Wirtschaft – Eine Zukunft für die Zukunft. Anand Buchwald. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anand Buchwald
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783867101615
Скачать книгу
dass Gold und andere Münzmetalle wie Silber und Kupfer unter hohem Aufwand aus Minen geborgen und anschließend zu Münzen verarbeitet werden. Das war eine Arbeit, die mitunter langwierig und wenig ergiebig war, aber wenn jemand Glück hatte, stieß er auf eine dicke und ergiebige Ader und war mit einem Schlag reich. In diesem Fall hatte das Gold zwar seinen objektiven Wert, war aber nicht mit dem Aufwand erarbeitet worden, der seinem Wert entsprach.

       Und so verhält es sich auch mit sehr vielen der großen Vermögen auf der Welt – ihr nomineller Wert und ihr Zeit-Arbeits-Wert haben keine reale Entsprechung zueinander. Da diese großen Vermögen der dritten Klasse aber in der Regel nicht durch spontane Gold- oder Diamantfunde entstanden sind, die ihrer Natur nach zwangsläufig begrenzt und irgendwann auch aufgebraucht sind, müssen in der Geschichte der Geldschöpfung noch andere Mechanismen entwickelt worden sein, um so große Vermögen hervorzubringen, wenn man sich nicht gerade im Besitz großer Erdöl- und Erdgasfelder befindet.

       Als die Geldmengen, die für zu tätigende Geschäfte benötigt wurden, stärker zunahmen, kam man auf die Idee, Geldscheine als Symbole für größere Summen zu verwenden, die man bei Bedarf gegen den realen Wert eintauschen konnte. Dieses Prinzip nannte man Golddeckung. Da diese Tauschmöglichkeit kaum jemals angewandt wurde, kam es zu einem der wirtschaftlichen Sündenfälle – der Abschaffung der Golddeckung. Die Banken mussten ab jetzt für die Geldscheine, die sie ausgaben, keinen vollständigen Gegenwert mehr auf Lager haben und konnten mehr Geld ausgeben, als Werte vorhanden waren. Damit wurden die Geldscheine zu einem Wert an sich. Und das gesamte sich im Umlauf befindende und auf Konten – vor allem der dritten Klasse – lagernde Geld ist bei weitem nicht mehr durch Gold oder andere stabile und reale Werte gedeckt.

       Bleibt die Frage, wo diese Geldscheine herkommen und wie die zusätzlichen Werte entstehen, die sie symbolisieren. Nun, die Scheine werden in staatlichem oder halbstaatlichem Auftrag gedruckt und durch die Notenbanken verteilt, bzw. gegen Bankguthaben bei den Zentralbanken ausgetauscht. Allerdings ist der Wert sämtlicher Banknoten deutlich geringer als die weltweit vorhandenen Vermögen.

       Für die Entstehung dieser Werte und Bankguthaben gibt es vor allem zwei Mechanismen: die Geldschöpfung mittels Kreditvergabe durch die Banken und die Praxis des Zinseszins für Kredite.

       In der weitverbreiteten Theorie läuft die Kreditvergabe durch die Banken folgendermaßen ab: Den Banken steht durch die Spareinlagen ihrer Kunden eine gewisse Geldmenge zur Verfügung. Diese Spareinlagen vergütet sie mit einem geringen (im unteren einstelligen Bereich) Prozentsatz an Zinsen. Diese Spareinlagen verleiht sie in Form von Krediten an andere Kunden und verlangt dafür einen höheren Prozentsatz an Zinsen (meist bereits im zweistelligen Bereich). Die Differenz, der Gewinn bildet den Lohn für ihre Vermittlungsdienste. Soweit die Theorie, die vor langer Zeit sicherlich einmal zutreffend war.

       Die weitverbreitete Praxis sieht anders aus: Den Banken steht durch die Spareinlagen ihrer Kunden eine gewisse Geldmenge zur Verfügung. Diese Spareinlagen vergütet sie mit einem geringen (im unteren einstelligen Bereich) Prozentsatz an Zinsen. Zusätzlich können sie bei den Zentralbanken zu einem noch geringeren Prozentsatz Kredite aufnehmen. Diese Kredite und die Spareinlagen bilden die Grundlage für die Kreditvergabe und letztlich für die Geldschöpfung durch die Banken. Die modernere Form der Geldschöpfung entsteht nun dadurch, dass die Bank einen Kredit vergibt. Die Deutsche Bundesbank schreibt in ihrem Buch „Geld und Geldpolitik“: „Wenn eine Geschäftsbank einen Kredit gewährt, finanziert sie diesen in einem ersten Schritt dadurch, dass sie – … – den entsprechenden Betrag an Giralgeld selbst schafft.“ Voraussetzung dafür ist, dass sie über eine gewisse Mindestreserve verfügt, die in Europa 1 % der Kreditsumme beträgt, in den USA 10 % und in China 20 %. Für die Vergabe eines Kredites von 1 Million Euro muss eine Bank also nur einen realen Wert von 10.000 Euro vorweisen. Sie kann somit die hundertfache Menge der Spareinlagen als Kredit vergeben, einfach nur, indem sie das bis dahin inexistente Geld in ihre Bücher schreibt. Der Kreditnehmer übereignet der Bank für die Dauer des Kredites das dafür angeschaffte Gut oder einen anderen Gegenwert und zahlt dann diesen Kredit samt Zins und Zinseszins langsam mit realem Geld ab. Damit erst macht er aus dem fiktiven oder virtuellen Betrag, den die Bank in kreativer Weise in ihre Bücher geschrieben hat, einen realen Wert, der diesen Betrag durch den Zinseszins auch noch erheblich übersteigt. Danach verfügt der Kreditnehmer über das Gut, das er mit dem Kredit erworben hat (mit dem entsprechenden Wert), der Verkäufer des Gutes verfügt sofort über die Kreditsumme als realen Wert, und die Bank hat aus einem kleinen Betrag von vielleicht ein bis zwei Prozent der Kreditsumme durch die Einnahme der Raten, des Zinses und des Zinseszinses für virtuelles Geld, das eigentlich nie existierte, einen Gewinn an realem Geld gemacht, der die Kreditsumme bisweilen deutlich überschreitet.

