Perry Rhodan 3089: Das Atlan-Update. Kai Hirdt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kai Hirdt
Издательство: Bookwire
Серия: Perry Rhodan-Erstauflage
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783845360898
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um eine heikle Mission vorzubereiten, insbesondere, wenn man niemandem an Bord trauen konnte. Ich war sicher, dass der Cairaner noch mehrere Verbündete unter der Besatzung haben musste, wenn er sich offen zu erkennen gab. Anderenfalls wäre das Risiko für ihn viel zu groß gewesen.

      Unter normalen Umständen wäre ich zu dem Treffen gegangen, um meine langersehnten Informationen zu bekommen – aber mit einer ganzen Kompanie TARA-Kampfroboter und Raumsoldaten als Rückendeckung.

      Allerdings war die Lage kompliziert: Ich konnte mich nicht zur Einsatzbesprechung mit den Truppenführern treffen, da jeder ein Verräter sein konnte, der den gesamten Plan an den oder die Cairaner weitergab.

      Also verlegte ich mich notgedrungen auf eine Strategie, die mir zutiefst zuwider war: die strikt reglementierte Weitergabe von Informationen. Wenn einzelne Kampfgruppen den Gesamtplan nicht kannten, sondern nur ihre ureigene Aufgabe, konnten sie auch nur diese Bruchstücke weitergeben. Im konkreten Fall hieß das: Es sollten ein halbes Dutzend unterschiedliche Einheiten in den Einsatz gehen, Teile der Bordsicherheit ebenso wie Teile der Kampfgruppen; Teile der Stammbesatzung der THORA ebenso Kampfeinheiten, die den Beibootbesatzungen zugeordnet waren.

      Dabei achtete ich darauf, Einheiten zu wählen, die kein Übermaß brillanter Verbesserungsvorschläge eingereicht hatten. So mochte es sein, dass ich einen faulen Apfel unter den Einsatzleitern antraf. Mit Pech zwei, je nachdem, wie gründlich die Cairaner das Schiff infiltriert hatten.

      Mehr jedoch war extrem unwahrscheinlich, und das hieß: Es würden immer noch vier Einheiten unabhängig voneinander zu meinem Schutz agieren, sobald ich das Signal gab. Da jede dieser Gruppe über ihre eigenen TARAS verfügte, musste ich mir auch keine Sorgen machen, dass die Roboterunterstützung von einer einzelnen Schwachstelle her ausgehebelt wurde.

      So weit die Vorteile. Die Nachteile dieses Vorgehens wogen jedoch schwer. Eine große Stärke terranischer Soldaten war immer ihr gut koordiniertes Vorgehen und ihre Eigeninitiative gewesen. Beides fiel flach, wenn die Kämpfer nichts voneinander wussten und keinen Überblick über die Gesamtlage haben durften.

      Die jeweiligen Einsatzbefehle mussten deshalb so klar sein, dass sie diese Schwächen kompensierten. Also saß ich in meinem Quartier und grübelte über einer schematischen Skizze des Erholungsbereichs. Bullys Lustgarten hieß der Grüngürtel im Bordjargon. Verglichen mit Ogygia, dem riesigen Park auf der RAS TSCHUBAI, war er eine Bonsaischale.

      Aber als Schauplatz einer Auseinandersetzung, deren Verlauf man haarklein voraussehen wollte, war er doch ganz schön groß geraten. Bullys Lustgarten umlief die autarke Zentralekugel der THORA an der breitesten Stelle, hatte also einen Innendurchmesser von 500 Metern. Der Ring selbst war 400 Meter breit, wobei je nach Position zwischen 300 und 350 Meter für die Landschaftsgestaltung genutzt wurden. Insgesamt ergab das gut einen Quadratkilometer Fläche mit künstlichen Bergen, Seen und Wäldern, hervorragend zum Häuserkampf geeigneten Restaurants und allerhand weiteren Ausstattungsmerkmalen, die es in unbequemes Gefechtsterritorium verwandelten. Vom Bodenniveau bis zur Decke waren 200 Meter Platz. Sogar ein Luftkampf war also möglich.

      Ohne dass ich den Grund klar benennen konnte, hatte ich ein Gefühl, wo sich der Showdown abspielen würde. Ich zeichnete für jeden meiner Einsatztrupps separate Anweisungen auf, wie sie sich dieser Stelle nähern sollten. Einige würden von außen, andere aus der Zentralekugel eindringen, wieder andere sich von der Decke fallen lassen und den Vorteil der Lufthoheit ausnutzen.

      Ich beendete die sechste Aufzeichnung der separaten Einsatzbefehle mit den gleichen Worten wie die fünf Male davor: »Während meines Vorstoßes lasse ich mein Multikom aktiviert. Die Tonübertragung bleibt abgeschaltet. Aber ihr seht alles, was ich sehe, und könnt eure Vorgehensweise entsprechend planen. Der Zugriff erfolgt erst auf meinen ausdrücklichen Befehl. Ich programmiere das Armband so, dass es euch automatisch das Signal sendet, wenn ich das Codewort ausspreche. Es heißt ›Sergeant Halampa‹.«

      Das war im Grunde eine überflüssige Information, da mein Armband den Ton nicht mitsenden würde. Aber der Name der gefallenen Kameradin würde sicher dazu führen, meiner Schutztruppe noch ein paar Prozent Extramotivation zu entlocken. Es war ein schäbiger Trick, aber angesichts unseres Gegners war ich mir dafür nicht zu schade.

