Man muss ja nicht gleich zum Stammkunden werden, aber es lohnt sich, mal einen Blick in Münchens berühmtes Wirtshaus zu werfen, auch aus architektonischen Gründen. Das 1897 errichtete »Hofbräuhaus« verkörpert den Prototyp der Bierpaläste, die in dieser Zeit entstanden. Die »Bierarchitektur« folgte einem festgelegten Konzept: Es gab einen Festsaal für Versammlungen und Veranstaltungen. Sodann besaß jeder Bierpalast eine Schwemme, in der das einfache Volk verkehrte, während die Bürger im Gaststättenbereich einkehrten, in dem kleine Säle traute Wohnzimmeratmosphäre schufen. Und auch der Bereich im Freien gehörte dazu – was viele nicht wissen: Im Garten des Hofbräuhauses ist es wunderschön.
»Hofbräuhaus« · 9–24 Uhr · Am Platzl 9 · Altstadt · Tel. 089/290 13 61 00 · www.hofbraeuhaus.de Haltestelle: U/S Marienplatz
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»FÜR DEN, DER’S MAG, IS DES AS HÖCHSTE«
»Die Kronfleischküche, ein Stück Münchener Spezialität, die sich allgemeiner Popularität erfreute, … siedelte in ihr neues Heim. … Den Eingang zu den Lokalen schmückt eine Malerei mit der Inschrift: ›A große Kron, a kloane Kron, a Herzl, a Bries, a Tellerfleisch, a Supp’n, was magst?‹«
Diese Meldung erschien am 24. September 1908 in der Lokalpresse und beweist zweierlei. Erstens: Gastronomische Themen waren schon damals von öffentlichem Interesse – lange, bevor Fernsehköche durch die Sender tobten. Und: Der Genuss von Innereien hat Tradition in München – auch wenn sich mancher Nicht-Bayer mit Grausen wendet. Herz, Leber, Lunge, Niere, Milz, Kutteln (Rindermagen) zählen zu den Schmankerln der regionalen Küche, auch Hirn, Kalbskopf, Zunge, Euter und Bries landen auf dem Teller und sind, vom kundigen Koch bereitet, eine Delikatesse. Beim Kronfleisch, das der Küche den Namen gab, handelt es sich um das Zwerchfell vom Kalb, Rind oder Schwein, ein besonders schmackhaftes Stück, das mit Wurzelgemüse gekocht und – in der Mitte rosa – mit Kren (Meerrettich) und Salzkartoffeln serviert wird.
Innereien findet man auf allen Speisekarten jener Wirtshäuser, die sich der traditionellen Münchner Küche verpflichtet fühlen. Zum Programm hat das »Weiße Bräuhaus«, über die Stadtgrenzen hinaus bekannt für sein ausgezeichnetes Weißbier, die »Kronfleischküche« erklärt. An jedem Tag der Woche bereiten die Köche eine andere Spezialität zu: Saure Nieren, Milzwurst, paniert und gebacken oder in Butter gebraten, Lüngerl süß-sauer mit Semmelknödel, gebackenes Euter und vieles andere mehr. Anfänger sollten das Voressen bestellen – wenn’s nicht auf der Kronfleischkarte steht, einfach fragen –, da ist alles drin: Kalbs- und Schweinslunge, Kutteln und Kalbsbries. Und ganz Fortgeschrittene können beherzt zugreifen, wenn Stierhoden angeboten werden. Nicht »jeder Manns« Sache, aber: »Für den, der’s mag, is des as Höchste.«
Kronfleischküche, »Weißes Bräuhaus« · 8–0.30 Uhr · Tal 7 · Altstadt · Tel. 089/290 13 80 www.schneider-brauhaus.de · Haltestelle: U/S Marienplatz
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SCHWEINSBRATEN MIT MUSCHELN
»Berge von unten, Kirchen von außen, Wirtshäuser von innen.« Wenn Sie zum »Augustiner« gehen, sollten Sie diesen Spruch ausnahmsweise einmal nicht beherzigen und das Wirtshaus auch von außen betrachten. Der Architekt Emanuel von Seidl hat die Fassade zweiteilig gestaltet: links schlicht, rechts elaboriert. Nach dieser Vorstudie wissen Sie auch, welche Tür Sie nehmen müssen: die rechte. Sie führt in den vornehmen Trakt mit dem bildschönen Muschelsaal. Durch die Kuppel, eine einzigartige Glas-Eisen-Konstruktion, fällt Licht, an den Wänden beeindrucken Hirschgeweihe und ein Muscheldekor, das Elemente des Jugendstils verwendet. Schweinsbraten mit Muscheln – wenn man die einen nur optisch genießt, ein wunderbares Erlebnis für die Sinne.
