Selbstkompetenz
Jeder ist Experte für sich selbst und hat damit auch die Deutungshoheit über sein eigenes Innenleben. Jeder weiß letztlich selbst am besten, was er gerade braucht.
Natürliche Gemeinwohlorientierung
Es ist zutiefst menschlich, nicht nur das eigene Wohlbefinden im Blick zu haben, sondern auch das Leben anderer bereichern zu wollen.
Das Menschenbild der Gewaltfreien Kommunikation ist geprägt von positiver Motivation, Gleichwertigkeit, Selbstverantwortung und -kompetenz.
1.4 Die Umsetzung – Ein Überblick
In den meisten Konflikten verhindern Störungen der Beziehungsebene, dass auf der Sachebene Lösungen gefunden werden können. Deshalb legt die Gewaltfreie Kommunikation ihren Schwerpunkt auf die Beziehungsebene, bindet diese jedoch ganz konkret an die Sachebene, was die Verständigung effizient und alltagstauglich macht. Dies geschieht durch eine innere Haltung (s. Kap. 2) und durch die inhaltliche Lenkung der Aufmerksamkeit (s. Kap. 3 und 4).
Die innere Ausrichtung
In einer Atmosphäre von Vertrauen und Offenheit lassen sich die meisten Konflikte sehr viel leichter aushandeln. Um diese Qualitäten zu stärken und eine angenehme zwischenmenschliche Verbindung zu fördern, ist die Orientierung an folgenden Kriterien hilfreich:
• Präsenz: bewusst wahrnehmen, was jetzt geschieht, ohne sich in Interpretationen zu verlieren
• Authentizität: sich selbst gegenüber ehrlich sein; in Übereinstimmung mit den eigenen Werten handeln
• Empathie: bewusst mitfühlen, wie es einem selbst und dem anderen geht
• Wohlwollende Zuwendung: an sich selbst und am anderen interessiert sein und zum beiderseitigen Wohlergehen beitragen wollen
Vier Komponenten der Verständigung
Um sich im Konfliktfall einem anderen Menschen verständlich zu machen und zu erfahren, worum es ihm geht, hat es sich bewährt, die Aufmerksamkeit auf vier Komponenten zu richten: Beobachtung (Sachebene), Gefühle und Bedürfnisse (Beziehungsebene) sowie Bitte (handlungsbezogene Sach- und Beziehungsebene).
Diese Komponenten vermitteln alle grundlegenden Inhalte, die wir brauchen, um uns zu orientieren, um zu verstehen, eine zwischenmenschliche Verbindung herzustellen und zu einer konkreten, weiterführenden Handlung zu finden.
Wie ausführlich die einzelnen Komponenten zum Einsatz kommen, ist situationsabhängig.
Beispiel: Anke erklärt ihrer Tochter Julia, wann und wo sie sich am Mittag mit ihr treffen möchte. Julia tippt währenddessen in ihr Handy. Als Anke fragt: „Meinst du, du findest das?“, antwortet Julia: „Was hast du gerade gesagt?“ Anke atmet erst einmal tief durch. Ihr ist bewusst, dass niemandem damit geholfen ist, wenn sie Julia anfährt, deshalb verzichtet sie auf die Antwort, die ihr auf der Zunge liegt. Sie merkt, dass es ihr unter ihrer Genervtheit gerade v. a. um Klarheit und effiziente Verständigung geht. Als ihr das klar wird, fühlt sie sich ruhiger. Sie macht sich bewusst, dass Julia sich nicht so verhält, weil sie sie ärgern will, sondern weil unter ihren Freundinnen gerade ein lustiger Austausch stattfindet. Das kann Anke verstehen. Jetzt kann sie sich Julia ruhig und klar mitteilen:
1. Beobachtung: Der Bezugspunkt, der Auslöser
In Abgrenzung von Bewertungen („Wie unhöflich!“) und Verallgemeinerungen („Du hörst nie zu.“) beginnt sie mit dem faktischen Geschehen, damit Julia weiß, worauf sich ihre Reaktion bezieht: „Wenn ich höre, dass du nicht mitgekriegt hast, was ich gesagt habe ...“
2. Gefühle: Die emotionale Reaktion
„... werde ich unruhig und ungeduldig ...“ Sie versucht, in die Benennung ihrer Gefühle keine Interpretationen wie „Ich bin dir wohl egal“ zu mischen, da diese bei Julia leicht als Schuldzuweisung ankommen.
3. Bedürfnisse: Das eigentliche Anliegen
„... weil ich Klarheit darüber brauche, wie wir uns treffen wollen, und weil mir wichtig ist, gehört zu werden.“ Der Kern der Mitteilung sind die Bedürfnisse. Indem Anke sagt, worum es ihr eigentlich geht (z. B. Klarheit und Verständigung), kann sie sich mitteilen, ohne ihr Gegenüber anzugreifen oder infrage zu stellen.
4. Bitte: Was könnte jetzt konkret helfen, zu bekommen, was ich brauche?
Sie bittet Julia um eine konkrete, jetzt durchführbare Handlung, deren Zweck Julia nachvollziehen kann. Zum Beispiel: „Könntest du das Handy bitte beiseitelegen, bis wir geklärt haben, wo wir uns treffen?“
Innere und äußere Kommunikation
Diese vier Komponenten dienen auf allen Ebenen der Kommunikation zur inhaltlichen Orientierung:
• innerlich in der empathischen Selbstklärung und der empathischen Vermutung, was beim anderen gerade los ist,
• äußerlich im aufrichtigen, wertschätzenden Selbstausdruck und im empathischen Zuhören.
Wenn Sie sich auf diese Weise zuerst über Ihre eigene Befindlichkeit klar werden, wissen Sie, ob Sie gerade bereit und fähig sind, auf jemand anderen einzugehen. Indem Sie sich zuerst in den anderen hineinversetzen, bevor Sie ihm von sich erzählen, können Sie abschätzen, ob dieser gerade offen und in der Lage ist, Sie zu hören oder sich mitzuteilen.
Die Gewaltfreie Kommunikation beruht auf einem Menschenbild der positiven Motivation, Gleichwertigkeit, Selbstverantwortung und -kompetenz sowie einer authentischen, empathischen inneren Haltung. Durch den zielgerichteten Wechsel zwischen Sach- und Beziehungsebene können auch in Konfliktsituationen wertschätzende Beziehungen aufrechterhalten und für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösungen gefunden werden.
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