Sweet Dreams Are Made Of This. Dave Stewart. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dave Stewart
Издательство: Bookwire
Серия: Musiker-Biographie
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783854454960
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davon ausgehen, dass sie dies für einen Telefonstreich gehalten und sofort aufgehängt hätte. Sie blieb jedoch dran und hörte sich die ganze Nummer an. Als ich fertig war, nahm ich den Hörer wieder auf und fragte: „Was halten Sie davon?“

      „Das war richtig gut, Kleiner, aber ich bin nur die Rezeptionistin.“

      „Oh, okay. Können Sie weiterleiten, dass Dave Stewart angerufen hat, und ihnen sagen, dass ich ins Radio will und dies ein Song war, den ich geschrieben habe?“

      Ungefähr eine Woche später – ich war gerade bei meinem Dad und schaute fern – klingelte das Telefon. Das tat es sonst nie, weshalb Dad aufsprang. Es hatte einen sehr lauten Klingelton, der fast schon an einen Feueralarm erinnerte. Er hob ab und kam dann mit einem verwirrten Gesichtsausdruck ins Zimmer zurück. Er sagte: „Radio Durham möchte mit dir sprechen.“

      Ich hatte diesen Anruf selbstverständlich erwartet. Eine Stimme am anderen Ende der Leitung fragte: „Wie alt bist du denn, mein Sohn?“ Ich antwortete, dass ich 15 sei.

      „Das Mädchen hat gesagt, dass du ihr einen Song vorgespielt und dass du ihn selbst geschrieben hast.“

      „Yeah“, antwortete ich.

      „Nun, wir möchten dich zu einem Gespräch einladen. Und bring deine Gitarre mit.“ Er sagte noch, dass es für die Lokalberichterstattung wäre.

      Ich willigte ein und hängte auf. Dann dachte ich mir: „Jesus, wie komme ich denn nur dorthin?“

      Der Sender lag 20 Kilometer außerhalb der Stadt, weshalb ich mitsamt meiner Gitarre einen Bus bestieg. Und so trat ich zum ersten Mal in meinem Leben im Radio auf. Ich wurde interviewt, sang einen Song und das Ganze wurde mitgeschnitten. Dann erklärte ich, dass ich Teil eines Duos sei, und überreichte ihnen unsere EP. Sie reagierten zwar ein wenig perplex, aber sie erklärten, dass sie die Platte spielen würden.

      Ich hörte daraufhin fast eine Woche lang 24 Stunden am Tag Radio Durham, bis der DJ schließlich irgendwann verkündete: „Hier nun ein lokales Duo aus Sunderland.“ Plötzlich erklang der Anfang von „Green, She Said“ über den Lautsprecher. Es klang phantastisch. Zum Glück war auch Brian gerade vorbeigekommen und total überrumpelt. Ich muss in seiner Wertschätzung gleich um ein paar Stufen gestiegen sein.

      Ein paar Wochen später erhielt ich mit der Post einen Scheck von der BBC (!!) über fünf Pfund, weil ich im Radio gespielt worden war. Wow! Ich war geplättet. Man hatte mich nicht nur im Radio gespielt, sondern mich auch noch dafür bezahlt. Du heilige Scheiße! Ich nahm Fahrt auf. Im Anschluss daran wurden Brian und ich sogar in eine TV-Show nach Newcastle eingeladen.

      Während der nächsten 18 Monate spielten wir weiterhin unter dem Namen Stewart & Harrison und ich begann, mir eine Wohnung mit einem Typen namens Eddie zu teilen, den ich kennengelernt hatte, als er mich um Gitarrenunterricht bat. Ich hatte in einer lokalen Zeitschrift inseriert und meine winzig kleine Anzeige verkündete: „Gitarrenunterricht: jede Stilrichtung.“ Schließlich musste ich ja Geld verdienen.

      Die Leute waren alle schockiert, wenn sie aufkreuzten und ihnen ein langhaariger Junge, der wie 14 aussah, entgegentrat. Aber schon bald hatte ich ein paar regelmäßige Kunden, darunter eine liebe junge Frau namens Pauline und eben diesen Eddie, der beruflich Fernsehantennen montierte.

      Unsere Mietwohnung lag am Ende einer Straße, die an eine reine Mädchenschule anschloss, und es sprach sich herum, dass da zwei Typen hausten, was in so einem jungen Alter für Sunderland eher außergewöhnlich war. Bald schon wurde unsere Bude zur Party-Zentrale. Ich wurde schnell erwachsen, rauchte Hasch und experimentierte mit LSD. Mädchen kletterten in ihren Schuluniformen durch die Fenster und schlossen sich uns an.

      Manchmal wachten Eddie und ich auf und ein paar sechzehnjährige Schulmädchen aßen Frühstück und machten uns auch welches. Bald schon wurde daraus mehr als nur „Frühstück machen“ und ein paar von ihnen wuchsen mir sehr ans Herz. Sie freundeten sich mit uns an und im Gegenzug ermöglichten wir – oder eigentlich ich – ihnen erste Erfahrungen mit Drogen. Für nur ein Pfund bekam man schwarzes Hasch aus Pakistan oder hellbraunes Hasch aus Marokko. Selten mal Gras. Ich rauchte einfach alles, was ich in die Hände bekam und teilte es mit den Mädchen oder anderen Leuten, die bei uns anriefen, während sich unser Apartment einen zunehmend schlechten Ruf erarbeitete. Es kam also oft vor, dass bei uns einfach ein paar Leute herumlagen und echt voll drauf waren.

