Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1). Perry Rhodan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Perry Rhodan
Издательство: Bookwire
Серия: Perry Rhodan-Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783845333458
Скачать книгу
keine Erinnerung, keine Angst – nur die Aufgabe, die sie genau in diesem Moment erfüllen musste.

      »Vergiss es!«, hörte sie. »Ich bring diese Sache hinter mich, mache gute Miene zu dieser Farce, danach erledige ich das Geschäft. Du hältst den Kunden hin.«

      »Aber ...«

      »Du hältst ihn hin, kapiert?«

      »Sicher.«

      Diesmal handelte es sich um zwei Männerstimmen, die erste ein wenig dröhnend, die zweite in einem dumpfen Bass. Giuna erkannte sie aus den Trivids: Kondayk-A1 und sein Buchhalter, ein hagerer Terraner namens Cyprian Okri.

      Sie drehte sich um. Die beiden kamen genau auf sie zu. Okri trug eine schlichte schwarze Hose und ein graues, eng geschnittenes Shirt; in natura sah er noch hagerer aus, geradezu dürr. Der Barniter neben ihm wirkte wie ein Koloss, und es war wohl kaum Zufall, dass er leuchtend bunte Farben für seine Kleidung gewählt hatte – er zog neben dem unscheinbaren Terraner alle Aufmerksamkeit auf sich.

      Giuna stellte sich ihnen in den Weg. »Kondayk-A1, es ist mir eine Ehre, dich zu treffen. Ich ...«

      »Was willst du? Ach, weißt du was? Das interessiert mich nicht. Einer aus eurem unfähigen Volk genügt mir!« Er lachte kehlig und hieb seinem Begleiter die Rechte auf die Schulter – offenbar bei Weitem nicht mit voller Kraft, denn der schmächtige Terraner steckte es weg, ohne auch nur in den Knien einzusacken.

      »Ich biete dir ein gutes Geschäft an«, sagte Giuna ungerührt.

      »Weißt du, was mich wundert?« Der Barniter, zwei Köpfe größer als Giuna und mit einem so dicken Hals, dass man wie die Cairaner vier Hände bräuchte, um ihn zu umfassen, hob die Arme, als wollte er seine eigene Genialität anbeten. »Nie kommt jemand zu mir, um mir ein schlechtes Geschäft vorzuschlagen!« Die Vorstellung brachte ihn zu noch lauterem Lachen.

      »Nicht witzig«, sagte Giuna.

      »Findest du? Das imponiert mir. Wenn ich Zeit hätte, würde ich dir sogar zuhören. Aber dort vorne ...« Er wies tiefer in Richtung Zentrum des Etappenhofs. »... wartet eine wichtige Aufgabe auf mich. Und da dieser Shad tan Huraal es offenbar nicht für nötig hält, mir jemanden zum Empfang zu schicken, muss ich sogar selbst den Weg suchen. Meine Laune ist im Keller!«

      »Tan Haruul«, verbesserte sie.

      »Wie bitte?«

      »Sein Name. Haruul. Nicht Huraal.«

      »Du willst etwas von mir, und dir fällt nichts Besseres ein, als mich zu korrigieren? Du musst noch viel lernen.«

      »Das stimmt. Deshalb komme ich zu dir.«

      »Es gibt eine alte Geschichte über ein Waisenkind, aber ich habe keine Zeit, sie dir zu erzählen. Mein Buchhalter wird das übernehmen.«

      »Hm«, machte Okri. Es klang weniger wie Zustimmung als vielmehr nach äußerster Skepsis.

      »Hör dir an, was sie anbietet. Sie gefällt mir.« Kondayk-A1 ging, ohne ein Wort der Verabschiedung und sich noch einmal umzudrehen.

      Der terranische Buchhalter blieb bei Giuna zurück. Er hielt die Lippen zusammengekniffen. Graues Haar hing ihm fingerlang auf Stirn und Ohren. »Willst du die Geschichte wirklich hören? Ich rede nicht gerne und würde mir das lieber ersparen.«

      Das wusste sie. Über ihn gab es zwar weit weniger zu erfahren als über Kondayk-A1, aber wenn man Mühe in die Recherche investierte, stieß man auf Beschreibungen wie maulfaul oder geradezu scheu. Ein Arkonide hatte ihn nach einem für alle Seiten lukrativen Geschäft als Sklave seines Herrn beschrieben.

      »Du musst es mir nicht erzählen, Cyprian«, sagte Giuna.

      »Du kennst meinen Namen?« Er sah nicht mehr ganz so verkniffen aus.