»Augustiner Stammhaus« · Mo–Sa 11–21, So 11–16 Uhr · Neuhauser Str. 27 · Altstadt Tel. 089/23 18 32 57 · www.augustiner-restaurant.com · Haltestelle: U/S Karlsplatz
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WO DER KRIMIFAN AUFS GLATTEIS GEFÜHRT WIRD
Mord, Betrug, Intrigen, Entführungen – die Münchnerin Monika Dobler hat ihr berufliches Leben den dunklen Seiten des Menschen gewidmet. Erstaunlich, dass sie dabei so ruhig und freundlich ist. Vielleicht weil sie weiß, dass es natürlich auch die Guten gibt, die sich nicht aufs Glatteis führen lassen, für Gerechtigkeit sorgen, Verbrechen aufklären und am Ende den gelösten Fall präsentieren. Im glatteis, der einzigen Krimi-Buchhandlung Bayerns, findet man nicht nur alles, was zu diesem Genre gehört, – natürlich auch Krimis, die in München spielen – Liebhaber von Krimis aller Art werden hier ebenso gut wie kenntnisreich beraten. Gruselig-gemütlich: Die regelmäßig stattfindenden Autorenlesungen sind Kult in der Szene der Münchner Krimifans.
glatteis · Mo–Fr 12.30–19, Sa 10–16 Uhr · Corneliusstr. 31 · Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt/ Glockenbachviertel · Tel. 089/201 48 44 · www.glatteis-krimi.de Haltestelle: U Fraunhoferstraße
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STADTBLICK VON DER KRONE DER EICHE
Das Schild »Nur für Gäste« sollte Sie nicht abschrecken: Gast ist in der »Deutschen Eiche« jeder, der einen Kaffee bestellt. Und wenn Sie den Lift besteigen und zur Dachterrasse hinauffahren, erwartet Sie ein Traumblick über ganz München.
Wenn Sie vorher einen Termin vereinbaren, kommen Sie sogar in den Genuss einer Führung. Dietmar Holzapfel kennt und benennt jedes Gebäude, jedes Türmchen, auch wenn es noch so unscheinbar aus dem Häusermeer ragt. Und er vermittelt Insiderinformationen wie die, dass man vom Dach der »Eiche« direkt auf die Terrasse von Bastian Schweinsteiger schauen konnte, als dieser noch beim FC Bayern kickte.
Die Sauna der »Eiche« erstreckt sich über 1400 Quadratmeter und ist ein beliebter Schwulentreff. Wer neugierig ist: Wenn kein Saunabetrieb ist, bieten die Besitzer Führungen an.
Als Holzapfel und sein Partner das Lokal renovierten, hatten sie freie Hand: Obwohl 1864 erbaut, steht das Haus nicht unter Denkmalschutz. Bürokratische Schwierigkeiten gab es dann beim Bau der 60 Quadratmeter großen Dachterrasse, die empfand die Behörde als »verheerenden Einschnitt in das Ensemble Gärtnerplatz«. Seltsam, denn sie ist von unten gar nicht zu sehen. Mit viel Einfallsreichtum und etwas Bußgeld gelang es dann doch, die Genehmigung zu erhalten und eine Fläche aufs Dach zu zaubern, auf der sich auch Feste feiern lassen.
Die »Eiche« zählt zu den ältesten Schwulenlokalen in Deutschland. Bereits in den 1950er-Jahren entdeckten Tänzer aus dem Ensemble des Gärtnerplatztheaters die Gaststätte. Sie wurde früher von zwei Frauen geführt, die ihre Jungs auch in den Jahrzehnten, als Homosexualität