Die tödlichen Gedanken. Stefan Bouxsein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefan Bouxsein
Издательство: Bookwire
Серия: Mordkommission Frankfurt
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783939362135
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Hans Bremer:

      Der nackte Idiot, 2014

      Hotel subKult und die BDSM-Idioten, 2016

       Erotischer Roman von Susann Bonnard:

      Die schamlose Studentin, 2017

      Mein perfekter Liebhaber, 2019

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      © 2021 by Traumwelt Verlag

      Stefan Bouxsein

      Johanna-Kirchner-Str. 20 · 60488 Frankfurt/Main

      www.traumwelt-verlag.de · [email protected]

      Alle Rechte vorbehalten.

      Lektorat: Stefanie Reimann

      Umschlaggestaltung und Titelbild:

      Nuilani – Design und Kommunikation, Ralf Heller

      www.nuilani.de · [email protected]

      Titelbild: fotolia

      ISBN 978-3-939362-13-5

      3. Auflage, 2021

      1

       Mein Lehrerinnenbuch

       Es war Sommer. Es war ein heißer Tag. Kein Wölkchen stand am Himmel, kein Lüftchen wehte durch die Straßen. Die Stadt war ein großer Backofen. Es war mein 17. Geburtstag. Zum Feiern war mir nicht zumute. Ich fühlte mich müde und schlapp. Die Zeiger der Uhr drehten sich so langsam. Die Zeit schien stillzustehen. Oder kurz vor dem Stillstand angekommen zu sein. Mühsam schleppte sich der Sekundenzeiger vorwärts. Tick. Tack. Tick. Ich starrte auf die Uhr und wartete darauf, dass der Sekundenzeiger endlich aufgab. Dass er einfach stehen blieb. Rien ne va plus. Nichts geht mehr.

       »Du musst dich konzentrieren«, hörte ich sie sagen. Der Klang ihrer Stimme schien von weit her zu kommen. Ich wollte ihr etwas entgegnen, aber mir fiel nichts ein.

       »Hörst du mir überhaupt zu? So kann das nicht weitergehen. Wirklich nicht. Schau mich doch wenigstens an, wenn ich mit dir spreche.«

       Ich sah sie an. Sie war wunderschön. Leicht gewelltes, kurzes, hellblondes Haar. Ein grünlicher Schimmer in den Augen. Sie hatte Katzenaugen. Gefährliche Augen. Ich fühlte mich wie hypnotisiert, wenn ich in ihre funkelnden Augen sah. Oder wie gelähmt. Ihr Blick raubte mir die letzte Kraft.

       »Wo bist du nur mit deinen Gedanken?«, seufzte sie. Ihr Seufzen hörte ich ganz deutlich. Zu deutlich. Sie pflanzte ihren Seufzer in mein Ohr, von dort rauschte er wie ein kleiner Tornado durch meine Gehörgänge. Ihre rot geschminkten Lippen formten sich zu einem Herzen. »Wo bist du nur mit deinen Gedanken?« Ihr Seufzen wirbelte mit atemberaubender Geschwindigkeit durch meinen Kopf. Sie nahm Besitz von mir und ich konnte nichts dagegen tun. Das Rauschen ihres Seufzers hatte sich in meinem Kopf ausgebreitet. Ich war ihr völlig ausgeliefert. Sie stand vor mir, jetzt nahm ich auch ihre Konturen wahr. Sie trug einen kurzen Rock. Ihre blassen Beine schimmerten elfenbeinartig, als würde Milch durch ihre Adern fließen. Ich spürte das Verlangen, ihre Beine zu berühren. Sie kam noch einen halben Schritt näher auf mich zu. Nun konnte ich sie auch riechen. Sie duftete nach Rosenöl. Sie betörte alle meine Sinne. Mein Verlangen, sie zu berühren, wuchs ins Unermessliche. Aber ich konnte mich nicht bewegen. War nicht in der Lage, diese kleine Distanz zwischen uns zu überwinden. Meine Hand lag wie festgenagelt auf meinem Knie. Nur wenige Zentimeter von ihren zarten Oberschenkeln entfernt. Mein Verlangen wurde so groß, dass es durch meine Hautporen drang. Ich schwitzte.

