Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2). Perry Rhodan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Perry Rhodan
Издательство: Bookwire
Серия: Perry Rhodan-Erstauflage
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783845353784
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näher auf das Thema ein. Sie alle wussten, dass eine Superintelligenz nicht mit herkömmlichen Maßstäben zu beurteilen war. Die VECU mochte Dinge tun, die erst in Tausenden von Jahren Bedeutung bekommen würden.

      Dou durfte sich keine Unsicherheit und vor allem keine Angst anmerken lassen. Die beiden Wissenschaftler zählten auf ihn. Darauf, dass er Pläne schmiedete, den Widerstand koordinierte und Anweisungen gab.

      Dou blickte auf seine Uhr. Der 16. November 2046 Neuer Galaktischer Zeitrechnung war angebrochen.

      »Gustav und andere Posbis werden uns helfen«, sagte er, »mit anderen Flüchtenden Kontakt aufzunehmen. Außerdem mit Besatzungsmitgliedern, die passiven Widerstand leisten. Erzählt mir mal, was denn so alles möglich ist und wie wir unseren Einfluss auf ANANSI ausbauen können ...«

      *

      Sie erzeugten Fehlfunktionen, die sich gegen ANANSI und die VECU richteten. Positroniken, die nicht vollends der Kontrolle der Semitronik unterlagen, »verrechneten sich«. Sie lieferten Daten mit geringsten Abweichungen, die Fehler an der siebenten Kommastelle verursachten und bei Kursberechnungen schlagend wurden.

      Einige Dutzend Fehlsprünge sorgten für Abweichungen, die sich bei Überlichtmanövern rasch summierten und für Ratlosigkeit bei ANANSI sorgten.

      Die Schutzschirme setzten mehrmals für Mikrosekunden aus. Die Versorgung des Zellplasmas ANANSIS mit Nährflüssigkeit wurde mit einigen Tropfen herkömmlichen Speiseöls ergänzt. Die Semitronik, so sagte Lerva Onteren, »wird für ein bis zwei Stunden unter so etwas wie Schluckauf leiden«.

      Onker Dou hätte schwören können, dass die Arkonidin schadenfroh lächelte, als sie für die Zufuhr des Öls sorgte.

      Zwei Geschützaufbauten der MVH-Sublicht-Kanonen hatten angeblich Beschädigungen aufzuweisen. Axapan-Transduktoren meldeten Fehler, obwohl sie gar nicht zugeschaltet waren. Einfache Reinigungsroboter bliesen Unrat in die Luftumwälzanlagen, simple Messinstrumente fielen aus ...

      Dies alles blieb für die meisten Besatzungsmitglieder unbemerkt. Doch ANANSI spürte den inneren Widerstand – und damit auch die VECU.

      »Die Superintelligenz lässt sich nicht beirren«, sagte Dou ruhig, und ohne sich seinen Frust anmerken zu lassen. »Sie schränkt die Bewegungsfreiheit der Besatzung immer weiter ein und setzt all jene matt, die Widerstand leisten. Die VECU hat mittlerweile die Besatzungen der vier MARS- und der beiden OXTORNE-Kreuzer im Außenbereich der Schiffshülle evakuiert. Sie wurden von TARAS allesamt ins Innere geschafft.«

      »Richtig«, sagte Ghysar. »Aber wenn ich Gustavs Informationen richtig einordne, wurden sie in Sammelräume gebracht.«

      »Das bedeutet?«

      »Das bedeutet«, antwortete Onteren, »dass es sich ANANSI leicht macht. Sie verzichtet auf die Einzelüberwachung von mehreren Tausend Besatzungsmitgliedern. Sie hat Angst davor, diese Aufgabe nicht schultern zu können. Mit anderen Worten: Sie fühlt sich unsicher.«

      »Davon können wir uns leider nichts kaufen.«

      »Eine unsichere Semitronik wird der VECU abraten, den Feindkontakt zu suchen oder etwas Waghalsiges zu unternehmen. Wir schränken den Spielraum der beiden ein. Das ist ein Erfolg.«

      »Bestenfalls ein klein wenig Zeitgewinn. ANANSI lässt nach all denen suchen, die sie an der Rechnerarbeit hindern. Über kurz oder lang werden ihre TARAS in die Kathedrale und ins Nest vordringen.«

      Die beiden Wissenschaftler schwiegen. Sie waren stolz auf ihre Leistungen, auf ihre Salamitaktik. Aber sie wussten die Konsequenzen ihres Tuns nicht einzuschätzen.

      »Wir müssen von uns ablenken«, sagte er.

