Atlan 564: Auf geheimen Wegen. Hans Kneifel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hans Kneifel
Издательство: Bookwire
Серия: Atlan classics
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783845344386
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      Nr. 564

      Auf geheimen Wegen

      Atlans Vorstoß zum Zentralkegel

      von Hans Kneifel

      Mehr als 200 Jahre lang war die SOL, das Fernraumschiff von Terra, auf seiner ziellosen Reise durch die Tiefen des Alls isoliert gewesen, bis Atlan in Kontakt mit dem Schiff kommt.

      Die Kosmokraten haben den Arkoniden entlassen, damit er sich um die SOL kümmert und sie einer neuen Bestimmung zuführt. Jetzt schreibt man an Bord des Schiffes den August des Jahres 3792, und der Arkonide hat trotz seines relativ kurzen Wirkens auf der SOL entscheidende Impulse zu positiven Veränderungen im Leben der Solaner gegeben – ganz davon abgesehen, dass er gleich nach seinem Erscheinen die SOL vor der Vernichtung rettete.

      Inzwischen hat das Generationenschiff viele Lichtjahre zurückgelegt, und unter Breckcrown Hayes, dem neuen High Sideryt, hat längst eine Normalisierung des Lebens an Bord stattgefunden. Allerdings sorgen unerwartete Ereignisse immer wieder für Unruhe.

      So geschieht es auch, als die SOL auf dem Flug nach Ploohnei in ein Mini-Universum verschlagen wird, das die Landschaft im Nichts enthält. Ein geheimnisvoller Kontrahent hat es darauf abgesehen, die Solaner von ihrem Schiff zu locken. Doch der Gegner verrechnet sich – und Atlan unternimmt einen Vorstoß AUF GEHEIMEN WEGEN ...

      Die Hauptpersonen des Romans

      Atlan – Der Arkonide dringt in den Zentralkegel ein.

      Lyta Kunduran und Sanny – Atlans Begleiter.

      Brooklyn – Wegbereiterin für Atlans Vorstoß.

      Federspiel – Ein Wächter wird überlistet.

      Tdibmufs – Er lädt die Solaner ein, Urlaub zu machen.

      Der Heimatlose – Ein Roboter.

      1.

      Ein erster Impuls, der durch die Hauptverbindungen des riesigen Körpers fuhr, weckte das Geschöpf ENI'AIL auf.

      Trotzdem verharrte das gigantische Ding unbeweglich.

      ENI'AIL besaß kein eigenes Bewusstsein. Es war ein Teil von allem. Es war von Befehlen und einer Unzahl feinster Umweltreize abhängig. Abermals huschten unhörbare Befehle durch die gewaltige Konstruktion, die dem schuppigen Körper eines phantastischen, urzeitlichen Tieres oder einer verfaulenden Dschungelpflanze glich. An Hunderten von Tentakelenden öffneten sich sensorische Flecken.

      Die Impulse hatten das Geschöpf in einen Zustand versetzt, der ENI'AIL auf kommende Ereignisse vorbereitete.

      Zwischen Felsen und dicht bewachsenen Bezirken des Landes hatten sich die Tentakelenden wie Federn aufgerollt, wie gespannte Spiralen. Nur der Hauptkörper der langen, dicken Schlange war deutlich zu erkennen, die vielfachen Abzweigungen verbargen sich am Abhang des gelben Windes unter Felsen, Sandhügeln, Geröll und wild wuchernden Gewächsen. ENI'AIL rührte sich nicht um einen Millimeter. Es verließ seinen Platz am Hang niemals. Aber in dem Augenblick, da reine Energie in den Körper strömte, verwandelte sich ENI'AIL in eine tödliche Gefahr für jeden, der sich in weitem Umkreis zeigte – am Boden oder in der Luft darüber.

      Nicht einmal ENI'AIL wusste, dass es und seinesgleichen Roboter waren; seltsam hochempfindliche Wesen zwischen Leben und Maschine, zwischen Fleisch und Konstruktion. Sie waren von einer unbekannten Macht hergestellt worden, um einen Teil des Schutzgürtels zu bilden. Nur einen kleinen Teil; von anderen Bestandteilen zwischen dem Bauwerk und dem Gipfelgrat wussten die Lianen und die anderen Giganten nichts.

      ENI'AIL war aktiviert worden.

      Wenn etwas in seinem Handlungsbereich auftauchte, gleichgültig, was es sein würde, handelte die gigantische Liane mit der ihr eigenen Schnelligkeit und mit tödlicher Konsequenz. Noch war kein Feind zu sehen, kein Gegner zu spüren.

