Gut beraten im Nachbarschaftsrecht. Dr. Ulrich Janes. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dr. Ulrich Janes
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783747103609
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also auch für den Verein Sturmwind, zukommt. Der vom Bezirksamt erteilte Bauvorbescheid für den beantragten Neubau war damit nicht mehr gültig.

      image Lärm durch das Volksfest

      Herr Feucht besitzt zwei Grundstücke, wovon das eine mit einem Wohnhaus, das andere mit einem Ladengeschäft bebaut ist. Beide Grundstücke werden im Westen durch eine Straße begrenzt. Im Osten steht die Dorfkirche. Frau Zank ist Eigentümerin des südlich davon gelegenen Grundstücks, das mit ihrem Wohnhaus bebaut ist.

      In der Gemeinde findet jährlich Anfang Mai ein Weinfest statt. Am ersten Septemberwochenende veranstaltet die Gemeinde auch jährlich ihre „Woi- und Quetschekuche-Kerwe“. Während der beiden Veranstaltungen werden auf der etwa 850 Meter langen „Kerwemeile“ an verschiedenen Plätzen Musik und Spezialitäten angeboten.

      Herr Feucht beteiligt sich an den beiden Festen mit einer Bewirtung auf seinen Grundstücken mit mehreren Bierzeltgarnituren, vereinzelten Stehtischen und der Ausschankstelle. Er bringt auch Lautsprecher an, die vom Wohnhaus der Frau Zank etwa 35 Meter entfernt sind.

      Für das Weinfest im Mai 2015 erteilte die Gemeinde Herrn Feucht neben der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs nach dem Gaststättengesetz (GastG) auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für das Abspielen von CD-Musik sowie Live-Musik bis maximal 24.00 Uhr. Gestattet wurde die Benutzung von Lautsprechern, Tonwiedergabegeräten und ähnlichen Geräten.

      Da sich Frau Zank in der Vergangenheit bei der Gemeinde bereits mehrfach über von der Ausschankstelle des Herrn Feucht ausgehende starke Lärmbelästigungen beschwert hatte, vereinbarte die Gemeinde mit Frau Zank die Durchführung von Lärmmessungen während des Weinfests. Diese ergaben am Anwesen von Frau Zank an unterschiedlichen Tagen und Zeiten Werte zwischen 59 dB(A) und 67 dB(A).

      Mit neuem Bescheid erteilt die Gemeinde Herrn Feucht anlässlich des Weinfests im Rahmen der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs die Erlaubnis, bis auf Widerruf alkoholische Getränke auf dem Platz vor der Kirche zu verabreichen. Die Erlaubnis hat die Auflage, die Außenbewirtschaftung nachts um 1.00 Uhr beziehungsweise um 2.00 Uhr zu beenden. Ab 22.00 Uhr – Beginn der Nachtruhe – muss darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten.

      Zur Begründung führt die Gemeinde aus, die „Woi- und Quetschekuchekerwe“ sei von besonderer kommunaler Bedeutung und durch den örtlichen Bezug sowie die Standortgebundenheit und zahlenmäßig eng begrenzte Durchführung solcher Ereignisse als seltene Veranstaltung privilegiert.

      Frau Zank sieht sich in ihrer Ruhe und ihrem Schlaf gestört und wendet sich gegen die erteilte gaststättenrechtliche und immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigungen.

      Gesetz und Recht: Nach dem Gaststättengesetz (GastG) kann die Behörde zunächst eine vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung und nach dem Landesimmissionsschutzgesetz eine Ausnahmegenehmigung erteilen. Entscheidend ist, ob Frau Zank dadurch materiell-rechtlich beschwert ist. Die Ausnahmegenehmigung erfordert eine Abwägung der widerstreitenden Interessen der Teilnehmer am Volksfest und der betroffenen Nachbarin, die sich auf die Regelungen des Landesimmissionsschutzgesetzes in Verbindung mit der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) berufen kann. Die TA Lärm gestattet für seltene Ausnahmefälle Abweichungen von den festgelegten gebietsverträglichen Lärmbelastungen. In der Sache selbst war eine Abwägung zwischen dem Interesse der Bürger an dem traditionellen Volksfest für wenige Tage im Jahr und dem Ruhebedürfnis der Anwohnerin vorzunehmen.

      Hier war das Volksfest bereits zu Ende, als die Entscheidung erging. Da eine Wiederholung im nächsten Jahr droht, besteht daher die Möglichkeit, nach Erledigung des Verfahrens durch das Gericht eine Feststellung treffen zu lassen, was für die Zukunft gelten muss (Fortsetzungsfeststellungsklage).

