G.F. Barner Jubiläumsbox 9 – Western. G.F. Barner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: G.F. Barner
Издательство: Bookwire
Серия: G.F. Barner Box
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740934231
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Schmerz gepeinigt und rannte um sein Leben, das er so gern behalten wollte. Immerhin gab es einen kleinen Barrymore McGruder, wie? Und der sollte einen richtigen Großvater haben.

      Lauf, Lionel, hämmerte sich der Alte ein, lauf! Du mußt es schaffen, du mußt bis zu den Büschen kommen, sonst…

      Rumms – rumms!

      Link pfiff es vorbei, staubte, prallte von Steinen ab. Rechts klatschte die nächste Kugel gegen die Steine. Zehn Yards noch – acht – sechs – vier…

      Rumms – rumms!

      Und dann riß es ihm das linke Bein glatt weg. Von der Wucht des Einschlags wurde er bis dicht vor die Büsche geschleudert. Wie er trotzdem hochkam und auf nur einem Bein den Sprung in die Büsche tat – wie, das wußte er selbst nicht.

      Rumms!

      Die Kugel sirrte durch die Zweige, aber der Alte kroch, stöhnte, biß die Zähne zusammen, schob sich weiter.

      Nein, dachte er, so leicht nicht, Hundesohn! Noch hast du mich nicht, noch lange nicht. Du mußt kommen und mich holen. Das ist meine Chance: mein Colt gegen dein Gewehr! Du oder ich, klar? Und ich werde es nicht sein!

      Lionel McGruder, der alte Löwe, kroch zwischen zwei kniehohe Felsbrocken neben ein paar Kakteen und sah nach seinem Bein. Das Blut tropfte in den Sand.

      Die Blutspur!

      Der alte Löwe riß sich die Jacke auf, zerrte im Liegen das Hemd aus der Hose, griff in die Hosentasche und klappte sein Messer auf. Das schöne Sonntagshemd mußte dran glauben, aber wenn er es nicht tat und sich nicht verband, dann brauchte dieser Hundesohn, der jetzt irgendwo herankam, nur der Blutspur zu folgen.

      Du machst nicht schlapp, Lionel, sagte er sich. Du doch nicht, du hast nie aufgegeben!

      Der Wille war stark genug, daß er endlich weiterkroch, vor sich die Reihe kleiner Felsbrocken. Sie waren vielleicht drei Fuß hoch – eine Kette von Steinen am Hang. Der alte Löwe sah sich vorsichtig um.

      Rumms!

      Eine Kugel schlug dicht neben ihm ein. Er war mit den Beinen an einen Busch gestoßen, die Zweige hatten gewippt und der Lump geschossen. Links lag er, irgendwo dort oben und etwa siebzig Yards entfernt am Hang. Der Alte kroch schneller.

      Rumms – rumms!

      Zwei Kugeln warfen vor ihm Dreck hoch. Ah, der Kerl ahnte, wohin ich will, aber verhindern kann er es nicht.

      Der Löwe McGruder erreichte die Felsbrocken, grinste, als der Narr seine Kugeln zwischen sie setzte.

      »Eh, McGruder – McGruder!«

      Wie ruft der denn? dachte der Alte und lag still, den Colt in der Faust. Was hat der für eine Stimme? Der Kerl ist doch wohl kein zweibeiniger Frosch, daß er so quakt?

      »Mäck Grudäär – Mäck Grudäär!« plärrte es vom Hang. »Komm heraus, Mäck Grudäär! Jätzt mußt du stärbän, Mäck Grudäär, hähähä!«

      Etwas wußte der Alte nun: da oben lag ein Greaser oder ein Halbblut. Nur diese Sorte zweibeiniger Wölfe sprach so breit.

      Du Dreckskerl, dachte Lion McGruder, du hast Angst, ich weiß es genau. Du hast die Hosen voll, Scheißkerl. Solange du aus dem Hinterhalt knallen konntest, war es leicht, aber nun mußt du kommen und mich holen. Und dabei riskierst du eine Kugel in deinen fetten Froschbauch, was?

      Stille – drei, vier Minuten war nichts zu hören, absolut nichts. Aber dann knisterte etwas.

      Der Alte zuckte hoch, sah Zweige, einen trockenen Busch und Flammen daraus schlagen, während das Ding den Hang hinabsauste und unten zwischen die Büsche flog.

      Verdammt, dachte der Alte, das feige Warzenschwein hat Feuer gelegt. Er braucht gar nicht herunter, er brät mich gar. Jetzt ist es aus!

      Und da – da wirbelte achtzig Yards hinter ihm noch ein brennender Busch über den Hang in die Tiefe.

