Sie nickte. »Wir sind zusammen aufgewachsen, irgendwann in den Etappenhof gekommen und haben bei den Akonen als externe Berater angeheuert.«
»Mit welchen Referenzen?«, fragte der Barniter.
»Ein Studium in stellarem Handelsmanagement. Auf der Sonnenschule der Stroan.«
»Nie gehört.«
»Unsere eigene Erfindung. Dank des Posizids und der Datensintflut ist es kaum noch nachvollziehbar. Die Abschlusszeugnisdateien sehen echt aus.«
»Ein Betrügerpärchen«, stellte Kondayk-A1 fest. »Sehr vertrauenerweckend.«
»Das korrekte Wort lautet Hochstapler«, sagte Giuna, von der bei jedem Atemzug mehr Anspannung abfiel. Sie glaubte nicht länger, dass ihr Gefahr drohte. Der Barniter würde sie nicht ausliefern – er klang viel zu interessiert.
Diese verrückte Situation fühlte sich nicht einmal wie ein echter Test an, eher wie ein ... Spiel? Mit einem Mal kam es ihr vor, als hätte er selbst etwas zu verbergen, das er geschickt vertuschte.
»Aber wir waren gut in unserem Job«, fuhr sie fort. »Wir haben den Bau des Etappenhofs perfekt begleitet und zahllose Probleme gelöst. Bis Lanko eine Dummheit beging.«
»Welche?«
Es schmerzte, darüber zu reden. »Er hat einen der beiden cairanischen Beobachter an Bord beleidigt, als dieser sich in die Arbeit eingemischt hat.« Ihre Kehle fühlte sich eng an. Sie konzentrierte sich auf das Atmen, um genug Luft zu bekommen. »Lanko ist ein aufbrausender Typ. Ein Wort hat zum anderen geführt, und er war so dumm, den Cairaner anzugreifen. Ende der Geschichte. Verurteilung wegen Bedrohung des Friedensbundes.«
Kondayk-A1 wandte sich an seinen Buchhalter. »Cyprian?«
Der Terraner trommelte mit den Fingern auf der Tischkante, einen langsamen, stetigen Rhythmus. »Passt zu den Aufzeichnungen der Cairaner.«
Giuna glaubte, sich verhört zu haben. »Wie seid ihr an Daten zu dem Fall gekommen?«
»Das willst du gar nicht wissen«, sagte Kondayk-A1.
Oh doch, das wollte sie. »Was wisst ihr über Lanko? Und mich?«
Sie antworteten nicht.
»Bist du bereit, dich einem Test zu unterziehen?«, fragte Cyprian stattdessen.
»Ein ... Test?« Sie hasste das Zittern in ihrer Stimme, straffte ihre Haltung, um mehr Selbstbewusstsein zur Schau zu stellen, als sie eigentlich fühlte. »Sicher.«
Giuna rechnete mit irgendeiner dubiosen Wahrheitsdroge, doch Kondayk-A1 ging zum Schrank, zog eine Schublade auf – ein leises, unangenehm scharrendes Geräusch – und holte einen metallenen Würfel heraus, so groß, dass er ihn gerade noch in die Hand nehmen konnte. Ein Lämpchen leuchtete an einer der Kanten.
Er setzte das Gerät auf der Tischplatte ab, direkt vor Giuna. »Aktivier es mit leichtem Druck auf die obere Fläche. Lass die Handfläche darauf liegen.«
»Was ... passiert mit mir?« Reiß dich zusammen! Hör auf, so zögernd zu sprechen!
»Es nimmt winzige Gewebeproben deiner Haut und scannt außerdem deinen Körper und vor allem dein Gesicht. Es wird feststellen, ob du in den letzten zehn Tagen Kontakt mit einem Cairaner hattest. Duschen, waschen ... all das hilft nicht. Die Trefferquote des Geräts liegt bei achtundneunzig Prozent – es ist also nahezu sicher, dass eine korrekte Analyse erfolgt: direktes Treffen oder nicht.« Der Barniter trat einen Schritt zurück. »Bist du bereit?«
»Als einer von ihnen Lanko abgeholt hat, war ich im Raum.«
»Vor drei Wochen. Der Detektor ist auf eine Zerfallsrate der genetischen Hinterlassenschaften von maximal zehn Tagen geeicht.«
Giuna folgte der Aufforderung, obwohl es ihr unglaubhaft erschien. Von einer solchen Technologie hatte sie nie zuvor gehört.
