Unser äußeres Leben
An der Basis unseres äußeren Daseins
Worte Sri Aurobindos
Es ist ein Fehler zu glauben, dass wir nur physisch leben, also mit dem äußeren Mental und Leben. Wir leben und handeln die ganze Zeit über auf anderen Bewusstseinsebenen, treffen dort andere Menschen und wirken auf sie ein, und was wir dort tun und fühlen und denken – die Kräfte, die wir sammeln, die Ergebnisse, die wir vorbereiten –, hat eine unschätzbare und uns unbekannte Wichtigkeit für unser äußeres Leben und wirkt darauf ein. Nicht alles davon dringt durch, und was durchdringt, nimmt im Physischen eine andere Form an – obwohl manchmal eine genaue Übereinstimmung besteht. Dieses Wenige aber befindet sich an der Basis unseres äußeren Daseins. Alles, was wir im physischen Leben werden und tun und ertragen, wird hinter dem Schleier in uns vorbereitet. Es ist daher von ungeheurer Wichtigkeit für einen Yoga, der auf die Umwandlung des Lebens abzielt, sich dessen bewusst zu werden, was innerhalb dieser Bereiche vor sich geht, dort Meister und fähig zu sein, die geheimen Kräfte, die unser Geschick und inneres und äußeres Wachsen oder Verfallen bestimmen, zu fühlen, zu kennen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
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Äußere Persönlichkeit und wahres Selbst
Worte Sri Aurobindos
Dieses kleine Mental, Vital und der Körper, die wir für unser Selbst halten, sind nur eine Oberflächen-Bewegung und ganz und gar nicht unser eigentliches „Selbst“. Sie sind der äußere Teil einer Persönlichkeit, der für das Spiel der Unwissenheit in einem kurzen Leben hervorgebracht wurde. Er ist mit einem unwissenden Mental ausgerüstet, das auf der Suche nach Bruchstücken der Wahrheit umhertastet, mit einem unwissenden Vital, das auf der Suche nach Bruchstücken des Vergnügens umherjagt, mit einem dunklen und meist unterbewussten Physischen, das die Einwirkung von Dingen empfängt und ein sich daraus ergebendes Leiden oder Vergnügen eher hinnimmt als meistert. All das wird akzeptiert, bis das Mental dessen überdrüssig wird und nach der wirklichen Wahrheit seiner selbst und der Dinge Ausschau zu halten beginnt, bis das Vital sich angeekelt fühlt und zu fragen beginnt, ob es nicht so etwas wie wirkliche Seligkeit gibt, und das Physische müde wird und nach der Befreiung von sich selbst und seinen Schmerzen und Freuden verlangt. Dann kann der kleine, unwissende Teil der Oberflächen-Persönlichkeit zu seinem wahren Selbst zurückkehren...
Das wirkliche Selbst ist nicht irgendwo an der Oberfläche, sondern tief in uns und über uns. Innen ist die Seele, die ein inneres Mental stützt, ein inneres Vital, ein inneres Physisches, in denen die Fähigkeit zu universaler Weite liegt und damit zu dem, wonach jetzt verlangt wird – einem direkten Kontakt mit der Wahrheit des Selbstes und der Dinge, dem Kosten einer universalen Seligkeit, der Befreiung von der eingekerkerten Kleinheit und den Leiden des groben physischen Körpers. Selbst in Europa gibt man neuerdings sehr häufig das Vorhandensein von Etwas hinter der Oberfläche zu. Sein Wesen jedoch wird verkannt, und es wird „unterbewusst“ oder „unterschwellig“ genannt, während es in Wirklichkeit auf seine eigene Weise durchaus bewusst und nicht unterschwellig ist, sondern nur hinter dem Schleier.
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Eine Angst der materialistischen Denker
Worte Sri Aurobindos
Der materialistische Denker stellt einen Gegensatz auf zwischen dem Extrovertierten und dem Introvertierten und meint, man müsse die extrovertierte Haltung als die einzige Sicherheit akzeptieren: Nach innen gehen bedeute, man trete in eine Finsternis, eine Leere ein, oder man verliere das Gleichgewicht des Bewusstseins und werde krank. Nur von außen her werde solch inneres Leben, soweit man es konstruieren könne, entstehen, und unsere Gesundheit sei nur dadurch gesichert, dass wir uns strikt auf ihre heilenden und nährenden äußeren Quellen verlassen – das Gleichgewicht des persönlichen Mentals und Lebens könne nur dadurch gesichert sein, dass wir uns auf die äußere Wirklichkeit stützen, denn die materielle Welt sei die einzige fundamentale Wirklichkeit. Das mag für den physischen Menschen, für den geborenen Extrovertierten zutreffen, der sich als Geschöpf der äußeren Natur fühlt. Durch sie gebildet, von ihr abhängig würde er sich selbst verlieren, wenn er nach innen ginge: Für ihn gibt es kein inneres Wesen, kein inneres Leben. Aber auch der – nach dieser Unterscheidung – introvertierte Mensch besitzt nicht das innere Leben. Er ist kein Seher, der das wahre innere Selbst und die inneren Dinge schaut, sondern der kleine mentale Mensch, der nur oberflächlich in sich hineinschaut und dort nicht sein spirituelles Selbst, sondern sein Lebens-Ego, sein Mental-Ego sieht und sich nun in heilloser Weise mit den Regungen dieser kleinen, armseligen Zwerg-Schöpfung beschäftigt. Die Vorstellung oder Erfahrung innerer Finsternis ist, wenn er nach innen schaut, die erste Reaktion seiner Mentalität, die immer nur an der Oberfläche gelebt und das innere Sein nie wirklich erfahren hat. Sie verfügt nur über eine konstruierte innere Erfahrung, die für die Bestandteile ihres Wesens von der Außenwelt abhängt. Den Menschen jedoch, in dessen Wesen die Macht eines mehr verinnerlichten Lebens eingedrungen ist, bringt dieser Weg nach innen. Dem Leben in der Innerlichkeit bringt er nicht Finsternis oder dumpfe Leere, sondern umfassende Ausweitung, eine neue Erfahrung, eine größere Schau, mehr Fähigkeit, ein geweitetes Leben, das unendlich viel wahrer und vielseitiger als jenes erste kleinliche Leben ist, das nur um seiner selbst willen von unserem normalen physischen Menschsein konstruiert war. Er bringt eine Freude des Wesens, die umfassender und reicher ist als jede Daseins-Freude, die der äußere vitale oder der vordergründig mentale Mensch durch seine dynamische Vital-Kraft bzw. die Aktivität oder Subtilität und Ausweitung des mentalen Daseins erwerben kann. Ein Schweigen, das Eintreten in eine weite, ja ungeheure oder unendliche Leere ist ein Teil der inneren spirituellen Erfahrung. Vor diesem Schweigen und vor dieser Leere hat das physische Mental eine gewisse Angst. Das kleine oberflächlich aktiv denkende oder vitale Mental schreckt davor zurück oder hat eine Abneigung dagegen, denn es verwechselt das Schweigen mit mentaler oder vitaler Unfähigkeit und die Leere mit Stillstand oder Nicht-Sein: Dieses Schweigen ist aber das Schweigen des Geistes, das die Voraussetzung für höheres Wissen, für mehr Macht und tiefere Freude ist, und durch diese Leere wird der Becher unseres natürlichen Wesens ausgeleert und von seinen trüben Inhalten befreit, so dass er mit dem Wein Gottes gefüllt werden kann. Das ist nicht der Übergang in das Nicht-Sein, sondern der Übergang in ein höheres Sein.
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