Ihre Augen weiteten sich ungläubig, doch bevor sie einen Einwand erheben konnte, sprach er weiter.
„Der Zufall wollte es, daß ich mich gestern nacht im Garten aufhielt, als Captain O’Neill Ihnen einen höchst ungehörigen Besuch abstattete.“
Nach kurzem Schweigen sagte sie trotzig: „Captain O’Neill hat mich gebeten, seine Frau zu werden.“
„Das war wohl auch das mindeste, was er tun konnte“, bemerkte Lord Hawkston trocken.
„Und ich lag bisher mit mir im Widerstreit, ob ich seinen Antrag annehmen sollte oder nicht“, fügte sie hinzu.
„Die Wahl liegt bei Ihnen“, sagte er, „entweder Sie nehmen die Werbung des Captains an, oder ich schicke Sie mit dem nächsten Schiff nach England zurück.“
„Sie können sich wohl denken, wie meine Antwort ausfallen wird, Mylord. Übermitteln Sie Gerald meine Entschuldigung. Andererseits zweifle ich daran, daß wir nach der langen Trennung ein gemeinsames Glück gefunden hätten.“
Lord Hawkston mußte sich eingestehen, daß sie angesichts ihrer Lage eine Haltung zeigte, die er ihr nicht zugetraut hätte.
Emily erhob sich.
„Wenn Sie mir sonst nichts mehr zu sagen haben, werde ich mich zurückziehen und Captain O’Neill einen Brief schreiben, der ihn, wie er mir versichert, zum glücklichsten Mann unter der Sonne macht.“
„Ich habe nichts mehr zu sagen, denn an meiner Meinung über Ihr Benehmen sind Sie vermutlich nicht interessiert.“
„Warum sollte ich“, erwiderte sie schnippisch. „Sie haben schon lange vergessen, wie es ist, jung zu sein. Alt werde ich noch früh genug, in der Zwischenzeit will ich mein Leben genießen, und es gibt genügend Männer, die mir mit dem größten Vergnügen dabei behilflich sein werden.“
Ohne etwas zu entgegnen, verbeugte er sich ironisch, als sie an ihm vorbei zur Tür rauschte.
Dort drehte sie sich noch einmal um und sagte in zuckersüßem Ton: „Ach, bitte, sagen Sie Gerald, wie sehr ich es bedaure, ihn in Verzweiflung zu stürzen. Ich hoffe sehr, daß wir trotzdem Freunde bleiben werden.“
Bevor Lord Hawkston eine passende Erwiderung einfiel, hatte sie auch schon das Zimmer verlassen. Trotz seines Ärgers konnte er sich ein Lachen nicht verkneifen. So starke Nerven hatte er nicht hinter ihr vermutet. Unwillkürlich drängte sich ihm der Gedanke auf, daß sie die passende Ehefrau gewesen wäre, um Gerald den Kopf zurecht zu setzen. Aber dieses Kapitel war nun ein für allemal abgeschlossen.
Sein Freund James Taylor hatte sicherlich in seiner Annahme recht gehabt, daß Gerald eine vernünftige Frau fehlte. Die Frage war nur, wo er sie hernehmen sollte.
Er stand am Fenster und sah in den Garten hinaus, der ein wahres Farbenmeer bildete. Da wuchsen purpurne Orchideen, Hibiskus in allen Rottönen und die weißen, trompetenähnlichen Frangipanis. Die ganze Szenerie war wie für die Liebe geschaffen.
Wie sollte er nur für seinen Neffen eine Frau finden, wo ihm das für sich selbst nicht gelungen war. Inzwischen war er siebenunddreißig Jahre alt und hatte sich damit abgefunden, Junggeselle zu bleiben.
Als er nach England zurückkehrte, erwarteten seine Verwandten, daß er heiraten würde. Immer wieder wurde er mit jungen Witwen oder Mädchen zusammen eingeladen, die aus irgendeinem Grund nicht den passenden Partner gefunden hatten. Keine von ihnen hatte seinen Verstand angesprochen, geschweige denn sein Herz angerührt. Dabei war er sich darüber im klaren, daß er seine Ansprüche zu hoch geschraubt hatte. So reserviert und kalt er äußerlich wirkte, so brannte in seinem Inneren die Sehnsucht nach einer Liebe, die der nicht nachstand, die er dem Inselparadies Ceylon gegenüber empfand.
Wenn er manchmal auf der Veranda seines Hauses stand und die gen Himmel ragenden Berge und unten im Tal den kristallklaren Fluß bewunderte, erweckte die ihn umgebende Schönheit einen Widerhall in ihm, der dem Begehren zu einer außerordentlich attraktiven Frau glich. Gefühle wachten in ihm auf, die an Intensität mit nichts zu vergleichen waren. So stellte er sich die Liebe vor, wobei er gleichzeitig versuchte, sich über seine Hirngespinste lustig zu machen.
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