Eine Art besondere Freundschaft verband mich dagegen mit Manni Gatzke, einem ehemaligen Autoschieber, der lange im Gefängnis gesessen hatte und als Türsteher arbeitete. Die Resozialisation, eine Integration in ein sogenanntes geregeltes Leben, war dem Ex-Knacki nicht gelungen, aber in der Kölner Halbwelt genoss er großes Ansehen. Seine Lebensgeschichte faszinierte mich. Manni war ein anständiger Kerl, zuverlässig, hilfsbereit und loyal zu seinen Freunden, »ein Korrekter«, wie es in Halbweltkreisen hieß. Außerdem war er sehr belesen und ein hervorragender Schachspieler. Er erschien mir wie ein Mann, der im Leben einfach nur einige Male falsch abgebogen war. Nächtelang saßen wir zusammen, spielten Schach, diskutierten über Nietzsche und Schopenhauer und philosophierten über das Leben und den ganzen Rest, meist angetrieben vom Kokain. Manni wusste immer, wo es das beste Koks gab. Auch sonst verfügte er über exzellente Unterweltkontakte, was mir bei dem einen oder anderen Filmprojekt von Nutzen war.
Natürlich hatte auch er eine andere, dunklere Seite. Manni hatte die Gesetze der Straße verinnerlicht. Zudem war er groß und ein beeindruckendes Kraftpaket. Er ging keiner Schlägerei aus dem Weg, im Gegenteil. Einmal rempelte ihn ein harmloser Betrunkener im Vorübergehen an, Manni schlug ihm mit der flachen Hand so heftig aufs Ohr, dass es den Kerl, der nicht wusste, wie ihm geschah, von den Füßen hob. Ein anderes Mal stürzte sich Manni, ohne eine Sekunde zu zögern, auf drei Männer, von denen er sich provoziert fühlte. Er schlug zu, schnell, gnadenlos und mit kühler Präzision. Die drei waren groß und breit, aber so überrumpelt von der Geschwindigkeit und Brutalität des Angriffs, dass sie sich bald in Sicherheit brachten.
Anfangs sah ich in diesen Gewaltexzessen Kollateralschäden, die eben dazugehörten. Zumal ich selbst nie Ziel der brutalen Ausbrüche war. In den folgenden Jahren lernte ich zunehmend die unromantischen und ernüchternden Seiten von Halbwelt und Milieu kennen. Ich sah, wie überdrehte Türsteher aufsässige Gäste niederknüppelten oder Dealer ihre Konkurrenten und säumige Kunden zu einem blutigen Klumpen Fleisch prügelten. Und 2000 wurde Aaron, ein Dealer, der mich eine Zeitlang mit Kokain versorgt hatte, auf offener Straße vor meinen Augen erschossen. Da war meine Faszination für dieses Milieu längst gestorben, meine Nähe zu Dealern und Zuhältern nur noch schale Gewohnheit oder bloße Notwendigkeit.
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