Insgesamt kann also gesagt werden: Ob die Viren auf Oberflächen noch infektiös sind, ist situationsabhängig. Coronaviren leuchten nicht wie das Tonic Water im Experiment. Sie sind nicht stabil und bleiben nicht besonders lange infektiös auf Oberflächen. Auch der Virologe Christian Drosten meint dazu, dass es nicht nötig sei, im Haushalt alle Oberflächen zu desinfizieren. Die WissenschaftlerInnen sind sich einig, dass das Risiko einer Infektion durch Kontaktinfektion im Gegensatz zu der Übertragung und Infektion über die Luft gering bis sehr gering ist, da sie weniger effizient ist und nur über Umwege funktioniert. Eine genaue Zahl gibt es dazu aber nicht.
Was heißt das also für den Einkauf von Lebensmitteln und anderen Waren? Es kann eigentlich nur mit Sicherheit von dem berichtet werden, was bisher geschehen ist. Und da gibt das Bundesinstitut für Risikobewertung an, dass bisher noch keine Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus durch die Übertragung von Kontakt mit Oberflächen wie Bargeld, Kartenterminals, Türklinken, Smartphones, Griffen von Einkaufswagen, Verpackungen oder Tüten bestätigt wurden. Es gibt auch noch keine Fälle, bei denen sich Menschen über Lebensmittel, die von Viren besetzt waren, angesteckt haben (Stand November 2020).
Aber es gilt: Vorsicht ist besser als Nachsicht. Durch das Experiment ist ein Einblick gegeben worden, wo die Viren sich potentiell überall aufhalten könnten. Meist ist nicht bekannt, wie lange es her ist, dass eine erkrankte Person die Coronaviren auf Oberflächen verteilt hat. Deshalb gilt nach wie vor: Hygiene beachten, Hände waschen und die Hände aus dem Gesicht fernhalten.
Quellen:
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Kapitel 5:
Schmutziges Geld oder Geldwäsche?
Mit der weltweit steigenden Zahl der Corona-Fälle ist eine andere Zahl immer weiter gesunken: Die Häufigkeit der Bargeldzahlungen. Einmal von der Bank ausgegeben sind Münzen und Scheine im stetigen Umlauf, wechseln ihre Besitzer und gelangen so durch viele Hände, ohne eine Möglichkeit zur Rückverfolgung. Allein dieser Umstand macht sie auf den ersten Blick zu einem hohen Risikofaktor für eine indirekte Kontaktinfektion (siehe Kapitel 4). Dies unterstreichen sowohl Internetrecherchen in Rekordzahlen, die nach einem Zusammenhang der Stichwörter »Bargeld« und »Viren« suchen, als auch die Maßnahmen einiger Banken. Die Zentralbanken in China, Südkorea und den USA beschlossen mitten im Ausbruch der Corona-Pandemie, potenziell verunreinigtes Bargeld »unter Quarantäne zu stellen«. Dabei hat die People's Bank of China Tausende von Banknoten aus dem Verkehr gezogen, sie mit ultraviolettem Licht desinfiziert und für 14 Tage eingeschlossen, bevor sie wieder in Umlauf gebracht wurden.
Die Zahl der Verbraucher, die eine Zahlung mit Bargeld bevorzugen, ist seit dem Vorjahr der Corona-Pandemie europaweit im Durchschnitt um 7 % gesunken. Kartenzahlungen und mobile Bezahl-Apps rücken immer weiter in den Vordergrund, während Bargeld als Zahlungsmittel weniger akzeptiert wird. Das Fortschreiten einer solchen Entwicklung könnte zu einer Zahlungskluft führen, die für Menschen ohne Zugang zu digitalen Zahlungen und für ältere VerbraucherInnen schwerwiegende Folgen haben könnte.
Deshalb ist eine realistische Einschätzung von Bargeld als Risikofaktor so bedeutend, um die Frage zu klären: Ist die moderne digitale Form der Bezahlung wirklich der sichere und notwendige Weg, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, oder nur ein Trend, der aus Angst und Unsicherheit entstanden ist?
Abbildung 5.1: Kontaktlose Zahlung
Wenn ein Geldschein die Bank erst einmal verlassen hat, kann er theoretisch mit Bakterien oder Viren, mit denen er in Kontakt kommt, behaftet sein. So lassen sich nach den New Yorker ForscherInnen des »Dirty Money Project« auf einem Geldschein bis zu 3000 verschiedene Arten von Erregern finden – und auch eine Münze ist nicht so