Der Peloponnesische Krieg (Buch 1-8). Thukydides. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thukydides
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 4064066498535
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als er vierzehn Jahre vor diesem Kriege mit einem Peloponnesischen Speere gegen Eleusis und auf das Thriasische Feld in Attika eingerückt war, ohne weiter vorzubringen, sich wieder zurückgezogen habe, weswegen er auch aus Sparta verbannt wurde, weil man glaubte, er hätte sich durch Bestechung zum Rückzüge bestimmen lassen. Als sie aber das Heer bei Acharnä, sechzig Stadien von der Stadt entfernt sahen, so schien ihnen dieß unerträglich; und der Anblick der Verheerung ihrer Felder, den die Jüngeren noch nie, und die Aelteren nur zur Zeit der Perserkriege gehabt, dünkte ihnen, wie leicht zu erachten, empörend. Das her waren Alle, besonders aber die junge Mannschaft, der Meinung, mau solle ausrücken; und jedes nicht dulden. Sie theilten sich nun in Parteiungen und stritten mit Hitze, indem die Einen auf einen Ausfall drangen, die Andern iha mißriethen. Die Wahrsager verkündeten mancherlei Sprüche, die jeder, je nachdem er gesinnt war, eifrig auffaßte. Die Acharner aber, die sich als einen nicht unbedeutenden Theil der Athener betrachteten, betrieben es, bei der Verwüstung ihres Feldes, um meisten, daß ein Ausfall und eine Schlacht geschähe. Auf alle Art wurde die Stadt aufgereizt, und war voll Unwillen gegen Perikles: man gedachte seiner frühern Ermahnungen nicht mehr, sondern schalt auf ihn, daß er, als Feldherr, sie nicht gegen den Feind führe, und maß ihm die Schuld von Allem bei, was man zu leiden hatte.

      22. Perikles aber, welcher die Atheneer mit ihrer jetzigen Lage sehr unzufrieden, und von keinem guten Geiste beseelt sah, und doch überzeugt war, seine Ansicht, daß ein Ausfall mit der Gesamtmacht vermieden werden müsse, sei die richtige, veranstaltete keine Volksversammlung oder sonstige Zusammenkunft, um zu verhüten, daß sie nicht mehr durch Leidenschaft als durch Ueberlegung bei ihrer gemeinschaftlichen Berathung geleitet, einen Mißgriff thun möchten. Er lief nur die Stadt gehörig bewachen, und erhielt darin, so viel ihm möglich war, die Ruhe. Indeß schickte er immer Reiterei aus, damit nicht die feindlichen Vortruppen in die Felder nahe bei der Stadt streifen und sie beschädigen möchten. Es erfolgte auch ein kleines Reitergefecht zwischen einem Geschwader der Athenischen Reiterei, mit dem die Thessalier vereinigt waren, und der Reiterei der Böotier, bei Phrygia, wobei die Athener und Thessalier nicht im Nachtheile waren, bis den Böotiern das schwerbewaffnete Fußvolk zu Hülfe kam, und jene zurückgedrängt wurden, wobei die Athener und Thessalier einen kleinen Verlust an Todten hatten, welche sie noch denselben Tag, ohne Waffenruhe nachzusuchen, von dem Kampfplatze wegschafften. Die Peloponnesier errichteten den folgenden Tag ein Siegeszeichen. Jene Thessalische Schaar war den Athenern, zu Folge eines alten Bundesvertrages, zu Hülfe gekommen, und zwar von den Larissäern, Pharsaliern, Kranoniern, Pyrasiern, Gyrtoniern und Pheräern. Ihre Anführer waren Polymedes und Aristonus aus Larissa, jeder von einer besondern Partei, und Menon and Pharsalus; und so hatten auch die Truppen der übrigen Städte ihre besondern Anführer.

      23. Die Peloponnesier brachen, als die Athener nicht zur Schlacht gegen sie ausrückten, von Acharnä auf, und verwüsteten einige andere Bezirke zwischen dem Paruesischen und Brilessischen Gebirge. Während sie nun noch in dem Lande standen, so sandten die Athener jene hundert Schiffe, die sie ausgerüstet, mit einer Bemannung von tausend Schwerbewaffneten und vierhundert Bogenschützen in die Gegend des Peloponneses unter Anführung des Karcinus, des Sohnes von Xenotimus, und des Proteas, Sohnes von Epikles, und des Sokrates, Sohnes vor Autigenes. Diese liefen mit dieser Kriegsmacht aus, und kreuzten, daselbst. Die Peloponnesier aber zogen sich, nachdem sie in Attika, so lange die Vorräthe reichten, geblieben waren, durch das Böotische Gebiet auf einem andern Wege, als sie hereingekommen waren, zurück. Sie zogen an Oropus vorbei, und verwüsteten das sogenannte Grajische Gebiet, welches die Oropier, Athenische Unterthanen, bebauen. Nachdem sie im Peloponnes angekommen, löste sich das Heer auf, und jeder gieng in seine Heimath.

      24. Nach ihren Abzuge stellten die Athener zu Lande und zur See Wachposten aus, wie sie dieselben den ganzen Krieg hindurch bestehen lassen wollten: auch beschlossen sie eintausend Talente von den auf der Burg befindlichen Geldern bei Seite zu legen und nicht anzugreifen, sondern die Kriegskosten von dem Uebrigen zu bestreiten: und sie setzten Todesstrafe darauf, wenn jemand die Verwendung dieser Summe zu einem andern Zwecke in Vorschlag oder zur Abstimmung bringen würde, ausser auf den Fall, daß die Feinde mit einer Kriegsflotte gegen die Stadt heransegelten, und man sich gegen diese vertheidigen müßte. Zugleich bestimmten sie, daß jedes Jahr hundert Dreiruder, und zwar die besten Schiffe, und die Befehlshaber dazu ausgesondert werden sollten, und keines dieser Schiffe sollte anders, als für denselben Nothfall, wie jenes Geld, gebraucht werden.

