Olga, Star der Parkschule. Marie Louise Fischer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Louise Fischer
Издательство: Bookwire
Серия: Die Mädchen von der Parkschule
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788711719534
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in die Augen. „Wie gemein du bist!“ brachte sie mühsam heraus. „So gemein!“

      „Laß die Kleine doch ruhig bleiben“, sagte einer der Freunde.

      Olga glaubte schon, daß er für sie Partei ergreifen wollte.

      Aber dann fügte er hinzu: „Die erspart uns doch die Fernsehlampe … was glaubt ihr, was die im Dunkeln für ein schönes rotes Licht gibt!“

      Olga wollte etwas erwidern, aber sie brachte nichts heraus. Die Stimme versagte ihr. Ein Wort mehr, und sie wäre in Tränen ausgebrochen. So drehte sie sich auf dem Absatz um und stürmte in blinder Wut aus dem Zimmer.

      Das Gelächter der Jungen verfolgte sie.

      Sie hielt es nicht länger zu Hause aus! Sie riß ihren Regenmantel vom Haken und stürmte ins Freie.

      Sie war schon eine ganze Weile geradeaus gerast, als sie wieder zur Besinnung kam. Sie blieb stehen, um Atem zu holen, und stellte fest, daß sie ganz in der Nähe von Kleibers Wohnung war. Das war ein Zeichen des Himmels. Vielleicht war Ruth zu Hause und freute sich über ihren Besuch.

      Olga klingelte an der Tür des rosa und weiß gestrichenen Mietshauses. Als sich nach mehrmaligem Klingeln niemand meldete, gab sie nicht auf, sondern spazierte weiter bis zur nächsten Ecke, wo Kleibers ihren eleganten Frisiersalon hatten. Sie trat ein und hoffte, Ruths Mutter an der Kasse zu erwischen.

      Statt dessen lief sie geradewegs Günther, Ruths erwachsenem Bruder, in die Arme, und natürlich wurde sie – ohne jeden Grund, sondern einfach nur so – rot wie Klatschmohn. Und weil sie das selber merkte, ärgerte sie sich darüber, und vor lauter Ärger wurde sie womöglich noch röter.

      Günther ahnte natürlich nicht, was in ihr vorging. „Hallo, Olga“, sagte er freundlich, „was darf es sein? Haarewaschen?“

      Olga brachte keinen Ton heraus.

      Er drehte eine ihrer roten Locken um seinen Zeigefinger. „Du hast herrliches Haar“, sagte er, „dich möchte ich gern mal frisieren!“

      Olga warf den Kopf zurück. „Lassen Sie mich in Ruhe!“

      „Nanu! Ich habe dir doch nichts getan!“

      „Sie wollen mich aufziehen … und … und … das lasse ich mir nicht gefallen!“ Olga war den Tränen nahe.

      „Überhaupt nicht! Es war mein voller Ernst, und …“

      Olga ließ ihn nicht aussprechen. „Wo ist Ruth?“ fragte sie und wurde sich gar nicht bewußt, daß sie einen Ton anschlug, wie er höchstens einem Kriminalbeamten im Verhör mit einem Schwerverbrecher zugestanden hätte.

      Aber Günther nahm es gleichmütig hin. „Moment mal“, sagte er und strich sich über sein wohlfrisiertes Haar, „ja, richtig, die ist mit ihren Freundinnen ins Kino gegangen.“

      Olga wechselte die Farbe; sie wurde so weiß, daß die winzigen Sommersprossen auf ihrer Nase wie kleine dunkle Punkte wirkten. „Mit … ihren … Freundinnen?“ wiederholte sie fassungslos.

      „Ja, mit Silvy und Katrin. Das sind doch eure Freundinnen. Oder etwa nicht?“

      „Doch, ja, natürlich … danke“, stammelte Olga und stürzte aus dem Geschäft.

      Wieder hatte sie das Gefühl, daß alle hinter ihr herlachten; das Fräulein an der Kasse, die Kundinnen, die Friseusen und vor allem natürlich Günther. So eine Gemeinheit! Was erlaubte sich der denn, sie mit ihrem Haar aufzuziehen! Der hatte es gerade nötig mit seiner Schmalztolle!

      Aber dieser kleine Ärger war nichts gegenüber der riesengroßen Enttäuschung und Empörung darüber, daß die Freundinnen ohne sie und hinter ihrem Rücken ins Kino gegangen waren. Nach alledem, was sie schon zusammen erlebt und sich gegenseitig geschworen hatten! Das war glatter Verrat.