      »Was willst du tun?« Ghysars beugte seinen Tellerkopf weit zu Dou herab.

      »Ich denke, es ist an der Zeit, einen Elefanten durch den Porzellanladen zu treiben.«

      »Wir haben weder das eine noch das andere an Bord. – Wieso lachst du?«

      »Ach, nichts.« Dou schaltete die Funkverbindung zu Gustav ein. »Hast du Icho Tolots Versteck gefunden?«

      »Ich habe das Suchgebiet auf zwei Unterdecks eingeschränkt«, antwortete der Posbi augenblicklich. »Es ist bloß noch eine Sache von Minuten. Das Problem ist: Wenn ich ihn finden kann, wird ihn ANANSI ebenso bald entdecken.«

      »Das spielt keine Rolle mehr.«

      »Kannst du etwas präziser sein?«

      »Sieh zu, dass du ihn schnell ausfindig machst und dabei nicht erwischt wirst. Ich brauche dich und die anderen Posbis dringender als den Haluter.«

      »Ich fühle mich geehrt, aber ich verstehe immer noch nicht ...«

      »Sag Icho, dass ich ihn um einen kleinen Amoklauf bitte.«

      »Ihr wollt von euch ablenken.«

      »Richtig. So, dass wir das Versteck wechseln können, besseren Zugriff auf isolierte Positroniken bekommen, weitere Besatzungsmitglieder auf den Widerstand aufmerksam machen können. Und vielleicht schafft Tolot es tatsächlich, aus der RAS TSCHUBAI zu entkommen.«

      »Die Chancen sind gering.«

      »Er ist ein Haluter. Eine Kampfmaschine mit überragendem Rechnergehirn.«

      »Was ihn zu einer Gefahr für die VECU macht. Die Superintelligenz könnte auf die Idee kommen, ihn als Gegner einzustufen und ihn zu vernichten.«

      »Daran glaube ich nicht«, erwiderte Dou. »Wir müssen ohnedies Tolot die Entscheidung überlassen.«

      »Er wird sein Leben für uns riskieren. Ich verstehe. Du appellierst an sein halutisches Gewissen, und das aus Kalkül.«

      »Meine Aufgabe ist der Schutz der RAS TSCHUBAI und ihrer Besatzung. Und das werde ich auch tun.« Er schaltete die Funkverbindung zu Gustav weg und wandte sich Onteren zu. »Und jetzt möchte ich von dir wissen, wer oder was der Vergessene ist, von dem ANANSI mir erzählt hat.«

      5.

      Bru Shaupaard

      Shaupaards Leben war öde und leer gewesen. Trotz all der Verantwortung, die stets auf seinen Schultern geruht hatte. Trotz des Splitters der VECU, den er in sich getragen hatte. Dies alles war nichts im Vergleich zur Erhabenheit gewesen, die er nun fühlte und die ihn ausfüllte.

      Die VECU sprach durch ihn. Sie war in ihm. Ein Wesen, das einstmals ein Konglomerat von Galaxien beherrscht und mit weiser Umsicht durch die Wirren der Zeit geleitet hatte, benutzte ihn, um sich zu artikulieren.

      Shaupaard trug die VECU voll Stolz in sich.

      Obwohl er wusste, dass er diesen Zustand nicht allzu lange ertragen konnte.

      Irgendwann würde sein Geist ausbrennen. Aber er würde voll Freude seinen Tod hinnehmen und bestenfalls bedauern, dass er die Triumphe der zurückgekehrten Superintelligenz nicht mehr miterleben würde.

      Oder?

      Würde sie einen Platz für ihn haben, würde sie Bru Shaupaard in sich aufnehmen?

      Einerlei. Er musste sich um vordringliche Aufgaben kümmern und den Lebewesen an Bord der RAS TSCHUBAI die Botschaften der VECU nahebringen. Dies war seine Aufgabe als Parolgeber.

      Er betrat die Zentrale des Schiffs. Er kannte die Terranischstämmigen mittlerweile gut genug, um in ihren Mienen lesen zu können. Sie fürchteten und verachteten ihn.

      Er stellte sich neben Kommandant Holonder und gab Befehl, die Übertragung seiner Rede im ganzen Schiff zu gewährleisten.

      ANANSI gehorchte.

      »Ich bin der Parolgeber«, sagte er auf Interkosmo. »Was ich sage, sind die Worte der VECU.«

      Pause. Niemand sprach. Die Zentralemitglieder blickten ihn an, harrten weiterer Worte.

      »Ihr werdet der Superintelligenz helfen, sich erneut in Ancaisin zu etablieren. Ein erster Schritt