      Wie geht es weiter? Hier wird sich zukünftig die Behörde an die Feststellungen des Gerichts halten, da ansonsten eventuell Schadenersatzansprüche drohen.

      image Der lärmende Weinbrunnen

      Ede ist Eigentümer einer Wohnung im Erdgeschoss einer Wohnungsanlage. Diese liegt an einer Grünanlage, an deren westlichen Ende sich eine Empore befindet, die zum mittleren Teil der Grünanlage durch einen Brunnen und zwei Treppen begrenzt wird. Im östlichen Teil der Anlage liegt ein Kinderspielplatz.

      Seit 1967 wird jährlich in der Zeit von Mai bis September auf der westlichen Empore ein „Weinbrunnen“ als temporär eingerichteter Ausschank zum Verkauf von Wein zur Mitnahme in Flaschen oder zum Verzehr vor Ort betrieben. Die Gemeinde gestattete zuletzt, aus besonderem Anlass den „Weinbrunnen“ als eine Schankwirtschaft mit der besonderen Betriebsart „Schankstand“ zu betreiben, wobei durch Auflagen bestimmt war, dass der Ausschank und der Verkauf von Getränken um 21.30 Uhr zu beenden und der Aufenthalt von Gästen auf dem Gelände der Schankfläche ab 22.00 Uhr zu unterbinden sei.

      Dieser Genehmigung lag eine Lärmberechnung der Beklagten zugrunde, die sich zutreffend auf ein Rundschreiben des Landes bezog. Dabei ging man unter Zugrundelegung der menschlichen Stimme von einem Schallleistungspegel von 70 dB(A) pro Gast und von etwa 50 Prozent der Besucher, die sich gleichzeitig äußern, aus. Unter Zugrundelegung von etwa 600 Gästen wurde an der Wohnung von Ede durch den Betrieb der Schankwirtschaft ein Schallleistungspegel von 54 dB(A) prognostiziert. Der Ausschank ging also unverändert weiter.

      Gegen die Gestattung für den Zeitraum von Mai bis September legte Ede bei der Behörde Widerspruch ein, über den allerdings erst am 13. September abschlägig entschieden wurde.

      Gesetz und Recht: Ausgangspunkt ist § 4 Gaststättengesetz, wonach eine Gaststättenerlaubnis nur erteilt werden darf, wenn schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) nicht zu befürchten sind. Entscheidend kommt es dabei auf die von der Behörde anzustellenden Prognosen und die Zumutbarkeit der Immissionen an. Dabei kommt es auch darauf an, welche Lärmursachen wem zuzurechnen sind.

      Der Nachbar kann hier die Verletzung eigener Rechte aus § 4 Gaststättengesetz geltend machen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass von dem Betrieb schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen. Materiell-rechtlich hat er die Möglichkeit, die Richtigkeit der Prognose überprüfen zu lassen.

      Zu empfehlen wäre, auch einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz bei Gericht zu stellen, um zu verhindern, dass die Behörde die Entscheidung verschleppt, wie sie es hier zugunsten des Schankbetriebs getan hat.

      Wie geht es weiter? Bei einer erneuten Gestattung des Ausschanks müssen entsprechende Schutzvorkehrungen oder Betriebsauflagen – etwa auch zeitliche Beschränkungen – geprüft werden.

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       Den Konflikt lösen

      „Ich habe keinen Konflikt“, behaupten viele, obwohl der Streit von außen betrachtet ganz offensichtlich ist. Emotionen kochen hoch. Man fühlt sich ungerecht behandelt oder hilflos – das löst Wut aus.

      image „Was bildet der sich ein?“ oder „Was denkt der, mit wem er es zu tun hat?“ – Das sind die Fragen, die jetzt aufkommen. Man will sich dem Gegner nicht länger unterordnen und das Gefühl der Hilflosigkeit mit einer Machtdemonstration kompensieren. Wenn man sich selbst die Macht nicht zutraut, den anderen zu unterwerfen, bietet es sich an, stellvertretend eine Anwältin oder einen Anwalt „in die Schlacht“ zu schicken.

      Um uns derartige Fälle genauer anschauen zu können, müssen wir zunächst ein paar Begriffe definieren. So ist schon auf sprachlicher Ebene zwischen einer Auseinandersetzung, einem Streit