Wildfell Hall. Anne Bronte. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anne Bronte
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783985221462
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Augen streng zurückwies; denn ich ärgerte mich, zu fühlen, wie mir trotz meiner Anstrengungen, mich unbewegt zu zeigen, das Blut in die Stirn stieg

      »Wie! fangen Sie schon an, ihrer müde zu werden? Ich dachte doch, daß ein so herrliches Geschöpf Sie wenigstens auf ein Jahr zu fesseln im Stande sein würde.«

      »Ich bitte Sie, jetzt nicht von ihr zu sprechen.«

      »Ach, so sind Sie also endlich von Ihrem Irrthum überzeugt — Sie haben endlich entdeckt, daß Ihre Göttin nicht ganz die fleckenreine —«

      »Ich habe gebeten, daß Sie nicht von ihr sprechen möchten, Miß Elise —«

      »O, ich bitte um Entschuldigung! ich sehe, daß die Pfeile Amors für Sie zu scharf gewesen sind; die Wunden sind tiefer als in die Haut gegangen und noch nicht zugeheilt — und bluten jedesmal bei der Erwähnung der Geliebten von Neuem!« —

      »Sagen Sie lieber,« unterbrach sie Miß Wilson, »Mr. Markham fühlt, daß ihr Name unwürdig ist, in Gegenwart ehrbarer Frauenzimmer erwähnt zu werden; es wundert mich, Elise, daß Sie daran denken können, von der unglückseligen Person zu sprechen. Sie sollten doch wissen, daß die Erwähnung ihres Namens für Alle hier keineswegs angenehm sein kann.«

      Wie sollte ich dies ertragen? Ich stand auf und wollte eben den Hut auf den Kopf stülpen und in grimmigem Zorne aus dem Hause stürzen, bedachte aber noch gerade zu rechter Zeit, um meine Würde zu retten, die Thorheit eines solchen Benehmens, und daß dasselbe meine Quälgeister nur auf meine Kosten zum Lachen bringen würde — und noch dazu um eines Wesens willen, welches ich in meinem Herzen als des geringsten Opfers unwürdig erkannt hatte — wenn mich auch das Gespenst meiner früheren Achtung und Liebe noch so verfolgte, daß ich ihren Namen von Andern nicht schmähen hören konnte. — Ich trat daher bloß an das Fenster, und nachdem ich einige Sekunden mit zornigem Nagen an meiner Lippe zugebracht und das leidenschaftliche Klopfen meines Herzens streng unterdrückt hatte, bemerkte ich gegen Miß Wilson, daß ich von ihrem Bruder noch nichts wahrnehmen könne, und fügte hinzu, daß es, da meine Zeit kostbar wäre, vielleicht besser sein würde, wenn ich morgen zu einer Stunde, wo ich ihn sicherer zu treffen erwarten könne, wiederkommen würde.

      »O nein,« sagte sie, »wenn Sie nur eine Minute warten, so werden Sie ihn gewiß treffen in L. (so hieß die Stadt nach welcher wir unsre Produkte zu Markte brachten) und wird einiger Erfrischungen bedürfen, ehe er geht.«

      Ich unterwarf mich daher mit der bestmöglichen Miene und brauchte glücklicherweise nicht lange zu warten. Mr. Wilson kam bald, und so wenig ich in diesem Augenblicke auch zu Geschäften aufgelegt war und so wenig mir auch an dem Felde oder dessen Eigenthümer lag, zwang ich doch meine Aufmerksamkeit mit höchst lobenswerther Entschlossenheit auf den vorliegenden Gegenstand und schloß schnell den Handel ab — wahrscheinlich zur größeren Zufriedenheit des geldliebenden Gutsbesitzers, als er kund zu geben Lust hatte.

      Hierauf überließ ich ihn dem Genusse seines kräftigen Frühmahls, verließ das Haus und ging hinweg, um nach meinen Mähern zu sehen.

      Ich ging von diesen hinweg, nachdem ich gesehen, daß sie auf dem Thalgange fleißig arbeiteten, stieg den Hügel hinauf, da ich ein Kornfeld in den höheren Regionen zu besuchen gedachte und wollte zuschauen, wenn dieses zur Ernte geeignet sein würde. Ich besuchte es aber an jenem Tage nicht — denn beim Näherkommen bemerkte ich in nicht großer Entfernung Mrs. Graham und ihren Sohn, die mir gerade entgegenkamen. — Sie sahen mich und Arthur lief schon auf mich zu, aber ich wendete mich augenblicklich um und lenkte nach Hause ein, denn ich war fest entschlossen, nie wieder mit seiner Mutter zusammenzutreffen. Ohne auf die Kinderstimme in, meinen Ohren zu achten, welche mir zurief: »Einen Augenblick zu warten,« verfolgte ich meinen Weg und er stellte bald das Nacheilen als hoffnungslos ein oder wurde von seiner Mutter zurückgerufen. Auf alle Fälle war, als ich mich fünf Minuten später Umsah, von Keinem von Beiden eine Spur zu erblicken.