      »Cyprian Okri. Du bist seit mindestens sechs Jahren sein Buchhalter. Eine genaue Zeitangabe habe ich leider nicht gefunden.«

      »Zwölf«, erklärte er. »Oder dreizehn?« Er winkte ab. »Also, was bietest du an?«

      »Ich würde gerne woanders darüber reden.«

      »Ich bin zu alt für dich.«

      Giuna brauchte einen Moment, um zu verstehen, was er meinte. War es ein Versuch von ihm, witzig zu sein? Sie war zu nervös, um es einschätzen zu können. »Du schmeichelst mir, aber darum geht es nicht.«

      »Hinter mir liegt eine lange Reise.«

      »Ich kann dir etwas zu essen anbieten.«

      »Trinken genügt.«

      »Saft?«

      »Alkohol.«

      Giuna lächelte. »Ich glaube, ich habe das Richtige für dich.« In einer der Kantinen konnte sie sich momentan nicht blicken lassen. Dem Etappenkommandanten zu erklären, warum sie mit dem Buchhalter von Kondayk-A1 einen Drink nahm, wäre ein Ding der Unmöglichkeit. Also versuchte sie es ebenfalls mit einem Scherz. »In meiner Kabine. Ich verspreche, dass ich nicht versuche, dich zu verführen.«

      In seinen Augen schien etwas aufzublitzen. »Ganz sicher«, sagte er.

      Giuna war verblüfft, dass er so einfach darauf einging. Vielleicht waren er und sein Herr an möglichen lukrativen Geschäften doch stärker interessiert, als sie vorgaben.

      *

      In den Gläsern perlte es lilafarben, und ein herber Duft stieg davon auf. Stückchen einer Runda-Frucht schwammen auf der Oberfläche.

      »Hier.« Giuna stellte die Drinks auf dem Tischchen ab und setzte sich ihrem Gast gegenüber. Seit Lankos Deportierung war der zweite Platz stets leer geblieben. Genau wie der Sessel dahinter ihr immer viel zu groß vorkam, wenn sie allein darinsaß.

      Der Gedanke ließ ihre Finger zittern. Sie sah vor sich, wie die Cairaner in die Kabine eingedrungen waren und Lanko gepackt hatten. Wie seine dunklen Augen sich geweitet und er abwehrend die Arme gehoben hatte – doch sie hatten jede Gegenwehr im Keim erstickt, ihn geschnappt und nach draußen gezerrt. Giuna war verzweifelt gewesen, unsicher, was sie tun sollte. Widerstand zu leisten, wäre töricht gewesen. Also war sie stumm geblieben, regungslos, verzweifelt.

      Sie scheuchte die Erinnerung weg.

      Cyprian Okri machte ein skeptisches Gesicht. »Was ist das?«

      »Der Lieblingscocktail der meisten Terraner hier im Etappenhof.« Das konnte sie leicht behaupten – nach Lankos Verhaftung gab es noch sie selbst und vielleicht ein oder zwei Robotaufseher, falls sie nach wie vor in den Baustellen arbeiteten. Sie hatte sie lange nicht mehr gesehen.

      Okri hob das Glas, roch und stellte es mit unbewegter Miene wieder ab. »Ehe ich dich frage, wobei genau wir dir behilflich sein sollen, lass uns über die Bezahlung reden.«

      Giuna wartete ein paar genau bemessene Sekunden, ehe sie antwortete. »Ich biete Zellaktivatoren.«

      Der Buchhalter schwieg, setzte das Glas erneut an und trank. Sein Blick ging an ihr vorbei, entweder ins Leere oder zu dem Holo, das ein Fenster simulierte. Es zeigte eine Berglandschaft, hinter der eine braune Sonne aufging, wabernd in Gluthitze.

      »Zwei davon, um genau zu sein«, ergänzte Giuna.

      »Weiter.«

      »Sie sind ausgebrannt.«

      »Also handelte es sich um Überbleibsel der Geräte, die die Gemeni verteilt hatten?«

      »Korrekt. Sie sind nach einigen Hundert Jahren ...«

      »... nutzlos?«, unterbrach sie Cyprian Okri. »Ein seltsames Angebot. Ich habe dich für vernünftiger gehalten. So kann der erste Eindruck täuschen.«

      Giuna hörte das Lauern in seiner Stimme, das genau das Gegenteil seiner Worte verriet. Er hatte angebissen.

      »Nutzlos ist nicht die richtige Beschreibung«, sagte sie. »Die Gemeni hatten ein paar Hundert Zellaktivatoren verteilt. Die Träger genossen ein langes