      Dann kam LSD – oder Acid, wie wir es nannten – ins Spiel. Es war in verschiedenen Ausprägungen erhältlich. Zuerst hatten wir „Purple Microdot“, dann „Windowpane“. Wir experimentierten mit unterschiedlichen Sorten und blieben dabei die ganze Nacht wach.

      Sunderland wurde langsam zu einem völlig anderen Ort. Spuren von London wurden sichtbar, Drogen konnten leichter beschafft werden und farbenfrohe Charaktere fingen an, Läden zu eröffnen. So kaufte ich mir ein paar lilafarbene Raulederstiefel im Schuhladen von Alan Hogg – oder „Hoggy“, wie wir ihn nannten. Außerdem erstand ich eine Weste mit Fransen in Dave Dochertys Boutique West One, wo es nicht nur groovy Klamotten, sondern auch hinreißende Teenager gab.

      Auch die Musikszene wurde immer aufregender, was in erster Linie an ein paar ortsansässigen Veranstaltern lag. Einer von ihnen, Geoff Docherty, hatte eigentlich für zwei Pfund pro Nacht und einen Gratis-Drink als Pförtner im Bay Hotel angefangen, fand jedoch schon bald seine Berufung, als er John Peel im Radio gelauscht hatte. Er sparte seine zwei Pfund pro Nacht zusammen und buchte eine Band namens Family aus London, damit sie für eine Gage von 150 Pfund – seine gesamten Ersparnisse – im Bay Hotel auftrat. Es sollte ein großer Erfolg werden. 800 begeisterte Kids kreuzten auf und eine neue Ära war angebrochen. Als Nächstes kamen Free mit Paul Rodgers, Paul Kossoff, Simon Kirke und Andy Fraser. Sie reisten nordwärts, bespielten das Bay Hotel und brachten das Publikum zum Rasen. Jeder hatte diese Bands zuvor nur von Fotos oder aus dem Radio gekannt.

      Im Melody Maker las ich, dass Eric Clapton, Steve Winwood und Ginger Baker eine Supergroup namens Blind Faith gegründet hatten. Ich sah im Fernsehen, wie Jimi Hendrix in der Show Happening for Lulu, in der Musik und Sketche gespielt wurden, auftrat. Er hatte eigentlich „Hey Joe“ performen sollen, aber nach der Hälfte der Nummer spielten er und seine Band eine ungeprobte Version von „The Sunshine Of Your Love“ als Hommage an Cream, die sich gerade aufgelöst hatten. Es war ein ordentliches Durcheinander, aber Hendrix wirkte fröhlich, als er „Sie ziehen uns den Stecker“ schrie und die Produzenten die Übertragung unterbrachen.

      Wir sahen auch in den Nachrichten, dass die Beatles ein spontanes Konzert auf dem Firmensitz von Apple Records in der Saville Row in London gespielt hatten. Als die Leute unten auf der Straße begriffen, was da vor sich ging, rasteten sie komplett aus.

      Ich war 17 Jahre alt und sog dies alles auf. Dies war die Welt, in der ich leben wollte. Es war mir egal, wenn ein langweiliger Nachrichtensprecher uns mitteilte, dass die Queen sich einen neuen Kühlschrank gekauft hatte. Ich fühlte mich so lebendig, als wäre ich ans Stromnetz angeschlossen, und mein Kopf surrte förmlich aufgrund all der Möglichkeiten.

      Dann traten Tyrannosaurus Rex live bei uns auf. Marc Bolan war der heißeste Typ, den ich je gesehen hatte. Er stand da auf der Bühne mit seinen Locken und seiner schillernden Ausstrahlung und sang „Debora“. Die Mädels flippten total aus und ich dachte mir, dass es das gewesen sein musste, was mein Bruder damals beim Beatles-Konzert erlebt hatte. Ich war wie gelähmt. Nach der Show lernte ich Marc Bolan und seinen Partner Steve Peregrin Took kennen, da ich mit einer Ansammlung von Mädchen hinter die Bühne gelassen wurde. Er war der netteste Typ, den ich bis dahin getroffen hatte. Wir begaben uns alle zusammen an den Strand, wo er weitersang und Gitarre spielte. Keiner von uns konnte glauben, dass dies gerade passierte.

      * * *

      Plötzlich war ich ein Teil einer Szene und wurde – ohne es zu realisieren – so etwas wie ihr Anführer. Ich war noch nicht erwachsen, aber schon herumgereist und kannte Dinge, die vielen der Kinder, die noch zur Schule gingen, unbekannt waren. Außerdem lebte ich nicht mehr zu Hause und konnte tun und lassen, was ich wollte.

      Ein typischer Abend in meiner und Eddies Wohnung fing als gemütliches Beisammensein in kleinem Rahmen an – nur zwei oder drei von uns,