      Dieser Vorfall bewegte und regte mich aus höchst — unerklärliche Weise auf — außer wenn Sie dies dadurch erklären wollen, daß Sie sagen: Amors Pfeile seien nicht nur für mich zu scharf, sondern auch mit Widerhaken versehen und zu tief eingedrungen und ich noch nicht im Stande gewesen, sie aus meinem Herzen zu reißen. Wie dem auch sein mochte, so wurde ich dadurch doch auf den übrigen Theil des Tages doppelt elend gemacht.

      Vierzehntes Kapitel.

       Ein Straßenanfall.

      Am nächsten Morgen erinnerte ich mich, daß ich ebenfalls Geschäfte in L. habe. Ich stieg also bald nach dem Frühstück auf mein Pferd und machte mich dorthin auf. Es war ein trüber, regnerischer Tag — dies kümmerte mich aber nicht, oder paßte vielmehr nur um so besser zu meiner Gemüthsverfassung. Ich hatte die Aussicht auf eine einsame Reise, denn es war kein Markttag und die Straße zu anderen Zeiten nur wenig frequentiert — dies aber behagte mir ebenfalls nur um so besser.

      Als ich jedoch dahin trabte und mich meinen bitteren Gedanken überließ, hörte ich in nicht großer Entfernung hinter mir ein anderes Pferd kommen, ahnte aber nicht, wer der Reiter sein könne und bekümmerte mich überhaupt nicht um ihn, bis ich meinen Schritt verzögerte; um eine sanfte Anhöhe hinauf zu gelangen — oder vielmehr meinem Pferde überließ, seinen Trab in einen trägen Schritt zu verwandeln, denn ich gestattete ihm, in meine Gedanken versunken, so gemächlich als es für angemessen hielt, zu gehen — und wurde von meinem Reisegenossen eingeholt. Er begrüßte mich, indem er meinen Namen nannte, denn es war kein Fremder — es war Mr. Lawrence! — Instinktmäßig zuckten die Finger, womit ich meine Reitgerte hielt, und faßten ihre Last mit konvulsivischer Energie, aber ich hielt den Impuls zurück, beantwortete seinen Gruß mit einem Kopfnicken und gab meinem Pferde die Sporen; aller er that desgleichen und begann vom Wetter und von der Ernte zu sprechen. Ich gab auf seine Fragen und Bemerkungen die möglichst kurzen Antworten und hielt mein Pferd zurück; er that dasselbe und fragte, ob mein Pferd lahm sei —— ich antwortete mit einem Blicke — auf den er freundlich lächelte.

      Ich war über diese sonderbare Hartnäckigkeit und unerschütterliche Zudringlichkeit von seiner Seite ebenso sehr erstaunt als erbittert. Ich hatte gedacht, daß die Umstände unsrer letzten Begegnung einen solchen Eindruck auf seinen Geist gemacht haben würden, daß er auf ewig fremd und kalt geworden wäre — statt dessen schien er aber nicht nur alle früheren Kränkungen vergessen zu haben, sondern auch für alle jetzigen Unhöflichkeiten blind und taub zu sein. Früher war der leiseste Wink, eine, wenn auch nur eingebildete Kälte in Ton und Blick hinreichend gewesen, um ihn zurückzuweisen, jetzt vermochte ihn positive Ungezogenheit nicht hinwegzutreiben. Hatte er von meinem Mißgeschick gehört und kam er, um zu sehen, welches Resultat dasselbe gehabt habe und über meine Verzweiflung zu triumphieren? Ich erfaßte meine Peitsche mit entschlossenerer Energie, als bisher, gewann es aber noch immer über mich, sie nicht zu erheben, und ritt schweigend — dahin, indem ich auf eine wesentlichere Kränkung wartete, ehe ich die Schleusen meines Zornes öffnete und die auf gedämmte Wuth, welche in meinem Innern kochte und braus’te, überstürmen ließ.

      »Markham,« sagte er in seinem gewöhntem ruhigen Tone, »warum zürnen Sie mit Ihren Freunden, weil Ihre Erwartungen von Andern getäuscht worden sind? Sie haben Ihre Hoffnungen als vergeblich erkannt, wie aber bin ich dafür zu tadeln? Ich warnte Sie im Voraus dagegen, wie Sie wissen, aber Sie wollten nicht —«

      Er sagte weiter nichts, denn schon hatte ich, wie von einem bösen Dämon hinter mir getrieben, meine Reit peitsche am dünnen Ende ergriffen und das andre schnell und plötzlich wie ein Blitzstrahl auf seinen Kopf herab fahren lassen. Ich erblickte nicht ohne ein Gefühl wilder Zufriedenheit die augenblickliche Todtenblässe welche sein Gesicht überzog und die wenigen rothen Tropfen, welche über seine Stirn herabträufelten, während er einen Augenblick im Sattel schwankte und dann hinterwärts zu Boden sank. Der Pony war erstaunt, auf so sonderbare Weise seine Last los zu werden und schrack zusammen und sprang und schlug ein wenig aus und benutzte sodann seine Freiheit, um das Gras unter der Hecke abzuweiden, während sein Herr still und stumm wie eine Leiche dalag. Hatte ich ihn getödtet? — Eine eisige Hand schien mein Herz zu umfassen und seinem Klopfen Einhalt zu gebieten, als ich mich über ihn beugte und mit athemloser Angst