      Die Liane wartete.

      Ihre gefährlichen Systeme waren aktiviert worden. Dies bedeutete das sichere Zeichen, dass Geschöpfe auftauchen würden, die es zu zerstören galt.

      *

      Vorlan Brick strich mit der bloßen Hand über sein schwarzes Haar, wandte sich an den Arkoniden und erklärte:

      »Böse Zungen meinen, wir trieben zu viel Aufwand für diesen rätselhaften Tdibmufs und seine unlogische Landschaft im Nichts. Starten wir?«

      Atlan machte eine abschwächende Handbewegung und deutete dann in die Richtung der SOL. Aus sämtlichen Luken und Hangarschleusen schoben sich wahre Unmengen von kleinen Raumflugkörpern. Korvetten und Space-Jets bildeten die größte Anzahl der Schiffe, die alle die Landschaft im Nichts zum Ziel hatten, oder »Paradiso nirwana«. Diese Bezeichnungen gaben den wahren Inhalt der selbstgestellten Aufgabe nur undeutlich wider. Wie winzige Wespen ihren gewaltigen Bau umschwirrten die potentiellen Gäste Tdibmufs', die eingeladenen Urlauber, das große Fernraumschiff.

      »Warte noch, Vorlan«, meinte Sanny. »Wir müssen uns noch mit Solania genau abstimmen.«

      Die beiden Jets trieben in zwei verschiedenen Pulks langsam auf die riesige Scheibe im leeren Raum zu. Obwohl die Solaner in der Mehrzahl von der künstlichen Welt und deren Einrichtungen zumindest fasziniert, zum Teil sogar hingerissen waren, unterschätzte niemand die verborgenen Gefahren – von denen bereits einige nachdrücklich in Erscheinung getreten waren. Gegenüber dem einladenden Tdibmufs hatten sich die Verantwortlichen der SOL darauf hinausgeredet, ihre Leute auf den Urlaub vorbereiten zu müssen. Außerdem wären besondere Maßnahmen zu treffen, um das Funktionieren der Schiffseinrichtungen auch während der Abwesenheit von fast der ganzen Mannschaft sicherzustellen.

      Atlan beugte sich vor und näherte sein Gesicht dem eingebauten Mikrophon. Federspiel und sogar Sanny, die Molaatin, trugen wie alle anderen Mitglieder des kleinen Teams die hervorragend ausgerüsteten Einsatzanzüge. Der Arkonide nickte Solania von Terra zu und musterte ihr Bild auf dem Monitor.

      »BINGO I an BINGO II. Wir verlassen den schützenden Schwarm so spät wie möglich, in Ordnung?«

      »So und nicht anders plane ich es auch«, antwortete Solania. »Es wird wohl noch einige Zeit dauern.«

      »Wir haben es nicht eilig«, warf Oserfan ein.

      »Steht die Verbindung zwischen Federspiel und Bjo?«, erkundigte sich Atlan mit einem weiteren Seitenblick auf Federspiel.

      Schweigend nickte Federspiel. Er sagte nichts.

      Das Team, das mit zwei Space-Jets zu landen versuchen würde, bestand nur aus zehn Personen. Ein genauer Aktionsplan war längst entwickelt worden. Breiskoll hatte sich ebenso wie Joscan Hellmut entschlossen, die Landschaft im Nichts nicht zu betreten. Dafür saßen sie in der Ortungsabteilung und versuchten, zu kontrollieren, was auf der dünnen Scheibe vor sich ging.

      Zwar standen die Jets und die Funkzentrale der SOL – noch! – in perfekt funktionierender Verbindung, aber die Unterbrechungen waren in der letzten Zeit viel zu häufig gewesen, als dass es Zufall hätte sein können.

      Lyta »Bit« Kunduran nahm deshalb am Einsatz an der Seite Atlans teil, weil zu vermuten war, dass sich im Zentralkegel Positroniken oder ähnliche Einrichtungen befanden.

      Breckcrown Hayes' Stimme dröhnte trocken durch die Lautsprecher.

      »Viel Glück, BINGO I und II!«, sagte er. »Passt gut auf. Das Leben von mehr als hundert Solanern hängt von euch ab.«

      »Wir bringen alle wieder heil zurück«, versicherte Tralee Sharri, eine junge Frau der Pionierabteilung.

      »Hoffentlich!«, kam es aus der SOL.

      Atlan und der High Sideryt arbeiteten auch während dieser rätselhaften Unterbrechung der langen Reise eng zusammen. Das Vertrauen zwischen ihnen hatte bisher jedem