wut. „Sie sollen ...“

      Teniente Morales fiel ihm ins Wort.

      „Senor, das können Sie nicht tun, das ist gegen ...“

      Santana