      Aus! Der Alte saß in einer Feuerfalle. Überall begann es zu knistern und knacken, Flammen schossen empor.

      Die Hölle!

      Lionel McGruder war verloren.

      *

      Der Alte lief humpelnd durch die dichten Rauchschwaden. Dabei mußte er ständig husten. Das verletzte Bein schleppte er nach. Vor ihm war nichts als dieser verdammte Rauch, aber vielleicht hatte gerade der eine Chance offen gelassen? Nur mittendrin bleiben, nur nicht herausrennen, lieber ersticken.

      McGruder lief, aber er war am Ende, hatte keine Kraft mehr, mußte bereits mehr als hundert Yards hinter sich gebracht haben. Und das war zuviel gewesen. Der Wille hielt den Alten noch aufrecht, doch dann schälte sich etwas so schnell aus dem Rauch – ein Loch im Boden, eine Geröllfläche. Sie war zu steil, und der Rauch lag wie ein Vorhang darüber ausgebreitet, so daß der Alte sie zu spät sah, in die Tiefe des Rough Gulch stürzte und aufschlug.

      Dort blieb Lionel McGruder liegen und rang keuchend nach Luft. Sein Bein schmerzte höllisch, seine Schulter brannte wie Feuer. Mit seiner Kraft war es vorbei. Es gab nur noch den Schmerz und dieses Stechen in den Lungen.

      Der Revolver fiel ihm ein, aber er sah ihn nicht. Er hatte beim Sturz die Waffe verloren. Rauch zog über ihn hinweg, wehte wie ein Schleieer über die Mulde.

      Großer Gott, dachte er, gleich müssen sich die Flammen totgelaufen haben. Dann ist kein Rauch mehr da, der mich deckt. Der Kerl wird mich suchen.

      Ich muß den Revolver finden!

      Die Mulde war vielleicht fünfzehn Yards lang und sechs breit. Und ganz unten blinkte etwas – sein Colt!

      Der Alte kroch, weil ihn die Beine nicht mehr trugen, der Schmerz war zu groß. Während er dem Revolver näher kam, wurde es heller, der Rauchschleier verzog sich. Und dann, als er fünf Yards vor dem Revolver war…

      Rumms!

      Die Kugel schlug gegen den Kolben, das Schießeisen wirbelte ein Stück durch die Luft. Eine der Griffschalen flog weg. Und der Mann lachte breit.

      »Hähähä – du Mäck Grudäär, liegän still, sähen här, ich hier – hieeer!«

      Aus, vorbei!

      Der Alte blickte nach oben, sah den Mann dort stehen. Er war nicht groß, aber stämmig, untersetzt, hatte Sichelbeine, die durch Lederchaparajos geschützt waren. Der Mann hatte ein breites Gesicht mit stark hervortretenden Wangenknochen und Schlitzaugen – ein Mestize, ein Mischling.

      »Sähen mich, Mäck Grudäär, gut mich sähän, ja?«

      Der Gewehrlauf zeigte auf den Alten. Der Kerl lachte, die Gewehrmündung wackelte ein bißchen. Unterhalb des Mannes brannte noch alles lichterloh, doch der Rauch wurde zur Seite geweht.

      »Äh, Mäck Grudäär, jätzt du stirbst!«

      Das Gewehr wackelte nicht mehr. Das breite Froschmaul schloß sich, das linke Lid klappte zu, das rechte Auge war weit offen hinter Korn und Kimme.

      Rumms – rumms – rumms!

      Was denn, was denn? dachte der alte Löwe. Was fehlt dem denn? Der tanzt ja, der schießt doch gar nicht, und dennoch knallt es?

      Der Mann dort oben tanzte nicht, sondern taumelte. Er ließ sein Gewehr fallen und neigte sich vornüber. Dann fiel er den Hang herab in das Feuermeer und schrie noch einmal, als die Flammen, in denen der alte Löwe hatte sterben sollen, ihn empfingen und nicht mehr freigaben.

      Ein Pferd galoppierte heran. Die Hufe hämmerten auf Steine.

      Nein, nein, dachte der Alte, das ist nicht wahr – er? Warum denn ausgerechnet er? Schießt den Kerl ab, als der mich noch mal voll Blei pumpen will. Ich kann nicht mehr, ich bin am Ende. Herrgott, jetzt wird mir erst richtig schlecht!

      Aufstehen, Lionel McGruder, ein Mann stirbt aufrecht! Los, wirst du wohl aufstehen, Lionel! Was soll er denn von dir denken, wenn du wie ein jammerndes Weib am Boden liegst und ihn so empfängst, he? Stehst