       »Warum bist du nur so verschlossen?«, fragte sie mit einer leichten Enttäuschung in der Stimme. Der liebliche Klang ihrer Stimme elektrisierte mich. Durchfuhr mich von Kopf bis Fuß wie ein Stromschlag. Es kribbelte überall in mir. Sie beugte sich zu mir herunter. Sah mich direkt an mit ihren funkelnden Katzenaugen. Ihre roten Lippen formten sich zu einem sanftmütigen Lächeln. Sie sah direkt in meinen Kopf. Sie konnte meine Gedanken lesen. Nichts blieb ihr verborgen. Ich war ihr hilflos ausgeliefert. Ich konnte ihrem Blick nicht eine Sekunde standhalten. Meine Augen suchten nach einem Ausweg. Aber da war nur sie in ihrer vollkommenen Reinheit. Auf der Flucht vor dem direkten Blickkontakt glitten meine Augen an ihrem Hals herab. Und von dort direkt in den Ausschnitt ihrer Bluse. Die Wölbungen ihrer apfelförmigen Brüste lagen wie ein Versprechen vor mir, das niemals eingelöst werden würde.

       »Du willst doch nicht sitzen bleiben, oder?« Sie richtete sich wieder auf, betrachtete mich skeptisch und kehrte mir dann den Rücken zu. Sie verließ den Raum. Das Klacken ihrer Stöckelschuhe auf dem gefliesten Gang hinter der Tür hallte noch lange in meinem Kopf nach. Dann war ich ganz allein im Klassenzimmer. Eine gespenstische Ruhe kehrte ein. Meine Lehrerin war fort.

      Hauptkommissar Steffen Siebels saß in seinem Büro. In seinen Händen hielt er sein neues Smartphone. Völlig konzentriert beschäftigte er sich mit den bunten Bildchen auf der Bedieneroberfläche. Es ging alles ganz einfach, auch ohne Tasten. Seine Fingerspitze tippte zielgerichtet auf die Apps. Neue Fenster öffneten sich, neue Inhalte kamen zum Vorschein. Siebels schürzte die Lippen und suchte im Hauptmenü die Einrichtung zur Wahl des Klingeltons. »Da bist du ja«, rief er erfreut aus, als er fündig geworden war.

      Sein Kollege Till Krüger saß ihm gegenüber und beobachtete ihn skeptisch.

      Siebels ließ den Blick von seinem Smartphone schweifen und blickte ratlos zu Till. »Was nehme ich bloß? Irgendwas Außergewöhnliches wäre gut. Hast du nicht eine Idee?«

      Till atmete geräuschvoll aus. »Etwas Außergewöhnliches? Aber es sollte doch bestimmt auch irgendwie zu deinen bisherigen Klingeltönen passen. Was hatten wir denn da so alles? Die Bonanza-Melodie, die Mundharmonika aus Spiel mir das Lied vom Tod, Jingle Bells, den Pippi Langstrumpf-Song. Habe ich was vergessen?«

      »Babygeschrei«, sagte Siebels verschmitzt und dachte wehmütig an die Zeit zurück, als sein Sohn Dennis noch ein Baby war. Jetzt ging er schon in den Kindergarten und hatte eine kleine Freundin. Marie und Dennis waren unzertrennlich.

      »Babygeschrei«, bestätigte Till. »Wie wäre es denn zur Abwechslung mal mit dem Rauschen einer Klospülung?«

      Siebels ignorierte den Vorschlag von Till geflissentlich und hörte sich ein paar Klangproben aus der Vorschlagsliste seines Smartphones an. Er konnte aber an keinem der Vorschläge Gefallen finden.

      »Vielleicht ein lustvolles Stöhnen?«, schlug Till provokant vor.

      »Das höre ich oft genug«, tat Siebels mit einer Handbewegung lapidar ab.

      Till grinste frech, verbiss sich aber den Kommentar, der ihm gerade auf der Zunge lag.

      »Ich glaube, ich habe eine Idee«, murmelte Siebels vor sich hin. »Wie kann ich das hier denn runterladen? Ah, hier.«

      »Und, was hast du dir ausgesucht?«, fragte Till neugierig.

      »Du wirst es bald hören, sowie der nächste Anruf kommt.« Siebels legte sein Smartphone theatralisch in der Mitte seines Schreibtisches ab. »Ich habe mich für etwas entschieden, das unseren Berufsstand repräsentiert. Eine sehr traditionsreiche Melodie, die als Synonym für professionelle Ermittlungsarbeit steht und auch einer breiten Gesellschaftsschicht bekannt ist.« Kaum hatte Siebels den Satz ausgesprochen, als sich auch schon der erste Anruf