      Ich schickte die Befehle von unterwegs, teils übers Kommunikationsnetz, teils per autarker Sonde, einmal sogar mit einem Adjutanten als Boten. Auf ebenso verschlungenen Pfaden setzte ich noch eine ganze Reihe anderer Einheiten darauf an, das Schiff aufs Stichwort hin von der oberen Polkuppe bis zur Bodenschleuse nach weiteren Cairanern zu durchsuchen. Wenn wir diese Pest ausräucherten, wollte ich gründlich sein.

      *

      Ich betrat Bullys Lustgarten nicht dort, wo mein Gefühl mich eigentlich hinzog, sondern einen Viertelkreisbogen entfernt. Ich wollte mich vor dem Treffen eine Weile in dem Grüngürtel bewegen und ein Gefühl für die Verhältnisse bekommen.

      Natürlich war ich schon vorher in dem Erholungsbereich gewesen, aber nicht während der letzten Wochen. Er hatte sich massiv verändert – aber doch nicht so stark, dass es das Gefühl von Jamais-vu erklärt hätte, das sich schon beim ersten Schritt einstellte. Es fühlte sich an, als würde ich den Garten zum ersten Mal in meinem Leben betreten.

      Ich blieb stehen und ließ die Umgebung auf mich wirken. Meinen Einsatzplan für die sechs Kampfeinheiten hatte ich auf mein Gedächtnis und die Grundrisse und Landschaftsskizzen der Schiffsdaten gestützt. Damit hatte ich gründlich am Bedarf vorbei geplant und war froh, dass ich das aktuelle Aussehen durch mein Multikom weiterleitete. Von den künstlichen Bergen war nichts mehr zu sehen, und die Seen waren zugeschüttet. Eine breite, sanft und regelmäßig, mathematisch präzise gewellte Rasenfläche war übrig geblieben, die dem Auge kaum mehr ein Hindernis in den Weg stellte.

      Der Park war menschenleer. Kein Spaziergänger ließ sich einen künstlich erzeugten Windhauch um die Nase wehen oder genoss den Duft gemähten Grases.

      Wir haben eine Krisensituation, erinnerte mich der Extrasinn. Deine Leute befinden sich auf ihren Posten.

      Mich überzeugte das wenig. Die Gesamtlage war angespannt, aber wir befanden uns nicht im Alarmzustand. Der Cairaner musste irgendeine unauffällige Möglichkeit gefunden haben, die Besatzung aus dem Lustgarten fernzuhalten. Anders war nicht zu erklären, wie eine solche Veränderung unbemerkt von der Schiffsführung hätte vonstattengehen können. Sicherheitshalber prüfte ich, dass mein Kombistrahler locker saß, falls ich mich plötzlich verteidigen musste.

      Die schiere Menge der Modifikationen bewies in meinen Augen, dass der Cairaner nicht allein an Bord gekommen sein konnte. Die ungebetenen Gäste hatten nicht nur alte Landschaftsmerkmale eingeebnet, sondern auch neue errichtet. 50 Meter zu meiner Rechten ragte ein goldenes Bauwerk auf, das ich definitiv noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Ich ging darauf zu und betrachtete es: eine vierseitige Pyramide mit steil ansteigenden Wänden. Die vier Kanten der Basis waren jeweils etwa drei Meter lang, die Spitze ragte ungefähr zwölf Meter hoch. Ganz oben zog sich ein violettes Gespinst über das Gold.

      Als ich genau hinsah, bemerkte ich zwei violette Fäden, die von der Pyramide ausgingen: Beide führten zu gleichartigen Gebäuden in etwa 200 Metern Entfernung, eines vor mir, eines in meinem Rücken.

      Ich achtete darauf, dass die Erfassungsoptik des Multikoms die Fäden ebenfalls zu sehen bekam. Nicht, dass die Lufteingreiftruppe sich in so etwas verhedderte. Ich folgte einem der beiden Stränge in Richtung meines Ziels, und hinter der nächsten kam bald die übernächste Pyramide in Sicht, wieder in etwa 200 Metern Abstand. Wenn sie regelmäßig rund um die Zentrale aufgestellt waren, musste es sich um insgesamt 14 Gebäude handeln.

      Zwischen ihnen befand sich jeweils ein weiteres Bauwerk, das ebenfalls nicht von Terranern dort platziert worden war. Diese Neuheiten ähnelten sich, doch anders als die Pyramiden waren sie nicht völlig identisch: Es waren flache, weiße Kuppeln, zwischen fünf und 25 Metern hoch, teils nur zehn, teils 50 Meter im Durchmesser. Ihre Dächer waren eng mit kelchartigen Ornamenten besetzt, die mich an Orchideen erinnerten. Hunderte davon zierten die kleinen, Tausende die großen Gebäude. Von oben betrachtet mussten sie wie Blumensträuße von der Größe ganzer Häuser aussehen. Der Zweck dieser Bauten war mir völlig unklar. Ich