Der neue Landdoktor Staffel 7 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740953676
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es ihr so schlecht ging, Papa, wie Kilian vermutet, warum ist sie dann nicht einfach zu Hause geblieben?«

      »Vielleicht dachte sie, die frische Luft hilft ihr.«

      »Oder sie konnte einfach nicht klar denken«, sagte Anna, die Emilia und Nolan den Vortritt ließ, als sie das Waldstück betraten, in dem Kilian Paula vermutete.

      »Ja, auch das wäre möglich«, stimmte Sebastian ihr zu.

      »Such Paula!«, forderte Emilia Nolan auf, der seinen Kopf auch in alle Richtungen drehte, seine Ohren aufstellte und die Nase in die Luft hielt.

      »Das sieht nicht gut aus«, sagte Anna leise, als Nolan gemütlich weitertrottete. Ein deutliches Zeichen dafür, dass er nichts Interessantes wahrgenommen hatte.

      Ein paar Minuten später trafen sie auf Kilian und Ramona, die den Weg aus dem Dorf wieder hinaufgestiegen waren. Sebastian war schon bei einigen schwierigen Einsätzen der Bergwacht mit Kilian unterwegs gewesen, aber so verzweifelt, wie er gerade aussah, hatte er ihn noch nicht erlebt.

      »Danke, dass ihr hier seid und dass ihr Nolan mitgebracht habt«, sagte er und streichelte den Hund.

      »Das heißt, ihr habt immer noch keine Spur von ihr?«, fragte Sebastian.

      »Nichts«, sagte Kilian.

      »Okay, dann teilen wir uns auf. Du und Ramona, ihr durchsucht das Waldstück links des Weges, wir übernehmen die andere Seite. Sollten wir sie in einer halben Stunde nicht gefunden haben, rufen wir Verstärkung«, erklärte Sebastian.

      »Alles klar«, stimmte Kilian ihm zu. »Finde sie, Nolan, du kannst das«, sagte er und drückte den Hund noch einmal liebevoll an sich.

      »Wuff, wuff, wuff!«, machte Nolan, der ganz offensichtlich spürte, dass plötzlich alle Hoffnungen auf ihm ruhten.

      *

      Paula war schon vor einiger Zeit wieder zu sich gekommen. Aber sie hatte es nicht geschafft, sich aufzurichten, und irgendwann war sie vor Erschöpfung wieder eingenickt. Sie hoffte darauf, sich irgendwann besser zu fühlen, dann würde sie sich auf den Weg machen. Die tiefen Laute des Hundegebells aber drangen jetzt durch den dichten Tannenwald und weckten sie auf.

      »Nolan, hier bin ich! Nolan!«, rief sie, weil sie ihn sofort an seinem Bellen erkannt hatte. Aber so sehr sie sich auch bemühte, ihre Stimme erschien ihr viel zu schwach, um von irgendjemandem gehört zu werden. Wenn sie mich nicht finden und ich vielleicht an einer Vergiftung leide und gar nicht mehr richtig zu mir komme, dann war es das, dachte sie und versuchte erneut, sich aufzurichten. Ein weiterer Schwindelanfall zwang sie dazu aufzugeben. »Nolan, mein Freund, Nolan, hörst du mich?!«, rief sie so laut sie konnte.

      Emilia war mit Nolan schon ein Stück vorausgegangen, während Anna und Sebastian noch mit Kilian und Ramona die Strecke absprachen, die sie gehen wollten.

      »Was ist? Hast du etwas gehört?«, fragte Emilia den Hund, als er plötzlich stehen blieb und den Kopf drehte.

      »Wuff«, machte er und stob los.

      »Papa, kommt alle her! Ich glaube, Nolan hat etwas entdeckt!«, rief Emilia, und dann folgte sie dem Hund zwischen den eng stehenden Bäumen hindurch, immer mit dem Blick nach unten, um nicht über eine Wurzel oder einen Ast zu stolpern.

      »Wuff, wuff«, bellte Nolan erneut und verschwand tiefer im Wald.

      »Nolan, warte auf mich!«, rief Emilia.

      »Wuff«, hörte sie ihn bellen und gleich darauf war sie bei ihm. Emilia war der Mensch, der bei ihm an erster Stelle stand. Wenn sie nach ihm rief, dann war er da.

      »Okay, dann weiter, such Paula«, forderte sie ihn auf und folgte ihm. Gleich darauf sah sie Paula neben einem umgestürzten Baum liegen und eilte zu ihr, während Nolan Paula aufgeregt beschnupperte.

      »Du hast mich gehörte, danke, Nolan, du bist der Allerbeste«, sagte Paula und streichelte über den Kopf des Tieres.