      Olga konnte sich das nicht gefallen lassen. Sie mußte irgend etwas unternehmen. Am liebsten hätte sie die drei Verräterinnen sofort zur Rede gestellt.

      Nach kurzem Überlegen entschloß sie sich, Leonore aufzusuchen, die ja, so schien es ihr, ebenfalls abgehängt worden war und in der sie eine Verbündete zu finden hoffte.

      Müllers wohnten ein ganzes Stück entfernt, schon fast am Stadtrand, dort, wo die Geschäftsstraßen endeten und Einfamilienhäuser in kleinen Gärten standen. Aber Olga war so aufgebracht, daß ihr der weite Weg gar nichts ausmachte. Sie stürmte los und merkte selber nicht, daß sie unterwegs halblaut vor sich hinschimpfte.

      Vor Müllers Haus spielte eine Horde kleiner Kinder. Sie fuhren auf Rollern und Dreirädern um die Wette über den Bürgersteig. Unter ihnen waren auch Leonores Geschwister.

      Unwillkürlich verhielt Olga den Schritt. Sie haßte es, wenn Kinder in Rudeln zusammen waren. Dann wurden sie leicht unverschämt.

      Ihr Zögern hatte nur eine Sekunde gedauert, dann marschierte sie weiter, mitten durch die Horde hindurch. Aber die Kleinen hatten ihre Unsicherheit doch bemerkt.

      „He, Rotfuchs“, rief der siebenjährige Peter frech, „dich können wir brauchen. Mein Schlußlicht ist kaputt.“

      Die anderen bejubelten diesen Witz.

      Olga war weit davon entfernt mitzulachen. Sie bekam einen roten Kopf und schrie: „Halt die Klappe, du Flegel, sonst erlebst du was!“

      „Ach, wirklich?“ Peter fuhr auf seinem kleinen Zweirad elegante Kurven. „Was denn? Ich erleb so gern mal was!“

      „Das kannst du haben!“ Olga stürzte auf ihn zu.

      Aber natürlich war er schneller. Er trat nur einmal kräftig auf die Pedale, und schon war er ihr entwischt.

      Die Kinder lachten schadenfroh.

      Olga wußte, daß es falsch war, aber sie konnte nicht zurückstecken. „Warte nur, ich kriege dich noch!“ drohte sie.

      „Bestimmt!“ rief ein kleines Mädchen. „Wenn Pfingsten auf Weihnachten fällt!“

      Olga versuchte, die Kleine zu erwischen, aber auch die war schneller und rollerte hohnlachend davon.

      „Ihr verdammten Blagen!“ schimpfte Olga.

      „Nur nicht fluchen“, tadelte Peter mit gespielter Entrüstung, „meine Mutter sagt, das gehört sich nicht!“

      „Sehr richtig!“ riefen gleich mehrere Kinder.

      Olga entschloß sich, die Bande mit Verachtung zu strafen. Sie warf den Kopf mit den leuchtendroten Locken in den Nacken, schob das Kinn vor, durchschritt mit kerzengeradem Rücken den Vorgarten und klingelte an der Haustür.

      Aber so leicht ließen sich die Kleinen ihr unverhofftes Vergnügen nicht nehmen.

      Einer von ihnen stimmte das hübsche alte Lied an: „Wenn der Fuchs nach Hause kommt …“

      Und begeistert fielen die anderen im Chor ein: „Dann ist die Mutter froh! Dann braucht sie kein Petroleum, der Fuchs, der leuchtet so!“

      Olga konnte nicht verhindern, daß ihr die Tränen in die Augen stiegen. Als Leonore ihr endlich öffnete, wäre sie ihr am liebsten schluchzend um den Hals gefallen. Aber Leonore wich einen Schritt zurück und machte ihr so das Ausweinen unmöglich. Sie hielt ein Küchenmesser in der Hand, hatte ein Tuch um ihr braunes Haar geschlungen und eine große grüne Schürze vorgebunden. Ihre braunen Augen strahlten, ihre Wangen glühten, und sie sah sehr vergnügt und beschäftigt aus.

      „Menschenskind, was ist los?“ rief sie.

      „Diese Gören! Sie sind so unverschämt! Hörst du denn nicht?“

      Wahrhaftig hatte die Bande das Lied vom Fuchs noch einmal angestimmt.

      Leonore lachte. „Die machen doch bloß Spaß!“

      „Wenn deine Eltern auch so denken, dann wundert mich gar nichts mehr“, erklärte Olga erbost. „Dann weiß ich auch, warum deine Geschwister