       Wenn man hier nun die bereits angesprochene Zeit-Wert-Relation betrachtet, so sieht diese für den Kreditnehmer sehr schlecht aus, denn er muss durch den Mechanismus des Zinseszins mehr Zeit für die Erwirtschaftung des Wertes des erworbenen Gutes aufbringen, als dieses wert ist und als der Verkäufer bei einem halbwegs realen Zeit-Wert selbst bekommt. Für die Bank fällt diese Relation mit anderen Vorzeichen noch extremer aus. Sie hat nur einen winzigen realen Wert vorzuweisen und muss für die Erteilung eines Kredites ein paar bürokratische und verwaltungstechnische Erfordernisse erfüllen und Geldeingänge registrieren und verrechnen, wobei Letzteres weitgehend automatisiert von Computern erledigt wird. Alles in allem handelt es sich um eine sehr überschaubare Stundenzahl. Der Wert, der daraus zurückfließt, und der im Grunde genommen vom Kreditnehmer erwirtschaftet wird, ist dagegen immens.

       Eine ideale, rechtschaffene Zeit-Wert-Relation hat den Wert 1. Das heißt, die eingesetzte Zeit und der erwirtschaftete Wert entsprechen sich einigermaßen. Für den Kreditnehmer liegt der Wert über 1 und kann je nach Laufzeit und Zinssatz den Wert 2 oder höher erreichen, was bedeutet, dass ein Wert nur mit deutlich erhöhtem Zeitaufwand erwirtschaftet werden kann. Für die Bank ist der Wert kleiner als 1, und zwar so klein, dass er deutlich gegen 0 geht. Der Wert 0 bedeutet, dass Geld ohne jeglichen Aufwand geschaffen wird.

       Durch diesen Kreditmechanismus entstehen riesige Geldsummen; allerdings ist das noch nicht das absolute Ende der Fahnenstange der Geldschöpfung. Die Banken machen nicht nur Geschäfte mit Kunden, sondern auch untereinander. Durch die Überweisung von über Kredite selbst geschaffenem Geld an eine andere Bank wird das bis dahin eher virtuelle Geld zu einem etwas realerem Geld, das als Grundlage zu weiteren Transaktionen dient. Diese sind sehr vielschichtig und umfassen Spekulationen und Wetten jeglicher Art, deren Natur gewöhnlichen Sterblichen bereits nicht mehr einsichtig ist, was aber letztlich dazu führt, dass große Teile der Supervermögen nur auf virtuelle Art entstanden sind und eine unglaublich kleine Zeit-Wert-Relation aufweisen, also nie „anständig“ erwirtschaftet wurden.

       Diese Werte, die keinen realen Gegenwert haben, sind direkt und indirekt eine Bedrohung für unser gegenwärtiges Wirtschaftssystem. Indirekt, weil dadurch die Geldmenge viel größer ist als die Wertemenge auf unserem Planeten und das Geld darum immer mehr an Wert verliert, was die Menschen mit geringen Mitteln ganz besonders hart trifft; direkt, weil man mit diesem Geld Kriege führen kann und auch führt, Kriege um Nahrungsmittel, Kriege um Ressourcen, Kriege um Macht und Einfluss, und wenn man anfangen sollte, das Geld auszugeben, würde das zu einer Erhöhung der umlaufenden Geldmenge führen und bei gleich bleibendem Warenangebot zu einer galoppierenden Inflation. Folglich darf man dieses Geld nicht ausgeben, wenn man der ohnehin zunehmend fragileren Wirtschaft keinen Todesstoß versetzen möchte. Auch aus diesem Grund wäre es sinnvoll, einen globalen, absoluten Schuldenschnitt zu machen, durch den die Staaten von ihrer Schuldenlast befreit würden und der die virtuellen Superreichtümer auf ein etwas realeres Maß zurechtstutzen würde. Damit hätte man auch eine annehmbare Ausgangslage geschaffen, um unser Wirtschaftssystem und vielleicht auch gleich unser Gesellschaftssystem grundlegend zu reformieren und auf neue, bessere Füße zu stellen.

       „Ich sehe in der nahen Zukunft eine Krise näherkommen, die mich verunsichert und mich um die Sicherheit meines Landes bangen lässt. Gesellschaften wurden inthronisiert, eine Ära der ­Korruption an den hohen Stellen wird folgen, und die Geldmacht des Landes wird versuchen, ihre Herrschaft zu verlängern, indem sie auf die vorgefassten Meinungen der Menschen einwirkt, bis der Reichtum in einigen wenigen Händen angesammelt ist und die Republik zerstört wird.“

       Abraham