      »Was ist passiert? Wie geht es dir?«, fragte Emilia und kniete sich neben Paula.

      »Ehrlich gesagt, habe ich auf beide Fragen keine richtige Antwort. Mein Kopf fühlt sich irgendwie leer an. Ich kann mich kaum noch an die letzten Stunden erinnern.«

      »Tut mir echt leid, aber du wirst dich bestimmt bald besser fühlen. Papa ist auch hier, er wird gleich nach dir sehen«, versicherte Emilia ihr, als sie sah, dass die anderen inzwischen auch eingetroffen waren.

      »Paula, was ist mit dir?«, fragte Kilian besorgt, der zuerst bei ihr war.

      »Ich glaube, ich bin über den Baumstamm gestolpert. Warst du oben ihm Haus?«, fragte sie ihn und sah ihn mit glasigen Augen an.

      »Ja, das war ich«, sagte er und schaute verunsichert zur Seite.

      »Das hast du gut gemacht«, lobte Emilia ihren Hund und erhob sich, damit Kilian und ihr Vater sich um Paula kümmern konnten.

      »Was hat sie gesagt?«, erkundigte sich Ramona bei Emilia.

      »Sie kann sich nicht richtig erinnern, was passiert ist«, antwortete Emilia und sah zu, wie ihr Vater Paula untersuchte. Sie abtastete, sie abhörte und ihren Blutdruck überprüfte. »Nein, nicht daran denken«, sagte sie und legte ihren Arm um Annas Schultern, als sie das Zucken um ihre Mundwinkel wahrnahm. So wie Paula gerade dalag, das erinnerte auch Emilia an den Unfall, der Anna fast das Leben gekostet hatte, als sie vor einigen Monaten von einem Lastwagen angefahren wurde, weil sie ein Kind, das mit seinem Rädchen auf die Straße geraten war, gerettet hatte. Schon damals war Emilia klar geworden, wie sehr ihr Vater Anna liebte.

      »Was ist mit ihr?«, fragte Kilian, nachdem Sebastian seinen Arztkoffer wieder geschlossen hatte.

      »Ich denke, sie ist mit ein paar Schürfwunden davongekommen. Wir bringen sie aber trotzdem in die Praxis, damit ich sie genauer untersuchen kann, oder wir rufen einen Krankenwagen, falls dir das lieber ist«, wandte er sich an Paula.

      »Nein, bitte erst zu dir«, bat Paula. Sie konnte sich wieder an die leeren Weinflaschen auf dem Wohnzimmertisch im Berghof erinnern. Sie ahnte, wie das auf Kilian gewirkt haben musste. »Ich möchte, dass du mein Blut auf Alkohol untersuchen lässt«, bat sie ihn.

      »Kann ich machen. Erwartest du ein bestimmtes Ergebnis?«

      »Da ich mich an nichts erinnern kann, weiß ich nicht, was ich erwarten soll.«

      »Wir reden später darüber«, sagte er und half Kilian, sie vom Boden aufzuheben. »Kannst du laufen?«, fragte er Paula, als sie wieder auf ihren eigenen Füßen stand.

      »Ich versuche es«, sagte sie.

      »Das geht schon, komm, stütz dich auf mich«, bot Ramona sich an und ging zu Paula. Sie musste wissen, ob sie sich an irgendetwas erinnerte, was sie in Schwierigkeiten brachte.

      »Schon in Ordnung, ich mache das«, erklärte Kilian und nahm Paula auf seine Arme.

      »Danke für dein Angebot, Ramona«, sagte Paula freundlich.

      »Gern doch«, antwortete Ramona. »Musst du ihm auch noch die letzte Kraft aussaugen«, murmelte sie, nachdem sie sich ein paar Meter hatte zurückfallen lassen. Dass er Paula auf seinen Armen durch den Wald trug, machte sie rasend vor Eifersucht.

      »Ich dachte, du hättest dich mit Paula inzwischen angefreundet«, sagte Anna, die gehört hatte, was Ramona gesagt hat.

      »Ja, habe ich auch, ich mache mir halt immer Sorgen um Kilians Gesundheit. Er arbeitet doch so viel«, rechtfertigte sie sich für ihre Bemerkung.

      »Ja, sicher, das tut er«, stimmte Anna ihr zu, aber Ramonas Erklärung hatte sie nicht wirklich überzeugt. Ganz offensichtlich hatte sie sich noch längst nicht damit abgefunden, dass Paula und Kilian ein Paar waren.

      *

      In der Praxis nahm Sebastian Paula Blut ab, untersuchte ihren Kopf mit dem Ultraschallgerät, ob sie auch keine inneren Verletzungen davongetragen hatte, und hörte sie noch einmal gründlich ab.