      25. Die Athener aber, die mit der Flotte von hundert Schiffen um den Peloponnes kreuzten, nebst den Korcyräern, die mit fünfzig Schiffen zu ihrer gestoßen waren, und einigen andern Verbündeten aus jener Gegend, landeten, nachdem sie auf ihrem Zuge dem Feinde manchen andern Schaden zugefügt, bei Methone (Modon) im Lakonischen Gebiete, und rückten auf diesen ummauerten Ort vor, der schwach, befestigt und ohne Besatzung war. Gerade befand sich in dieser Gegend Brasidas, der Sohn des Tellis, ein Spartaner, der einen Wachposten befehligte. Auf die Nachricht von diesem Vorfalle eilte er den Bewohnern dieses Orts mit hundert Schwerbewaffneten zu Hülfe. Er schlug sich durch das Heer der Athener, das in der Gegend zerstreut umher lag, und mit der Belagerung beschäftigt war, durch, warf sich in Methone hinein, und behauptete die Stadt, nachdem er bei dem Durchmarsche nur Wenige von seinen Leuten verloren hatte. Wegen dieses kühnen Streiches wurde er, der Erste in diesem Kriege, in Sparta belobt. Die Athener aber brachen auf, und fuhren weiter, und richteten ihren Lauf nach Phea im Eleischen Gebiet, und verheerten das Land: und als dreihundert Mann auserlesene Truppen von dem Eleischen Thallande und aus der Umgegend auf sie anrückten, so besiegten sie dieselben in einem Treffen. Als sich hierauf ein heftiger Landwind erhob, und sie in jener Gegend ohne schirmende Bucht dem Sturme blosgestellt waren, so schifften sich die Meisten ein, und umschifften das sogenannte Vorgebirge Ichthys, und liefen in den Hafen Phea ein. Die Melles Hier aber und Andere, welche die Schiffe nicht hatten erreichen können, nahmen den Landweg und bereiten Phea: und wurden von den indeß angekommenen Schiffen später aufgenommen. Denn sie gaben den Besitz von Phea auf, und fuhren weiter, da jetzt ein zahlreiches Heer von Eleern gegen sie anrückte. Die Athener regelten hierauf in andere Gegenden, welche sie verheerten.

      26. Um dieselbe Zeit schickten die Athener dreißig Schiffe in die Gegend von Lokris, und zugleich zum Schutze von Euböa: der Anführer war Kleopompus, der Sohn des Klinias. Dieser landete zu wiederholten Malen, und verwüstete einige Küstengegenden, eroberte Thronium, nahm Geißelt von den Einwohnern, und schlug bei Alope die herangerückten Lotrier in einem Treffen.

      27. In eben diesem Sommer vertrieben die Athener auch die Aegineten mit Weibern und Kindern aus Aegina, weil sie ihnen zur Last legten, daß sie hauptsächlich, an dem Kriege Schuld sehen. Auch schien es sicherer, Regina, das so nahe am Peloponnes lag, durch Ansiedler aus ihrer Mitte zu besetzen: auch sandten sie nicht lange nachher Anpflanzer dahin. Den vertriebenen Aegineten wiesen die Lacedämonier Thyrea zur Wohnung und dessen Felder zur Benutzung an, theils um das Gegentheil von den Athenern zu thun, theils weil die Aegineten zur Zeit des Erdbebens und des Aufstandes der Heloten sich um sie verdient gemacht hatten. Das Gebiet von Thyrea ist ein Grenzland der Argivischen und Laconischen Landschaft, und erstreckt sich bis an das Meer. Einige von jenen ließen sich nur daselbst nieder, Andere zerstreuten sich im übrigen Griechenlande.

      28. In dem nämlichen Sommer, an einem Neumonde nach dem Mondsmonate (der dritten August), bei welchem es auch allein als möglich angenommen wird, verfinsterte sich die Sonne nach Mittag, und wurde sichelförmig, und einige Sterne wurden sichtbar, aber die Sonne erhielt darauf wies der ihr volles Licht.

      29. In eben diesem Sommer schloßen die Athener öffentliche Gastfreundschaft mit Nymphodorus aus Abdora, dem Sohne des Pythes, den sie zuvor für ihren Feind gehalten hatten, und beriefen ihn nach Athen. Sitalces nämlich, der Sohn des Teres, König der Thracier, hatte dessen Schwester zur Gemahlin, und jener hatte auf ihn großen Einfluß: und die Athener wünschten diesen Fürsten zum Bundesgenossen zu haben. Jener Teres, der Vater des Sitalces, war es, der zuerst den Odrysiern die ausgebreitete Herrschaft über den größern Theil des übrigen Thraciens erwarb. Denn ein großer Theil der Thracier ist unabhängig. Uebrigens stand dieser Teres mit dem Tereus, welcher Prokne, Pandion's Tochter, zur Gemahlin hatte, in keiner Verwandtschaft. Sie stammten auch nicht aus demselben Theile von Thracien: sondern Tereus wohnte in Daulia, in dem Lande, das jetzt Phokis heißt, und damals von Thraciern bewohnt war. Es ist dieß dasselbe Land, in welchem jene Frauen die That am Itys verübt haben. Viele