Sie drückte die rechte Handfläche auf den Würfel. Ein leises Geräusch ertönte, wie das Läuten ferner Glocken. Alle Kanten leuchteten auf.
Weder spürte sie Schmerz, noch sah sie einen Taststrahl.
»Und jetzt?«, fragte sie.
»Beenden wir das Spiel«, antwortete Cyprian Okri. »Das Gerät ist eine Holospielkonsole, der momentan der Steuerkristall fehlt. Ein Prototyp, den der Siganese uns angeboten hatte. Deine Reaktion war allerdings psychologisch aufschlussreich. Kein Zögern, keine Angst. Ich glaube dir.«
Kondayk lachte dröhnend. »Da er der Klügere von uns beiden ist, schließe ich mich seiner Auffassung an. Wir sind im Geschäft, Giuna Linh.«
»Das war alles?«, fragte sie. »Ihr vertraut mir?«
»Fast. Wir lassen dich nicht zurück in den Etappenhof und halten dich bis zum Ende der Mission ständig unter Beobachtung. Es wird gewiss einen Weg geben, die Zellaktivatoren hierherzuholen.«
»Die Akonen erwarten mich. Ich muss meine Aufgabe ...«
»Du musst dein Leben dort ohnehin abbrechen, wenn wir den Vorstoß wagen. Oder dachtest du, du könntest einfach so mit diesem Lanko in den Hof zurückkehren und weiterleben?«
»Selbstverständlich nicht.« In Wirklichkeit hatte sie an die Zukunft, an das Danach kaum einen Gedanken verschwendet. »Aber ich ...«
»Kein aber, Giuna. Genau ab diesem Moment ist dein altes Leben vorbei.«
*
»Ich glaube euch nicht«, sagte Giuna einige Minuten später, noch immer im selben Raum. Sie lief hin und her, um ihre Aufregung unter Kontrolle zu bekommen. Nur dass es nicht funktionierte.
»... meint die Hochstaplerin«, kommentierte Cyprian süffisant.
»Ich habe meine Karten offen auf den Tisch gelegt. Ihr nicht. Ihr wusstet schon etwas über mich, ehe ihr mich getroffen habt. Richtig?«
Kondayk-A1 lehnte in einem Sitzgestell aus einem verwirrend angeordneten Metallgestänge. »Nur zur Erinnerung: Du beanspruchst unsere Dienste, nicht wir deine.«
Giuna bemerkte vor allem, was er nicht sagte – er widersprach nicht. Die beiden verbargen etwas vor ihr. Cyprians Haar ist grau gefärbt, um einen bestimmten Eindruck zu erwecken. Das hatte der Barniter gesagt, und es war nur eines der Details, die tief blicken ließen.
»Kommen wir zur Sache!«, forderte der Terraner. »Zur Ausweglosen Straße vorzustoßen, wird nicht einfach.«
»Es geht das Gerücht, dass es dort eine Transmitterempfangsstation gibt«, sagte sie. »Deshalb habe ich versucht, in die cairanische Datenbank vorzudringen.«
Kondayk-A1 und sein Buchhalter wechselten einen raschen Blick. »Haben sie dich entdeckt?«
»Wäre ich dann noch hier?«, konterte Giuna.
»Falls sie glauben, dass du nicht allein arbeitest ... ja.«
Mit einem Mal kam sie sich vor, als würde ein Gewicht auf ihrem Nacken liegen. Fünfzig Kilogramm. Mindestens. »Ihr glaubt, dass ...«
»Wenn sie dich beobachten, wissen sie, dass du auf meinem Schiff bist.«
»Eine Katastrophe«, sagte Cyprian.
Der Barniter blieb erstaunlich gelassen. »Abwarten. Wir werden es herausfinden.«
»Wann?«, fragte Giuna.
»Bei unserem Vorstoß in die Ausweglose Straße.«
»Ihr werdet mich also trotz allem unterstützen?«
»Zwei ausgebrannte Zellaktivatoren sind eine gute Bezahlung.« Cyprian zögerte. »Und wir interessieren uns sowieso dafür. Wir suchen Informationen.«
»Über die Ausweglose Straße?«
Ȇber die Vital-Suppressoren. Eines der effektivsten Mittel, das die Cairaner zur